Christliche Werte leben in einem muslimischen Land
Benedikt und Verena Tschauner studierten „Theologie und Soziale Arbeit im interkulturellen Kontext“ an der Internationalen Hochschule Liebenzell. Dort lernten sie sich kennen und lieben – und erfuhren viel über die weltweite Missionsarbeit. Ein verlängertes Praxissemester führte sie nach Bangladesch. Es wuchs eine große Liebe zu Land und Leuten, die sie nicht mehr losließ. So reisten sie im Januar 2018 mit ihrem Sohn nach Bangladesch aus. Nach dem Sprach- und Kulturtraining in Khulna zogen sie im März 2019 nach Dinajpur um. Hier arbeiten sie an der christlichen Schule, in zwei Schülerheimen, im Gemeindebezirk und in der Schulungsarbeit mit. In den nächsten Monaten sind sie in Deutschland und berichten von ihrer Arbeit. Wir haben Benedikt einige Fragen gestellt.
Bangladesch kommt in den deutschen Medien meistens mit negativen Schlagzeilen vor. Lass uns mit etwas Positivem beginnen: Was beeindruckt dich am Land und den Menschen?
Die Zufriedenheit und Lebensfreude der Menschen. Sie sind sehr gastfreundlich, obwohl manche Menschen echt wenig zum Leben haben. Und beeindruckend ist auch die platzsparende Fahrweise im Verkehr (schmunzelt).
Bangladesch ist ein mehrheitlich muslimisches Land. Offiziell herrscht Religionsfreiheit. Können Christen in Bangladesch wirklich frei ihren Glauben leben oder gibt es Einschränkungen?
Christen können, wenn sie ihrer traditionellen Kirche und „Nische“ bleiben, relativ frei ihren Glauben leben. Aber gesellschaftlichen Benachteiligungen sind sie immer wieder ausgesetzt.
Bildung ist der Schlüssel für die Entwicklung eines Landes. Bangladesch hat dort in den letzten Jahren aufgeholt, aber in manchen Regionen ist das immer noch ein Problem. Wie ist die aktuelle Bildungssituation in Bangladesch?
Bildung ist auf jeden Fall weiterhin der Schlüssel für die Zukunft des Landes. Denn Bangladesch hat kaum eigene Rohstoffe. Die Regierung arbeitet hart daran, die Bildung zu verbessern. Allerdings fallen immer noch zu viele Kinder durch das Raster, ein „Auffangbecken“ fehlt für sie.
Ihr setzt euch an der christlichen Schule in Dinajpur ein: Welche Bedeutung hat die Schule für die Kinder und Familien?
Die Schule ist ein Aushängeschild für die traditionelle christliche Minderheit. Christliche Bildung wird von allen Bevölkerungsschichten sehr geschätzt, weil sie für Qualität und Werte steht. Gerade für die Schüler aus den Dörfern ist die Schule sehr wichtig. Ihre Wissenslücken sind groß. Neulich sollte ein Kind in der vierten Klasse zu uns an die Schule wechseln, es konnte aber noch nicht schreiben. In den ländlichen Gebieten ist es oft so, dass die Lehrer einfach nicht zum Unterricht in der Schule kommen. Denn dann können sie nachmittags Privatunterricht anbieten, um zusätzlich Geld zu verdienen. Aus diesen Gründen will die Regierung nun den Privatunterricht abschaffen.
Besuchen auch muslimische Kinder eure Schule? Wie reagieren sie auf christliche Inhalte?
Drei Viertel der Kinder auf der Schule sind Muslime. Wertebasierte Bildung ist auch ein Wunsch von vielen muslimischen Eltern. Daher schicken sie ihre Kinder gerne zu uns. Die Schule ist für viele ein Erstkontakt mit dem christlichen Glauben. Auch für Christen ist das sehr wertvoll. Ein Muslim, der auf einer christlichen Schule war, wird sich später in aller Regel Christen gegenüber nicht feindlich verhalten.
Was sind deine Wünsche für Bangladesch?
Für uns wünschen wir uns neue und mehr Missionare für unser Team. Für das Land wünsche ich mir, dass Werte wie Zivilcourage mehr gelebt werden. Andere Menschen im Blick zu haben, gegen Missstände aufzustehen: Das wird leider zu selten getan. Korruption ist hoch und leider sind Vergewaltigungen an der Tagesordnung. Es gibt keine Zeitungsausgabe, in der nicht über Vergewaltigungen oder entsprechende Prozesse berichtet wird. Und die Dunkelziffer ist weit höher. Viele tun nichts dagegen, besonders wenn die Tat von einer hierarchisch höherstehenden Person begangen wird. Nach und nach verabscheuen immer mehr Menschen solche Taten. Dass sie gerichtlich verfolgt werden, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Aber die Gesellschaft muss sich gerade bei diesem Thema noch stark verändern.
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