Waldemar und Katharina Jesse: „Gott toleriert dich so, wie du bist“
RUSSLAND. Menschen in Russland von Jesus zu erzählen und seine Liebe weiterzugeben. Das sind Wunsch, Aufgabe und Ziel von Waldemar und Katharina Jesse. Seit 18 Jahren leben und arbeiten sie in der Region Ural, in den letzten Jahren in Tscheljabinsk. In den nächsten Monaten sind sie in Deutschland und berichten von ihrer Arbeit. Wir haben Waldemar einige Fragen gestellt.
Russland hat bei vielen Menschen in Deutschland kein sonderlich gutes Image. Was würdest du ihnen sagen, was dich am Land begeistert?
In erster Linie sind es die Menschen, die sehr offenherzig und gastfreundlich sind. Es wird viele überraschen: Aber in Russland gibt es viele Freiheiten, die man sonst nicht so kennt, zum Beispiel kann man überall angeln gehen und braucht keine Erlaubnis dazu. Die Weite und Vielfalt in der Natur begeistert mich ebenfalls.
Welche Rolle spielt der Glaube im Alltag der Menschen in Russland?
Leider spielt der Glaube oft keine große Rolle. Viele Menschen wissen kaum etwas über Christus. Es gibt zwar ethische Normen, die aber vom Glauben getrennt gesehen werden. In Russland gibt es viele „Namenschristen“, aber nur sehr wenige, die tief in ihrem Glauben verwurzelt sind. Viele gehen zwar in die Kirche, aber im Alltag ist ihnen der Glaube nicht wichtig.
Was wünschst du dir für die Christen im Land?
Ich wünsche mir, dass sie authentisch ihren Glauben leben. Dass sie in der Lage sind, auch theologisch für ihren Glauben zu argumentieren. Und ich wünsche ihnen mehr Mut zu Mission und Evangelisation, denn da sind sie sehr zurückhaltend.
Welche Begegnung hat euch in den letzten Monaten am meisten bewegt?
Vor einiger Zeit wurde ich zu einem Runden Tisch an die Uni in Tscheljabinsk eingeladen. Es ging um das Thema „Jugend und Toleranz“. Ich hatte ehrlich gesagt gar keine Lust, da hinzugehen. Aber ich habe zu Gott gesagt: „Wenn du die Tür öffnest, kann ich auch dort Menschen für dich erreichen.“ Zu der Veranstaltung kamen 150 junge Leute. Auf dem Podium saßen neben mir ein orthodoxer Geistlicher, ein römisch-katholischer Priester und ein muslimischer Imam. Ich war als Vertreter der Evangelischen eingeladen und wurde dann gefragt, wie die evangelische Kirche mit Toleranz umgeht. Meine Antwort war: „Gott toleriert dich so, wie du bist. Er nimmt dich mit all deinen Schwächen an. Wenn du seine Liebe zu dir verstehst, wird er dich verändern.“ Daraufhin fragte mich der junge Mann: „Wie kann ich erkennen, dass Gott mich liebt?“ Ich konnte ihm dann das Evangelium erklären, dass es der größte Beweis von Liebe ist, wenn jemand sein Leben für einen anderen gibt. Ich sagte ihm, dass er an Jesus sieht, wie sehr Gott ihn liebt.
Diese Chance, an der Uni von Jesus weiterzusagen, hat mich sehr berührt – besonders, weil ich mir von der Veranstaltung nicht viel versprochen hatte.