Landesbischof Gohl zu Gast in Bad Liebenzell

Rektor Prof. Dr. Volker Gäckle (rechts im Bild) freute sich über den Besuch von Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl in Bad Liebenzell.
Rektor Prof. Dr. Volker Gäckle (rechts im Bild) freute sich über den Besuch von Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl in Bad Liebenzell.

BAD LIEBENZELL. In einer immer stär­ker wer­den­den säku­la­ren Gesell­schaft ist es die Auf­ga­be der Kir­che, ihre Mit­glie­der sprach­fä­hig über ihren Glau­ben zu machen, gleich­zei­tig aber auch in gesell­schaft­li­chen Debat­ten anschluss­fä­hig zu sein. Für Chris­ten soll­te bei all die­sen Debat­ten die Bibel die Grund­la­ge sein. Das sag­te der würt­tem­ber­gi­sche Lan­des­bi­schof Ernst-Wil­helm Gohl bei einem Vor­trags- und Dis­kus­si­ons­abend an der Inter­na­tio­na­len Hoch­schu­le Lie­ben­zell (IHL) am 1. März.

Nach einem Tref­fen mit dem Lei­tungs­team der Lie­ben­zel­ler Mis­si­on und der Hoch­schul­lei­tung der IHL und einem kur­zen Rund­gang über den Mis­si­ons­berg in Bad Lie­ben­zell sprach Lan­des­bi­schof Gohl in einem Impuls­re­fe­rat zum The­ma „Die Zukunft der Kir­che“ und stell­te sich den Fra­gen der Stu­die­ren­den der Hochschule.

„In der heu­ti­gen Gesell­schaft ken­nen vie­le Men­schen die bibli­schen Wor­te und Geschich­ten nicht mehr. Oder sie haben sie nie ken­nen­ge­lernt. Da haben wir alle eine gro­ße gemein­sa­me Auf­ga­be.“ Die ver­schie­de­nen Fröm­mig­keits­prä­gun­gen inner­halb der evan­ge­li­schen Kir­che sehe er dabei als Berei­che­rung und Chan­ce. „Wir soll­ten viel stär­ker das Ver­bin­den­de sehen“, so Lan­des­bi­schof Gohl. Auch die Zusam­men­ar­beit mit Frei­kir­chen sehe er posi­tiv. „Wir haben einen gemein­sa­men Auf­trag und ich ermu­ti­ge aus­drück­lich zur Zusam­men­ar­beit. Als Chris­ten soll­ten wir viel stär­ker gemein­sam auf­tre­ten.“ Eben­so sehe er die ver­schie­de­nen Strö­mun­gen inner­halb der Lan­des­kir­che von libe­ral bis kon­ser­va­tiv als Berei­che­rung. Für ein gemein­sa­mes Mit­ein­an­der sei es wich­tig, der jeweils ande­ren Grup­pie­rung mit Respekt zu begeg­nen. Da es in der evan­ge­li­schen Kir­che kein Lehr­amt gebe, müs­se man ande­re Posi­tio­nen aus­hal­ten – das gel­te sowohl für sexu­al­ethi­sche Fra­gen als auch aktu­ell zur Fra­ge der Waf­fen­lie­fe­run­gen an die Ukrai­ne, so Lan­des­bi­schof Gohl.

Wich­tig sei aus sei­ner Sicht, dass Chris­ten immer wie­der neu bereit sind, auf Gott zu hören und regel­mä­ßig in der Bibel lesen, so Ernst-Wil­helm Gohl: „Gott will uns immer wie­der neu begeg­nen und oft beson­ders da, wo wir es nicht ver­mu­ten. Ich wer­be für eine Bereit­schaft, sich von Gott über­ra­schen zu las­sen. Gera­de auch dort, wo wir schon längst mei­nen zu wis­sen, was Gott uns sagen will.“

Lan­des­bi­schof Gohl sprach auch über den Beschluss der Herbst­syn­ode der Evan­ge­li­schen Lan­des­kir­che, dass für Absol­ven­tin­nen und Absol­ven­ten nicht-uni­ver­si­tä­rer, aber staat­lich aner­kann­ter theo­lo­gi­scher Hoch­schu­len ein mög­lichst unkom­pli­zier­ter und nied­rig­schwel­li­ger Zugang in den Pfarr­dienst der würt­tem­ber­gi­schen Lan­des­kir­che geschaf­fen wer­den soll. Die Kir­che müs­se ein vita­les Inter­es­se dar­an haben, dass für alle, die für sie arbei­ten, ein pro­fun­des Theo­lo­gie­stu­di­um Grund­la­ge sei. Wie alter­na­ti­ve Zugän­ge zum Pfarr­be­ruf kon­kret aus­se­hen könn­ten, müss­ten die Debat­ten in den Fach­aus­schüs­sen in den nächs­ten Wochen zei­gen. Es sei aber bereits abseh­bar, dass die bestehen­den alter­na­ti­ven Zugän­ge gestärkt wer­den sol­len. „Hier kön­nen pra­xis­ori­en­tier­te Stu­di­en­gän­ge wie an der IHL eine Rol­le spie­len, auch wenn sie nicht mit einem uni­ver­si­tä­ren Stu­di­um gleich­ge­setzt wer­den kön­nen.“ Klä­rungs­be­darf bestehe vor allem dar­in, wel­che an einer frei­en Hoch­schu­le erwor­be­nen Stu­di­en­in­hal­te bei einem uni­ver­si­tä­ren Stu­di­um aner­kannt wer­den könnten.

Dass vie­le Haupt- und Ehren­amt­li­che sehr aus­ge­las­tet sind und das Berufs­bild des Pfar­rers und Pas­tors in der Gesell­schaft als nicht sehr posi­tiv gel­te, sei nicht zu leug­nen. Ein Patent­re­zept für ein bes­se­res Image gebe es nicht. „Aber es kommt ganz viel auch auf uns selbst an, auf unse­re eige­ne Hal­tung. Wie reden wir über unse­ren Beruf? Ich fin­de zum Bei­spiel nach wie vor: Pfar­rer ist ein super Beruf. Das ver­tre­te ich auch ger­ne“, so der Landesbischof.

Prof. Dr. Vol­ker Gäck­le, Rek­tor der Inter­na­tio­na­len Hoch­schu­le Lie­ben­zell, frag­te den Lan­des­bi­schof, wel­chen Rat er den Stu­die­ren­den der Hoch­schu­le mit auf den Weg geben kön­ne: „Set­zen Sie sich viel mit der Hei­li­gen Schrift aus­ein­an­der und hören Sie immer wie­der neu hin. Auf die­ser Basis kön­nen ganz unter­schied­li­che Tätig­kei­ten gelin­gen.“ Humor­voll war die Ant­wort des Lan­des­bi­schofs auf die Fra­ge, was ihn in sei­nem neu­en Amt am meis­ten über­rascht habe. Denn Ernst-Wil­helm Gohl hat­te nicht damit gerech­net, dass er nun Auto­gramm­kar­ten unter­schrei­ben muss: „Ich hät­te nie gedacht, dass es Men­schen gibt, die von einem Bischof Auto­gramm­kar­ten wol­len.“ Auch wenn er sein Amt als Lan­des­bi­schof mit viel Freu­de aus­füh­re, feh­le ihm manch­mal die pfarr­amt­li­che Tätig­keit, gestand Ernst-Wil­helm Gohl auf die Fra­ge, was er in sei­ner jet­zi­gen Auf­ga­be vermisse.

Dass sich der Lan­des­bi­schof auf den Weg in den Schwarz­wald gemacht und sich neben dem Vor­trag viel Zeit für die Fra­gen der Stu­die­ren­den und Dozie­ren­den nahm, kam gut an. Sie ver­ab­schie­de­ten ihn mit einem kräf­ti­gen und lan­gen Applaus.

Die Inter­na­tio­na­le Hoch­schu­le Lie­ben­zell wur­de 2011 durch den Wis­sen­schafts­rat der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land akkre­di­tiert und durch das Land Baden-Würt­tem­berg staat­lich aner­kannt. Aktu­ell bie­tet die Hoch­schu­le sechs ver­schie­de­ne Stu­di­en­gän­ge an. Rund 300 Per­so­nen stu­die­ren an der IHL.

Die Lie­ben­zel­ler Mis­si­on ist mit rund 250 Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern in 20 Län­dern eine der gro­ßen evan­ge­li­schen Mis­si­ons­ge­sell­schaf­ten in Deutschland.

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