Interkulturalität schmecken
Fehlende Kontakte führen oft zu Einsamkeit, und das macht Menschen am meisten zu schaffen. Gemeinschaft anzubieten war deshalb eines der Ziele des Gemeindeeinsatzes der Studenten der Interkulturellen Theologischen Akademie während ihres sechsmonatigen Auslandssemesters in Toronto. Neben Unterricht, Sprachschule und interkulturellem Training engagierten sie sich in verschiedenen Gemeinden.
Melina Harst arbeitete beim „Community Lunch“ mit: Jeden Samstagnachmittag kommen bis zu 70 Obdachlose in die Toronto Alliance Church, um zu essen, zu trinken und Gemeinschaft zu genießen. Während des Essens gibt es dann einen kleinen Gottesdienst mit Lobpreis und Andacht. „Wir hatten das Privileg, oft den Lobpreis leiten zu dürfen, und immer wieder haben wir erlebt, wie Menschen dadurch ermutigt wurden und sie Gott begegnen konnten.
Der sechsmonatige Aufenthalt in Kanada dient vor allem dem interkulturellen Austausch. Dabei lernen die Studenten neue Kulturen und Traditionen kennen. Dazu verhelfen unter anderem interkulturelle Mahlzeiten. Denn Essen hat viel mit Kultur zu tun: „So wird uns auch unsere eigene kulturelle Identität bewusster, weil wir die Unterschiede zu unserer gewohnten Kultur erkennen“, sagt Aaron Zeller. Tobias und Sarah Müller, die die Studenten während ihrer Kanadazeit begleiten, haben lange als Liebenzeller Missionare in Malawi gearbeitet und kennen natürlich auch die dortigen Essgewohnheiten.
Sie servierten den Studenten ein besonderes Essen: Um den Boden zu schützen, deckten sie ihn mit mehreren Planen ab, räumten Stühle und Tische beiseite und servierten auf dem Boden sitzend das traditionelle Essen, das die Studenten dann mit den Händen essen durften. „Am Anfang war es etwas ungewohnt, aber wenn man sich darauf einlässt, macht es auch Spaß. Wir haben zum Beispiel gelernt, dass man nur mit der rechten Hand etwas weitergeben darf, weil die linke Hand als unrein und unhöflich gilt.“ Die Studenten unternahmen nicht nur einen Ausflug in die malawische Küche, sondern auch in die chinesische. Dort aßen sie Dumplings, das sind unterschiedlich gefüllte Teigtaschen. In der tibetischen Küche gab es auch Tee mit Yakmilch, was einerseits ungewohnt, aber irgendwie auch lecker war.
Neben dem Probieren von bisher unbekannten Gerichten gab es auch immer Menschen, sogar in den Restaurants, die den Studenten einiges rund um das Essen erklärten. In der Sprachschule lernten sie auch eine junge Mexikanerin und eine Ukrainerin kennen, mit denen sie gemeinsam kochten.
Auch Ausflüge standen auf dem Programm. So wollten einige Studenten den Sonnenuntergang in einer malerischen Bucht des Lake Huron erleben. Als sie am See entlang spazierten, kam einer der Anwohner plötzlich grimmig aus seiner Hütte auf sie zu. Er erklärte ihnen, dass dieser Teil der Bucht Privatbesitz sei und dass die anderen Nachbarn die Polizei rufen würden, wenn sie weiter gingen. Anschließend fragte er die Studenten, was sie dort wollten und woher sie kämen. Sie erklärten ihm, dass sie den Sonnenuntergang anschauen wollten und dass sie Studenten aus Deutschland seien. Nach kurzem Überlegen lud er sie in seine Hütte ein. Sie konnten auf seiner Terrasse Platz nehmen, und er bot ihnen sogar Bier an. Die Studenten führten ein angenehmes Gespräch mit ihm und seiner Frau, während die Studenten den atemberaubenden Sonnenuntergang genossen. Er bot den Studenten auch an, seine Strandspiele zu nutzen, was ihnen viel Spaß bereitete. Im Anschluss führten die Studenten ein tiefgründiges Gespräch mit dem Paar und konnten zum Schluss für sie beten. „Beide waren sehr dankbar und haben uns zum Abschied sogar kleine Geschenke überreicht.“