„Habt Verständnis für die Ängste der Chinesen und Flüchtlinge!“

News: „Habt Verständnis für die Ängste der Chinesen und Flüchtlinge!“
Von der Corona-Pandemie sind auch die Flüchtlinge und Chinesen in Deutschland betroffen.

Von der Coro­na-Pan­de­mie sind auch die Flücht­lin­ge und Chi­ne­sen in Deutsch­land betrof­fen. Wie sie damit umge­hen, das schil­dern Klaus-Die­ter Volz (Team­lei­ter Inter­kul­tu­rel­le Teams) und Mar­tin Kocher (Team­lei­ter Deutsch­land und Mitt­le­rer Osten), die unter die­sen Men­schen arbeiten.

Klaus-Die­ter, wie gehen die Chi­ne­sen hier in Deutsch­land mit dem Coro­na-Virus um?
Die Chi­ne­sen sind auf­grund der Vor­ge­schich­te viel ängst­li­cher und vor­sich­ti­ger als wir – aus gutem Grund: Sie ken­nen aus ihrem eige­nen Land, wel­che Fol­gen das Coro­na-Virus dort hat. In Wuhan gibt es sehr, sehr vie­le christ­li­che Gemein­den und bereits Anfang Dezem­ber war vie­len klar, dass etwas nicht in Ord­nung ist. Man wuss­te erst nicht, was das für eine Erkran­kung ist. Ab Mit­te Janu­ar dann, als sich abzeich­ne­te, dass das auch nach Deutsch­land kom­men wird, beka­men die Chi­ne­sen hier Angst und warn­ten vor dem Virus. Bereits Anfang Febru­ar kamen immer weni­ger in unse­re Gemein­den, weil sie um die Gefähr­lich­keit des Virus wuss­ten. Vie­le haben durch die eige­ne Ver­wandt­schaft viel kla­rer mit­er­lebt, was für Fol­gen das Virus hat.

Stimmt es, dass Chi­ne­sen in Deutsch­land bedroht wurden?
Ja, das ist so. So wur­den eini­ge in der S‑Bahn als „Du Virus­schleu­der“ beschimpft. Immer wie­der wer­den sie ange­herrscht, ja Abstand zu hal­ten. Und immer wie­der hören sie: „Steck mich ja nicht an!“

„Gan­ze Got­tes­diens­te wer­den per Live­stream mit Abend­mahl übertragen“

Und wie sieht eure Arbeit zur­zeit aus?
Bei uns fällt gar nichts aus, son­dern es läuft alles im Inter­net wei­ter. Natür­lich ist alles viel umständ­li­cher gewor­den. Die Chi­ne­sen sind aber sehr ver­traut mit Video­kon­fe­ren­zen und gan­ze Got­tes­diens­te wer­den so per Live­stream über­tra­gen, indem sich dann Inter­es­sen­ten zuschal­ten kön­nen. Nach dem Got­tes­dienst gibt es Klein­grup­pen, bei denen die Zuschau­er in Fün­fer-Grup­pen ein­ge­teilt wer­den. Abend­mahl geschieht so, dass die Zuschau­er zuhau­se vor dem Bild­schirm mit ihrem Becher und Brot das Abend­mahl ein­neh­men. Letzt­lich wer­den die Chi­ne­sen in Deutsch­land durch die 70 Gemein­den und Bibel­krei­se sehr gut betreut. Es gibt 25 bis 30 Pas­to­ren mit chi­ne­si­schem Hin­ter­grund. So wird jeden Mor­gen eine digi­ta­le Andacht bereit­ge­stellt und der Tele­fon­kon­takt ist fast rund um die Uhr möglich.

Und wie kön­nen wir reagieren?
Die Chi­ne­sen gehen kon­se­quent nicht aus dem Haus, da sie bes­ser als wir über das Virus Bescheid wis­sen. Ihr Miss­trau­en gegen­über allen Medi­en ist sehr groß, da ihnen die hohe Dun­kel­zif­fer bewusst ist. Aber wir Deut­sche sind gefor­dert, sie nicht aus­zu­schlie­ßen. Und wir soll­ten Chi­ne­sen nicht beschimp­fen und Ver­ständ­nis zei­gen, wenn sie kon­se­quent mit Mund­schutz her­um­lau­fen. Dafür wur­den sie oft belä­chelt und ange­fein­det. Sie tun das aber aus gutem Grund und das machen nun auch immer mehr Deut­sche. Eben­so ist Gebet eine gro­ße Hil­fe. Wich­tig ist auch die Auf­klä­rung: Wir wei­sen zum Bei­spiel dar­auf hin, dass Kin­der weni­ger gefähr­det, son­dern mehr die Über­trä­ger sind. Letzt­lich soll­ten wir Ver­ständ­nis haben, dass die Chi­ne­sen mehr Angst haben als wir, weil sie aus einem ande­ren Kon­text kommen.

„Flücht­lin­ge in die­ser Zeit nicht aus den Augen verlieren“

Mar­tin, wie erle­ben die Flücht­lin­ge, mit denen du zu tun hast, die momen­ta­ne Situation?
Auch die Flücht­lin­ge leben in einer grö­ße­ren Angst als die meis­ten Deut­schen. Das liegt dar­an, weil sie ihre Fami­lie und ihr ver­trau­tes hei­mi­sches Unter­stüt­zer­um­feld nicht haben. Dazu kommt, dass sie oft die Infor­ma­tio­nen der Behör­den nicht ver­ste­hen, was ja auch vie­len Deut­schen schwer­fällt. Und sie schnap­pen vie­le „Fake News“ auf: So glaub­ten vie­le, die Super­märk­te wür­den schlie­ßen. Ein befreun­de­ter Eri­tre­er in der Nach­bar­schaft hat fünf Tage das Haus nicht mehr ver­las­sen. Als ich das mit­be­kam, for­der­te ich ihn auf, auf den Bal­kon zu kom­men und sich ein wenig mit mir zu unter­hal­ten. Von daher ist es ganz wich­tig, dass wir ver­su­chen, immer wie­der Nähe zu zei­gen, natür­lich bei dem gebo­te­nen Sicherheitsabstand.

Und wie ist Lage in den Flüchtlingsunterkünften?
Die Men­schen dort sind sehr auf sich allei­ne gestellt und die­se sind ja auch für Besu­cher geschlos­sen. Auch die Betreu­er hal­ten fast nur noch tele­fo­nisch Kontakt.

Wie kön­nen Chris­ten helfen?
Es ist in die­ser Zeit beson­ders wich­tig, dass wir die Flücht­lin­ge nicht aus den Augen ver­lie­ren und schau­en, wie es ihnen geht. Vie­le Hel­fer und Chris­ten, die am Anfang dabei waren, haben sich zurück­ge­zo­gen und es wäre wich­tig, wenn sie sich wie­der ver­stärkt enga­gier­ten, Nähe und Inter­es­se zeig­ten und nach­fra­gen wür­den, wie man hel­fen kann.

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