„Für viele ist es ein täglicher Kampf, über die Runde zu kommen“

Ben­ja­min und Debo­ra Wag­ner leben mit ihren zwei Kin­dern seit 2016 in Sam­bia. Nach Abschluss des Sprach- und Kul­tur­trai­nings begann ihre Mit­ar­beit im Pro­jekt „Hil­fe zum Leben“ in Mus­hi­li. Seit Som­mer 2017 ist Ben­ja­min Pro­jekt­ver­ant­wort­li­cher. Debo­ra hält Kin­der­stun­den in Mus­hi­li und unter­rich­tet benach­tei­lig­te Kin­der in einem Waisenhaus.
Ben­ja­min hat nach einer Aus­bil­dung und Tätig­keit als Bank­kauf­mann die theo­lo­gi­sche Aus­bil­dung in Bad Lie­ben­zell absol­viert. Debo­ra ist Rechts­an­walts­fach­an­ge­stell­te. Bei­de haben ihre Beru­fung in den Mis­si­ons­dienst bei Aus­lands­ein­sät­zen in Afri­ka erlebt. In den nächs­ten Mona­ten sind Ben­ja­min und Debo­ra in Deutsch­land, um über ihre Arbeit zu berich­ten. Wir haben ihnen eini­ge Fra­gen gestellt.


Was liebt ihr an eurem Ein­satz­land Sam­bia besonders?
Die schö­nen Son­nen­auf­gän­ge, die freund­li­chen Men­schen und ihre posi­ti­ve Lebens­ein­stel­lung. Obwohl vie­le Men­schen sehr wenig zum Leben haben, sind sie extrem dank­bar. Für uns ist es eine schö­ne Wert­schät­zung, dass die Men­schen uns und unser Pro­jekt ger­ne haben. Sie wür­den alles dafür tun, uns zu beschüt­zen und uns zu helfen.
Ach­ja, und das Wet­ter in Sam­bia lie­ben wir natür­lich auch sehr. Auf den Wet­ter­be­richt schau­en, braucht dort niemand.


Ihr arbei­tet in Mus­hi­li, einer Stadt­rand­sied­lung von Ndo­la, der dritt­größ­ten Stadt in Sam­bia. Vie­le Men­schen dort sind sehr arm. Wie muss man sich den All­tag der Men­schen vorstellen?
Strom haben die wenigs­ten Leu­te. Mor­gens machen sie erst ein­mal Feu­er, um Was­ser für den Tee zu kochen oder fürs Duschen zu erwär­men. Wer einen Job hat, geht zur Arbeit. Ins­ge­samt ist es aber so, dass etwa die Hälf­te der Men­schen in Mus­hi­li kei­ne Arbeit hat. Vie­le sind Tage­löh­ner, ste­hen an den Toren der Fabri­ken und hof­fen, dass sie wenigs­tens für die­sen Tag einen Job bekom­men. Ihr Lohn dafür ist weni­ger als 5 Euro pro Tag.
Wer an der Uni stu­die­ren will, muss sehr viel Geld für die Stu­di­en­ge­büh­ren auf­brin­gen. Das kön­nen sich vie­le nicht leis­ten. Oder sie müs­sen eini­ge Jah­re arbei­ten, um Geld fürs Stu­di­um anzu­spa­ren. Wer Geld hat, muss kul­tu­rell bedingt oft auch die Ver­wand­ten mit­ver­sor­gen. Grund­sätz­lich kann man sagen, dass der All­tag für vie­le ein Kampf ist, irgend­wie über die Run­den zu kom­men. Erschwert wird ihre Situa­ti­on auch durch eine Wäh­rungs­kri­se. Die Prei­se haben sich in weni­gen Jah­ren ver­dop­pelt, die Löh­ne aber nicht. Und Absi­che­run­gen wie eine Arbeits­lo­sen­ver­si­che­rung oder so gibt es in Sam­bia selbst­ver­ständ­lich nicht.


Wie setzt sich euer Pro­jekt ein, damit Men­schen auch in Mus­hi­li eine Per­spek­ti­ve haben?
Wir haben eine klei­ne Büche­rei auf­ge­baut, die neben Roma­nen, Kin­der­bü­chern und Bibeln auch vie­le gute Schul­bü­cher hat. Die Schü­ler dür­fen ihre Schul­bü­cher in Sam­bia nicht mit nach Hau­se neh­men, was das Ler­nen natür­lich erschwert. Jeden Tag kom­men 40 oder 50 Kin­der ger­ne zu uns zum Haus­auf­ga­ben machen und ler­nen. Zum Pro­jekt gehört auch eine gro­ße Jugend- und Sport­ar­beit. Unser Wunsch ist es, dass jun­ge Men­schen ein gutes Frei­zeit­an­ge­bot bekom­men und Jesus ken­nen­ler­nen. Des­we­gen för­dern wir auch immer wie­der Ein­zel­ne, in dem wir ihre Schul­ge­büh­ren finan­zie­ren oder sie zu Jün­ger­schafts­kur­sen ein­la­den. Was uns sehr freut: Ein Leh­rer, der frü­her selbst an unse­ren Pro­gram­men teil­ge­nom­men hat, bringt sich jetzt ehren­amt­lich ein. Ihm ist das Pro­jekt sehr wich­tig und er möch­te etwas zurück­ge­ben von dem, wovon er pro­fi­tiert hat. Er bringt auch sein land­wirt­schaft­li­ches Wis­sen, das er bei uns erwor­ben hat, in sei­ner Schu­le ein und zeigt sei­nen Schü­lern zum Bei­spiel, wie man einen guten Gemü­se­gar­ten anlegt. Ein Schwer­punkt unse­rer Arbeit ist die Schu­lung von Klein­bau­ern. Wir wol­len ihnen zei­gen, wie man auf einer klei­ne­ren Flä­che mehr Ertrag erzie­len kann. Und das alles auf der Grund­la­ge von bibli­schen Werten.


Was ist euer Ansatz, dass die Hil­fe nicht nur ein Stroh­feu­er, son­dern nach­hal­tig ist?
70 Pro­zent der Men­schen in Sam­bia leben von der Land­wirt­schaft oder sind als Neben­er­werb auf sie ange­wie­sen. Aber vie­le arbei­ten so inef­fek­tiv, dass sie gar kei­nen Gewinn aus ihrer Arbeit erzie­len. Sie kau­fen immer mehr Dün­ger, damit es eine gute Ern­te gibt. Die Böden wer­den dadurch aber immer sau­rer. Das wird für sie eine Spi­ra­le, aus der sie kaum mehr raus­kom­men. Hier set­zen wir an und zei­gen ihnen zum Bei­spiel auf Mus­ter­fel­dern, wie sie durch die Ver­wen­dung von Kom­post und Mul­chen den Ertrag ihrer Fel­der stei­gern und ihre Fami­li­en bes­ser ernäh­ren kön­nen. Einer unse­rer Mit­ar­bei­ter besucht sie dann immer wie­der, moti­viert sie und gibt Tipps. Denn die­se Arbeit braucht schon einen lan­gen Atem.


Jetzt seid ihr in den nächs­ten Mona­ten in Deutsch­land. Was genießt ihr hier am meisten?
Das Essen und beson­ders die Qua­li­tät des Essens. Auch die Frei­zeit­an­ge­bo­te für Kin­der wie Spiel­plät­ze und Hal­len­bä­der sind super. So etwas gibt es in Sam­bia nicht. Und wir genie­ßen hier auch die Anony­mi­tät. In Mus­hi­li sind wir die ein­zi­gen Wei­ßen. Da fällt man natür­lich auf und wird ent­spre­chend beob­ach­tet. Trotz­dem sind wir sehr ger­ne in Sambia.


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