Nie wieder!

Stellungnahme des Komitees der Liebenzeller Mission zum neuen Antisemitismus in Deutschland
Stellungnahme des Komitees der Liebenzeller Mission zum neuen Antisemitismus in Deutschland

Stel­lung­nah­me des Komi­tees der Lie­ben­zel­ler Mis­si­on zum neu­en Anti­se­mi­tis­mus in Deutschland*

Wir sind erschro­cken und bestürzt über den wach­sen­den und offen pro­pa­gier­ten juden- und isra­el­feind­li­chen Anti­se­mi­tis­mus in unse­ren Städ­ten und auf unse­ren Stra­ßen und die Bedro­hung und Ein­schüch­te­rung unse­rer jüdi­schen Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­ger. 90 Jah­re nach der Macht­er­grei­fung Adolf Hit­lers und 78 Jah­re nach dem Ende der Shoa ertönt in Deutsch­land wie­der offen demons­trier­ter Hass gegen Jüdin­nen und Juden.

Wir beken­nen uns ent­schie­den nicht nur zur his­to­ri­schen, son­dern auch christ­li­chen und mensch­li­chen Ver­pflich­tung, dem zu wider­spre­chen. Anti­se­mi­tis­mus ist kei­ne legi­ti­me Hal­tung – nie­mals und nir­gend­wo. Als Chris­ten ste­hen wir an der Sei­te unse­rer jüdi­schen Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­ger und wen­den uns ent­schie­den gegen jede Art von Aggres­si­on, Hass und Gewalt gegen­über Juden, Syn­ago­gen und jüdi­schen Einrichtungen.
Anti­se­mi­tis­mus – gleich ob er sich gegen jüdi­sche Men­schen oder Isra­el rich­tet – darf nicht tole­riert wer­den, unab­hän­gig davon, ob er auf rechts­extre­mis­ti­schem oder links­in­tel­lek­tu­el­lem Hin­ter­grund gedeiht, oder von radi­ka­len Mus­li­men pro­pa­giert wird. Als Chris­ten wol­len wir mit Mus­li­men in guter Nach­bar­schaft und in Respekt und Ach­tung vor unse­ren unter­schied­li­chen Glau­bens­über­zeu­gun­gen leben. Respekt und Ach­tung erwar­ten wir aber auch für unse­re jüdi­schen Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­ger. Das ist für uns nicht ver­han­del­bar – in Deutsch­land nicht und auch nir­gend­wo sonst auf der Welt.

„Nie wie­der!“ Das war das kla­re Bekennt­nis Deutsch­lands nach der Shoa. Nie wie­der darf die men­schen­ver­ach­ten­de Bar­ba­rei eines ideo­lo­gi­schen Ras­sis­mus in unse­rem Land um sich grei­fen. Die­ses „Nie wie­der!“ müs­sen wir heu­te wie­der deut­li­cher und lau­ter in den Mit­tel­punkt des öffent­li­chen Lebens stel­len. Als Men­schen, die sich dem pie­tis­ti­schen Erbe ver­pflich­tet wis­sen, beken­nen wir, dass auch vie­le from­me Men­schen aus unse­ren Krei­sen damals „nicht muti­ger bekannt, nicht treu­er gebe­tet, nicht fröh­li­cher geglaubt und nicht bren­nen­der geliebt haben“ (Stutt­gar­ter Schuld­be­kennt­nis von 1945). Auch dies soll „nie wie­der“ so gesche­hen. Des­halb ermu­ti­gen wir die Mit­glie­der und Freun­de der Lie­ben­zel­ler Mis­si­on und der mit ihr ver­bun­de­nen Ver­bän­de, sich in wel­cher Form auch immer an die Sei­te unse­rer jüdi­schen Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­ger zu stellen.

Poli­ti­sche Ver­ant­wor­tungs­trä­ge­rin­nen und Ver­ant­wor­tungs­trä­ger müs­sen deut­li­cher und kla­rer sagen, was auf dem Boden unse­res Grund­ge­set­zes und unse­rer Ver­fas­sung mög­lich ist und was nicht. Wir appel­lie­ren an die gewähl­ten Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter unse­res Lan­des, die Wer­te unse­res Grund­ge­set­zes muti­ger und ent­schie­de­ner gegen jene zu ver­tei­di­gen, die sie mit Füßen tre­ten. Reli­gi­ons­frei­heit und Reli­gi­ons­re­spekt gehö­ren genau­so zusam­men wie Recht und Freiheit.

Aus Deutsch­land ist nach dem Schre­cken der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Tyran­nei ein Land gewor­den, das gelernt hat, in Frie­den und Frei­heit mit den Völ­kern die­ser Welt zu leben. Unser Land hat nach der uner­mess­li­chen Schuld der Shoa zur Ver­söh­nung mit Isra­el und dem jüdi­schen Volk gefun­den. Wer nach Deutsch­land kommt, um in Frie­den und Frei­heit zu leben, muss wis­sen, dass es die­ses Recht nicht ohne Ach­tung und Respekt gegen­über Isra­el und dem jüdi­schen Volk gibt. Das Leben in Deutsch­land und die Unan­tast­bar­keit auch der Wür­de des jüdi­schen Men­schen gehö­ren unlös­bar zusammen.

Im Gebet ste­hen wir für das jüdi­sche Volk ein, mit dem uns als Chris­ten eine gemein­sa­me Gottes‑, Offen­ba­rungs- und Glau­bens­ge­schich­te ver­bin­det. Im Gebet bit­ten wir für alle Opfer der Gewalt. Im Gebet bit­ten wir auch für die paläs­ti­nen­si­schen Chris­ten, die in die­sen Tagen eben­falls in beson­de­rer Wei­se Leid­tra­gen­de sind. Im Sin­ne der Berg­pre­digt bit­ten wir als Chris­ten auch für die Ter­ro­ris­ten der Hamas und ihre Anhän­ger und Sym­pa­thi­san­ten um die Ein­sicht, dass aus Ter­ror und Gewalt nie­mals Zukunft erwächst, die wir auch dem paläs­ti­nen­si­schen Volk wün­schen. Wer Zukunft will, muss Frie­den stiften.

Das Komi­tee der Lie­ben­zel­ler Mis­si­on am 8. Dezem­ber 2023

* Der Text basiert auf der Stel­lung­nah­me der Chris­tus­be­we­gung Leben­di­ge Gemein­de „Ach­tung und Respekt gegen­über Juden gehö­ren zu Deutsch­land: Nein zu jeder Form des Anti­se­mi­tis­mus“ vom 19. Mai 2021.
https://lebendige-gemeinde.de/blog/2021/05/19/achtung-und-respekt-gegenueber-juden-gehoeren-zu-deutschland-nein-zu-jeder-form-des-antisemitismus/
Der Text wur­de im Hori­zont der aktu­el­len Situa­ti­on sowohl ergänzt als auch gekürzt.

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