Menschen so sehen, wie Jesus sie sieht
Mirjam und David Schmückle sind seit Oktober 2023 in der Arbeit „Misión Urbana Valencia“ mit wohnungslosen Menschen in Spanien tätig. Mirjam studierte Internationale Soziale Arbeit an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg und war in der Jugendhilfe aktiv. David studierte Soziale Arbeit, ebenfalls an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg. Zusammen mit ihren Kindern waren sie im Sommer in Deutschland, um von ihrer Arbeit zu berichten. Wir haben ihnen einige Fragen gestellt.
Seit eineinhalb Jahren lebt ihr in Spanien. War diese Zeit so wie ihr es erwartet habt?
Man hat Erwartungen, auf was man sich freut und was schwierig sein könnte. Vor Ort merkt man dann, dass ganz andere Dinge einen herausfordern, als man vermutet hätte. Den bürokratischen Aufwand mit den Behörden vor Ort haben wir zum Beispiel etwas unterschätzt. Als fünfköpfige Familie braucht man beim Reinfinden einfach länger. Uns hat mal jemand gesagt, dass es pro Person etwa ein Jahr braucht, um in ein neues Land reinzufinden.
Sehr positiv ist, dass wir in der kurzen Zeit schon viele Beziehungen zu Menschen aufbauen konnten – trotz Sprach- und Kulturbarrieren. Das hätten wir nicht erwartet. Wir haben fast schneller Beziehungen knüpfen können als bei unserem Umzug innerhalb Deutschlands. Es ist eine Herausforderung, mit kleinen Kindern in ein neues Land zu gehen. Aber es ist auch eine große Ressource, andere Menschen kennenzulernen. Dadurch konnten wir recht schnell beginnen, Freundschaften zu knüpfen.
Ihr arbeitet im Projekt „Misión Urbana“ in Valencia und kümmert euch besonders um obdachlose Menschen. Was fasziniert euch an dieser Arbeit?
Das Projekt gibt es schon rund 30 Jahre und läuft größtenteils mit Ehrenamtlichen. Menschen aus christlichen Gemeinden engagieren sich bewusst ganz praktisch für Menschen am Existenzminimum. Das finden wir klasse.
Aus deutscher Sicht faszinierend ist, dass es bei uns keinen Dienstplan gibt. Der Projektleiter kommt jeden Morgen und es wird geschaut, wer da ist. Dann werden die Aufgaben verteilt. Und das funktioniert. Deutsche würden nie so arbeiten. Auf der Glaubensebene ist es ein Vertrauensschritt, dass Gott die nötigen Mitarbeiter für den Tag gibt. Manchmal ist es auch herausfordernd, aber in diesem Konzept steckt viel Schönes drin.
Habt ihr manchmal auch Berührungsängste?
Es gibt jemanden, der sich nie duscht und zu dem sich selbst die anderen Wohnsitzlosen nicht dazusetzen. Das ist manchmal schon herausfordernd und man hinterfragt sich da auch selbst. Es gab auch schon mal einen Polizeieinsatz bei uns und es gibt schon auch Menschen unter den Wohnsitzlosen, die einen schwierigen Hintergrund haben.
Aber es ist das Herz unserer Aufgabe, die Menschen so zu sehen, wie Jesus sie sieht.
Und Jesus hat uns eine große Liebe für die Menschen gegeben, sie trotzdem zu umarmen und sie einfach als Menschen zu sehen. Und dann ist es für uns auch keine große Hürde.
Kommt ihr mit den Menschen auch über euren Glauben ins Gespräch?
Ja, wenn man Zeit hat, auf jeden Fall. Während des Frühstückens ist nicht viel Zeit. Da gibt es keine inhaltlichen Angebote. Viele Menschen haben Ablehnung erfahren, aber sie merken, dass sie bei uns angenommen sind und das Projekt ein christliches Angebot ist.
Dann gibt es aber auch Settings, wo mehr Zeit ist, und die Möglichkeit besteht, tiefer ins Gespräch zu kommen. Wir haben einen Bibelkreis oder mit den wohnsitzlosen Frauen zum Beispiel schon mal die Frauen aus der Bibel besprochen, die kaum gesehen wurden. Wir wollen ihnen zeigen, dass Jesus sie sieht.
Manche haben keine Ahnung vom Glauben, manche bringen auch einen wirren Mix verschiedener Religionen mit. Wir versuchen ihnen, Jesus nahezubringen, wie er wirklich ist.
Das eine ist, mit den Menschen zu sprechen, das andere ist, für sie zu beten. Das ist uns in der letzten Zeit besonders wichtig geworden. Wir versuchen, unseren Dienst aus Liebe zu den Menschen zu tun und den anderen auf Augenhöhe zu begegnen. Das ist unser Wunsch, dass es auch die Motivation der anderen Mitarbeiter ist.
Fühlen sich eure Kinder in Spanien auch wohl?
Ja, auf jeden Fall. Es hat zwar eine Zeit der Umstellung gebraucht, aber sie fühlen sich echt wohl. Kürzlich hat eines unserer Kinder gesagt: „Wir haben zwei Heimaten – eine in Deutschland und eine in Spanien.“ Alle haben mittlerweile ihren Platz gefunden – mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und unterschiedlichen Herausforderungen.
Es ist manchmal gar nicht so leicht, geduldig zu sein mit den Kindern, wenn sie für manches mehr Zeit brauchen.
Wir hätten uns schon vorstellen können, dass es scheitert, mit den Kindern nach Spanien auszureisen. Das ist für uns nicht selbstverständlich, dass die Kinder diesen Wechsel nicht abgelehnt haben und sie auch diesen Weg mitgehen – mit allen Aufs und Abs.
Wenn ihr jetzt gerade in Deutschland seid: Was vermisst ihr an Spanien am meisten?
Die Flexibilität und Entspanntheit der Menschen. Wir haben uns gut daran gewöhnt, dass man Termine nicht schon ein halbes Jahr voraus planen muss, sondern vieles spontan läuft.
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