„Alle zehn Tage wird eine neue Gemeinde gegründet“

Micha­el und Tina Eck­stein sind seit 2009 als Mis­sio­na­re in Frank­reich im Ein­satz. Seit 2022 leben und arbei­ten sie in Nan­tes und brin­gen sich in der Gemein­de­ar­beit ein mit dem Ziel, eine Toch­ter­ge­mein­de zu grün­den. Micha­el ist außer­dem Team­lei­ter der Frank­reich-Mis­sio­na­re. Der­zeit ist er in Deutsch­land und berich­tet von sei­ner Arbeit. Wir haben ihm eini­ge Fra­gen gestellt.

Ihr wart vie­le Jah­re in der Gemein­de­ar­beit in der länd­lich gepräg­ten Nor­man­die im Ein­satz, jetzt in der Stadt Nan­tes. Wie unter­schei­det sich Gemein­de­grün­dung auf dem Land und in der Stadt?
In der Stadt gibt es mehr Fluk­tua­ti­on. Es gibt in Nan­tes zum Bei­spiel eine christ­li­che Buch­hand­lung, die nur von Ehren­amt­li­chen gelei­tet wird. Dadurch, dass sie auch einen Paket­dienst haben, kom­men vie­le Leu­te vor­bei. Die­ses Kon­zept wür­de auf dem Land weni­ger gut funktionieren.
Man­che Men­schen sind in der Stadt offe­ner – offen für alles, auch ande­re z. B. reli­giö­se Über­zeu­gun­gen und eine tra­di­tio­nel­le Prä­gung hat dann auch weni­ger Gewicht. Die Fluk­tua­ti­on bringt mehr Geschäf­tig­keit mit sich. Die Wege, die die Leu­te zurück­lie­gen müs­sen, wer­den aber nicht unbe­dingt kür­zer, nur weil man in der Stadt lebt. Was gleich ist: Man muss in Bezie­hun­gen inves­tie­ren und dafür viel Zeit aufbringen.

Kir­che und Staat sind in Frank­reich strikt getrennt. Macht das die Gemein­de­grün­dung ein­fa­cher oder schwieriger?
Es gibt Din­ge, die Gemein­de­grün­dung erleich­tern, aber auch Din­ge, die sie erschwe­ren. Man kann es nicht direkt ver­glei­chen. 120 Jah­re Lai­zi­tät in Frank­reich haben defi­ni­tiv Spu­ren hin­ter­las­sen. Reli­gi­on gehört zwar zum Leben, aber wenn mög­lich im Pri­va­ten. Der Ursprung der Tren­nung von Staat und Kir­che war dazu gedacht, reli­giö­se Min­der­hei­ten zu schüt­zen. Heu­te wird sie oft dazu genutzt, Schran­ken auf­zu­bau­en, wie Reli­gi­on begrenzt wer­den kann. Da hat sich etwas verschoben.
Die Tren­nung von Kir­che und Staat hat die Säku­la­ri­sie­rung in Frank­reich aus mei­ner Sicht beschleu­nigt. Die ist in Frank­reich noch viel stär­ker fort­ge­schrit­ten als in Deutsch­land. Wobei mei­ne Beob­ach­tung ist, dass es in Deutsch­land in eine ähn­li­che Rich­tung geht. In Frank­reich ist man sich aber mehr bewusst, dass man wenig vom Glau­ben weiß. Eini­ge Leu­te haben rea­li­siert, dass sie kei­ne Ahnung vom Glau­ben haben. Das bie­tet wie­der­um Chan­cen und das fin­de ich spannend.

Meh­re­re Medi­en berich­te­ten in letz­ter Zeit, dass die Anzahl evan­ge­li­kal-pro­tes­tan­ti­scher Gemein­den rasant gewach­sen sei. Ist das auch dei­ne Beobachtung?
Ja, je nach­dem, was man rasant nennt. Die Sta­tis­ti­ken ent­wi­ckeln sich zwar noch nicht so, wie man­che es sich wün­schen. Aber etwa alle zehn Tage wird eine Gemein­de gegrün­det. Und da sind schon die Gemein­den abge­zo­gen, die schlie­ßen. Das ist schon eine sehr posi­ti­ve Ent­wick­lung. Auf der Ebe­ne der Evan­ge­li­schen Alli­anz hat man erkannt, dass Gemein­de­grün­dung ein Schlüs­sel ist, Frank­reich mit dem Evan­ge­li­um zu errei­chen. Das Ziel ist, dass es eine Gemein­de auf 10.000 Ein­woh­ner gibt. Es geht dabei jedoch nicht dar­um, ein­fach einen Zah­len­wert zu erfül­len. Damit steigt ein­fach die Wahr­schein­lich­keit, dass Leu­te in ihrem Umfeld Chris­ten begeg­nen. Aktu­ell ste­hen wir bei einer Gemein­de auf 29.000 Ein­woh­ner. Das zeigt, dass wir schon noch weit vom Ziel ent­fernt sind.

Gibt ein Erleb­nis oder eine Begeg­nung in der letz­ten Zeit, die dich beson­ders bewegt hat?
Ich kam kürz­lich mit einer Per­son ins Gespräch, die lan­ge weg war vom christ­li­chen Glau­ben. Mit 18 Jah­ren hat sie sich tau­fen las­sen, hat sich dann aber nach 2–3 Jah­ren vom Glau­ben ent­fernt. Der Haupt­grund war, dass sie nicht wuss­te, wie man als Christ mit Sün­de umgeht. Sie kam nicht mehr in den Got­tes­dienst, weil sie sich dafür nicht wür­dig fand. Ins­ge­samt hat sie über 20 Jah­re „ohne Gott“ gelebt. Gott hat ihr dann wun­der­ba­re Begeg­nun­gen mit Men­schen geschenkt, unter ande­rem in der christ­li­chen Buch­hand­lung. Was sie dann mit die­sen Men­schen und mit Gott erlebt hat, hat bei ihr einen Hei­lungs­pro­zess in Gang gesetzt. Nach ein paar Mona­ten hat sich ihre Aus­strah­lung stark ver­än­dert. Heu­te erle­be ich eine ganz ande­re Per­sön­lich­keit bei ihr.
Sie erzähl­te mir außer­dem, dass Gott ihr ein ganz beson­de­res Geschenk gemacht hat. In einem Got­tes­dienst ging es um die Josef-Geschich­te. Das The­ma der Pre­digt war Ver­söh­nung und ob es etwas gibt, was man im eige­nen Leben in Ord­nung brin­gen soll­te. Die­ses The­ma hat sie nicht los­ge­las­sen. Sie hat­te den Ein­druck, dass sie ihren leib­li­chen Vater kon­tak­tie­ren soll­te, den sie mehr als 30 Jah­re nicht gese­hen hat­te. Nach­dem sie her­aus­ge­fun­den hat­te, wo er wohn­te, schrieb sie ihm einen Brief. Genau in die­ser Zeit lag ihr Vater im Kran­ken­haus. Aus die­sem Brief her­aus ent­stan­den Tele­fo­na­te und Tref­fen. Die Begeg­nun­gen und gar die Ver­söh­nung mit ihrem Vater waren für sie ein beson­de­res Geschenk Got­tes, das sie nicht für mög­lich gehal­ten hätte.

Du bist unser Team­lei­ter in Frank­reich und wünschst dir neue Mis­sio­na­re für euer Team. Wel­che Vor­aus­set­zun­gen müs­sen sie denn mit­brin­gen und was kön­nen sie bei euch erwarten?
Freu­de, sich auf ande­re Leu­te ein­zu­las­sen und eine ande­re Kul­tur zu ent­de­cken, die vor­der­grün­dig ähn­lich, aber dann doch sehr ver­schie­den sein kann. Außer­dem auch das Vor­recht, eine ande­re Spra­che zu ler­nen und zu sehen, was Gott woan­ders tut. Sie kön­nen mit­be­kom­men, wie Gott Gemein­de wach­sen lässt mit allen Höhen und Tie­fen. Hier kön­nen sie mit­hel­fen mit den Gaben, die sie selbst mit­brin­gen – egal, ob es im theo­lo­gi­schen, sozia­len oder päd­ago­gi­schen Bereich ist. Wir freu­en uns über neue Kol­le­gen in Frank­reich in unse­rem Team!

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