MISSION weltweit – Ausgaben 2018

7 missiOn weltweit 1–2/2018 spanien darum geht’s dem Nachbarort, und die Einwohnerzahl verzwanzigfacht sich im Sommer. „Schau dir unser Dorf an“, sagte unser Freund, „wir haben eine Mauer um uns herum.“ Als wir ihn fragten, wie denn ein „Peñiscolaner“ so denkt, meinte er metaphorisch: „Wir lassen hier keinen so schnell rein. Ihr werdet niemals zum engen Kreis dazugehören. Auch nicht nach 20 Jahren. Aber eure Tochter wird wahrscheinlich als Peñiscolanerin eines Tages dazugehören.“ Puh. Das sitzt! Im Winter wird das Dorf vernachlässigt, denn es lebt für und von den Touristen. Einen Monat vor Saisonbeginn werden jedes Jahr viele der weißen Häuser neu gestrichen und auf Vordermann gebracht. Die geschlossenen Hotels erwachen wieder und bekommen eine Grundreinigung. Die Straßen werden verbessert, und die ganze Stadt glänzt wieder in ihrer vollen Pracht. Eine wunderschöne Kulisse. Eine Kommunalpolitikerin meinte: „Unser Dorf lebt vom Schein. Was man nicht sieht, wird nicht repariert.“ Wie recht sie doch hat! Die Bewohner des Dorfes leiden darunter. Für sie gibt es kein tolles Feuerwerk an Silvester, für sie gibt es fast keine kulturellen Angebote in der Stadthalle, für sie werden nicht die Straßen repariert. Die Einwohner wachsen in einer Scheinstadt auf: Sie wissen, wie es den unterbezahlten und ausgebeuteten Arbeitern im Sommer geht. Sie wissen, wie unheimlich die leeren Hotels im Winter wirken. Sie sehen, wie wenig die Politik für sie übrig hat. Ohne Liebe werden wir nichts erreichen Wie können wir als Missionare diesen Menschen Gottes Liebe weitergeben? In einem Dorf, das eine sichtbare und unsichtbare Mauer um sich gebaut hat; mit Einwohnern, die sich von den Touristen abgrenzen wollen; in einer Gesellschaft, die noch Mauern der Diktatur im Kopf hat und Vergebung nicht kennt. Das ist für uns natürlich erst einmal gewöhnungsbedürftig und missionarisch eine Herausforderung. Letztes Jahr hat mich vor allem dieser Bibelvers begleitet und mich daran erinnert, dass ich nicht hinter die Kulissen, Mauern und Fassaden blicken kann – dass es aber einer tut: „Der Mensch sieht, was vor Augen ist. Der Herr aber sieht das Herz an.“ 1. Samuel 16,7b Daher nahmen wir uns gezielt Zeit, für das Dorf und die Menschen zu beten. Wir möchten uns von Gottes Liebe füllen lassen, um sie weiterzugeben. Ohne Liebe für die Menschen werden wir hier nichts erreichen. Ich bin überzeugt davon, dass Jesus die Mauern durchbrechen kann und wir mit Gebet, Geduld und Echtheit ihr Vertrauen gewinnen können. Weder Ziegel sammeln noch Mauern bauen Was wir den Spaniern erklären wollen, trifft uns erst einmal selbst: Wenn wir anfangen, selbst Ziegel anzusammeln und eine Mauer aufzubauen, können wir nicht erwarten, dass sie ihre abbauen. Ich kann so leicht eine Mauer bauen mit meiner Bitterkeit, Frustration und Verletzung. Dann ziehe ich mich zurück und werde gleichgültig und kalt. Genau hier greift Gottes Wahrheit ein und erinnert mich daran, Vergebung über Menschen und Situationen auszusprechen. Gottes Gnade und Jesu Vergebung müssen erst einmal durch mich hindurchsickern, bevor ich davon weitersagen kann. Ist es nicht ein Privileg, von der wunderbaren, freimachenden Botschaft Christi zu erzählen? Er befreite sein Volk aus der Sklaverei, er befreit uns von der Sünde, er kann Mauern zum Einstürzen bringen. Diesen Gott predigen wir – diese Wahrheit wollen wir vermitteln: Er ist ein Gott, der dich kennt. Der dich erdacht hat. Der dein Leben ganz verändern will. Gott macht frei von falschen Denkweisen, heilt die zerbrochene Identität und schenkt uns neues Leben. Tabea Köhler ● In Schale geworfen: Spanierin in traditioneller Kleidung bei einem Umzug. Peñíscolas Kehrseite: schmutzige Fassaden FOTOS: TABEA KÖHLER Mithelfen: SPENDENCODE 1780-32 Spanien

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