MISSION weltweit – Ausgaben 2018

19 Kultur- und Bildungszentrum für das untere Maintal wurde. Viele ihrer Schülerinnen wurden Lehrerinnen und trugen das Evangelium weiter. So entstanden kleinere Tochtergründungen unter Liobas Oberaufsicht. Bemerkenswert sind ihre Offenheit für die Bildung von Frauen und die Förderung ihrer Tätigkeit in der Mission, wie sie das aus England kannte. Dies unterschied sich von dem ganz von Männern bestimmten Modell, das sich in der Folgezeit durchsetzte.9 Ob Lioba die einzige „Missionarin“ war oder die einzige, von deren Einsatz in der Mission wir wissen, muss offen bleiben. Frauen in der protestantischen Mission der neuzeit die Anfänge Die röm.-kath. Kirche war nie ohne Mission. Die Reformation hingegen fand für Jahrhunderte nicht zur Mission. Doch bei Justinian von Welz (1621 bis ca. 1668) setzte sich die Erkenntnis durch, dass Mission zentrale Aufgabe der Kirche ist. Er legte ein wohldurchdachtes, praktisches und theologisch begründetes Missionskonzept vor. Es wurde als Teufelszeug abgelehnt. Das Gutachten der theologischen Fakultät Wittenberg schloss mit den Worten: „Dafür behüt‘ uns, lieber Herre Gott.“10 – Diese ablehnende Haltung bestimmte die evangelischen Kirchen bis weit ins 20. Jahrhundert. Es bedurfte des Aufbruchs des Pietismus, bevor die Kirche der Reformation zur Mission fand. Philipp Spener kannte die Schriften von Welz‘. Aber erst August Hermann Francke schritt zur Tat, als er im Jahr 1703 die ersten beiden evangelischen Missionare, Bartholomäus Ziegenbalg und Heinrich Plütschau (beide nicht verheiratet), über den dänischen Königshof nach Indien sandte. Wegen des kirchlichen Widerstandes wollte Ziegenbalg der Berufung Gottes und der Leitung des Heiligen Geistes ganz gewiss sein, bevor er sich zur Verfügung stellte. Ziegenbalg kam 1714 zurück, um die vielen Schwierigkeiten, die es mit dem Missionssekretär gab,11 zu regeln. 1715 heiratete er Maria Salzmann, die mit ihm 1716 nach Tranqebar in Indien zurückkehrte, wo Ziegenbalg 1719 starb. Maria Salzmann war die erste deutsche Missionarsfrau. Im Jahr 1731 brachte Zinzendorf (1700–1760) einen westindischen Sklaven von Kopenhagen nach Herrnhut. Dessen Berichte von St. Thomas motivierten die Gemeinde zur Mission. So begann 1732 die Missionsarbeit der Brüdergemeine mit den Missionaren Johann Leonhard Dober und David Nitschmann in St. Thomas. Bis zum Tode Zinzendorfs wurden 226 Missionare in viele Länder ausgesandt, vielfach mit Ehefrauen. Viele kamen nie mehr in die Heimat zurück. Die lange Dienstzeit wirkte sich sehr günstig auf die Missionsarbeit aus. Doch um ein ganzes Volk für das Evangelium zu gewinnen „bedurfte es vor allem auch des Dienstes der Frau“. Das hatte man bei Hans Engede, seit 1718 norwegischer Missionar in Grönland, gesehen. Als er zögerte, dem Ruf Gottes nach Grönland zu folgen, drängte ihn seine Frau Gertrud. Sie blieb an seiner Seite, selbst als 1733 die Pockenepidemie Grönland heimsuchte. Sie nahm die Kranken in ihr Haus auf und pflegte sie in ihrem eigenen Bett.12 Da man die Wichtigkeit der Frauen erkannt hatte, beauftragte man eine Frau, Rosina Nitschmann-Fischer, mit der Visitation in Grönland. Umgekehrt sandte man eine Grönländerin nach Herrnhut zur Ausbildung, die nach der Rückkehr in ihre Heimat ein ähnliches Schwesternhaus wie in Herrnhut einrichtete. Später sandte man unverheiratete Frauen als Lehrerinnen aus, und die Frauen in Herrnhut bildeten einen Missionsverein. die deutsche Mission der Erweckungsbewegung (nach 1800) Diese Tradition der Frauen in der Mission wurde im 19. Jahrhundert, dem eigentlichen Missionsjahrhundert, bei der Gründung der Missionen im Zuge der Erweckungsbewegung in Deutschland nicht fortgesetzt. Missionare mussten grundsätzlich unverheiratet ausreisen und durften erst heiraten, wenn das Komitee es erlaubte. Dieses suchte die Braut aus. Der Weg der Rosina Widmann, geb. Binder steht für eine ganze Generation von Missionarsfrauen aus dem württembergischen Pietismus. Die Heirat wurde genehmigt, weil ein anderer Bruder auf die Notwendigkeit einer weiteren Missionarsfrau neben seiner eigenen hinwies. Nachdem drei an harte Arbeit und geringe Kost gewöhnte Mädchen abgesagt hatten, gab die noch nicht 20 Jahre alte Rosina Binder aus Korntal ihr Jawort. Mit drei ledigen Missionaren reiste sie nach Akropong in Ghana/Afrika. Ihren Bräutigam sah sie erstmals nach der Landung am 15. Januar 1847. Am 19. Januar machten sie sich auf den Weg ins Inland, und am 21. war die Hochzeit. Von der ersten Begegnung schreibt sie: „Wir sahen uns wEitErdEnkEn >> sonDerbeitraG Von HelmutH eGelkraut 9 „Lioba,“ nach Wikipedia, 6.1.2018. 10 Wilhelm Oehler, Geschichte der Evangelischen Mission, Band 1, Baden-Baden 1949, 24. 11 Dieser berief sich auf Mt 10,9+10 und verweigerte den Missionaren die finanzielle Unterstützung. 12 Ruth A. Tucker, Guardians of the Great Commission: The Story of Women in Modern Missions, Grand Rapids, 1988, 14. Ausreisende im Hafen von Genua/Italien Schwester Mária Molnár mit Kindern auf Manus/Papua-Neuguinea Fotos: lm-archiV

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