MISSION weltweit – Ausgaben 2018

20 weiterdenken >> sonderbeitrag von johannes luithle Bis heute ist es nötig, dass in unseren Leitungsgremien um theologische Fragen gerungen wird. Sie dürfen nicht unter den Tisch gekehrt werden. Manchmal muss geklärt werden: hü oder hott. Ein andermal muss ein Kompromiss gefunden werden, wo auch verschiedene Ansichten Platz haben können. b) Streit anzetteln Manchmal ist es nötig, Streit zu provozieren und anzuzetteln. Paulus war so ein Anzettler. ImGalaterbrief schreibt er davon, wie er Petrus öffentlich Widerstand leistete und somit eine heiße Dis- kussion heraufbeschwor (vgl. Galater 2,14). Es hatte keinen Wert, ein Auge zuzudrücken. Es musste ans Licht, was verkehrt lief. In unseren Gemeinden verstehen wir es, Dinge beim Namen zu nennen, die schlecht laufen. Allerdings wenden wir uns damit häufig an andere und nicht an die Betroffenen selbst. Wir scheuen die Auseinandersetzung. Doch Heilung kann nur geschehen, wenn wir mit Betroffenen das Gespräch suchen, den Finger in die Wunde legen und die Wunden behandeln. Auch wenn es im Moment schmerzhaft ist. c) Streit vermeiden Viel Streit kann vermieden werden, wenn wir sagen, was wir meinen und indem wir tun, was wir sagen. Wo wir uns nicht an Absprachen halten oder schlecht planen, kommt es oft zu Streit. Manche Gemeindeglieder haben sich aus der Mitarbeit verabschiedet, weil es aufgrund schlechter Kommunikation ständig Konflikte gibt. Durch klare und durchsichtige Kommunikation können wir potenziellen Streit vermeiden. Wenn Missverständnisse auftauchen, ist jede E-Mail, die geschrieben wird, zu viel. Es bedarf der persönlichen Aussprache. d) Streit bekämpfen Einer Art von Streit muss kompromisslos der Kampf angesagt werden: Es ist der Streit, der aus einem bitteren Herzen hervorsteigt. Streit, der mit Neid und Eifersucht verwandt ist. Während Paulus im Galaterbrief einerseits Streit provoziert, um Klärung zu schaffen (siehe oben), sortiert er diesen „Streit“ unter die Kategorie „irdische beziehungsweise selbstsüchtige Gesinnung (vgl. Galater 5,16ff; auch Jakobus 3,13-4,1). Dieser Streit ist zerstörerisch. Er spaltet und trennt, weil Menschen ihr Recht und ihren Kopf durchsetzen wollen. Dieser Streit hat seine Wurzel in der Gier nach Macht und Beherrschung. Dabei geht es nicht um Klärung, sondern um Gewinner und Verlierer. Das Gegenstück dazu ist der Verzicht auf vermeintliches Recht. e) Streit lösen Ein Streit ist immer eine Krisensituation, die nach einer Lösung schreit. Wenn wir im Streit liegen, gibt es zur Auflösung des Streites mehrere Möglichkeiten. So kann sich zum Beispiel der Stärkere durchsetzen. Am Ende gibt es Gewinner und Verlierer. Manchmal ist dieser Weg angesagt, um noch Schlimmeres zu verhindern. Andere Konflikte werden gelöst, wenn Zerstrittene sich trennen und jeweils eigene Wege gehen. Auch dieser Weg kann manchmal heilsam sein und helfen, dass sich die Protagonisten wieder frei bewegen und entfalten können (vgl. Apostelgeschichte 15,36ff). Schließlich kann die Lösung eines Streites Menschen wieder zusammenführen und zwar so, dass ihre Beziehung stärker geworden ist als vorher. Wenn wir diesen Weg einschlagen, kann es zur Versöhnung kommen. Wir sprechen uns gegenseitig Vergebung zu. Bei Abraham endete der Kampf um Lots Rettung mit einem Mahl. Melchisedek, der Priester des Höchsten, kommt Abraham mit Brot und Wein entgegen (vgl. 1. Mose 14,18) und lädt ihn ein, zu essen und zu trinken. Wenn wir heute das Abendmahl mit Brot und Wein feiern, erteilen wir jedem zerstörerischen Streit eine Absage. Wir danken Gott, dass er mit uns nicht länger im Streit liegt, und zeigen unsere Bereitschaft, dass wir anderen die Hand zum Frieden reichen. Streitfeld Beruf Auch auf der Mitarbeiterebene gab es Streit. Die Hirten Abrahams hatten Zoff mit den Hirten Lots. Der tägliche Kampf um Weideplätze und Brunnennutzung zermürbte sie. Der tägliche Kleinkrieg nahm ihnen alle Lust und Freude an ihrer Arbeit. Abraham registrierte den Streit und hätte seinen Hirten erst mal die Leviten lesen und ihnen sagen können, dass so etwas gar nicht geht. Er hätte ihnen beibringen können, wie sie den Konflikt zu lösen haben. Mit „Ich-Botschaften“ hätte er den Hirten Lots deutlich machen können: „Wir waren zuerst an dem Brunnen. Wir fühlen uns von euch nicht korrekt behandelt.“ Er hätte seinen Hirten auch sagen können, dass sie etwas forscher und bestimmter auftreten sollten gegenüber den Mitarbeitern Lots: „Also, damit ihr es wisst. Wir sind Hirten Abrahams. Ihr seid nur hier, weil Abraham euren Chef Lot mitgenommen hat. Ihr habt gefälligst einzusehen, dass ihr hier die zweite Geige spielt. Eure Ansprüche solltet ihr etwas nach unten schrauben.“ Abraham geht anders vor. Er erkennt, dass dieser Streit das Ergebnis schlechter Strukturen ist. Er muss die Arbeitsstrukturen ändern. Dafür ist er als Vorgesetzter zuständig. Die Konfliktlösung muss in diesem Falle von ihm ausgehen. Er kann sie nicht weiterdelegieren und anderen zuspielen. Abraham suchte das Gespräch mit Lot. Er hebt damit den Konflikt der Hirten auf die Chefebene: „Lass doch nicht Zank sein zwischen MIR und DIR“ (1. Mose 13,8). WIR sind für die Konfliktlösung verantwortlich. Und da hat er auch schon einen Vorschlag: Wir müssen uns trennen, und ich lasse dir den Vortritt. Wähle du zuerst das Gebiet aus, in dem du dich in Zukunft aufhalten willst (vgl. 1. Mose 13,9). Abraham zeigt sich als ganz Großer. Er wird initiativ, macht einen konkreten Vorschlag und bezieht seinen Partner mit ein. Er gibt ihm nicht vor, was er zu tun hat, obwohl er es als Firmenchef hätte tun können. Er lässt Lot viel Spielraum zur Lösung des Konfliktes. Sie trennen sich. Lot entscheidet sich für die fruchtbare Ebene um Sodom und Gomorra. Abraham bleibt mit seinen Viehherden auf den kargen Bergen Judäas. Der Konflikt war durch neue Strukturen gelöst worden. Die Trennung war keineswegs eine Trennung ihrer Herzen. Sonst hätte Abraham nicht alle Register gezogen, als er erfuhr, dass Lot gefangen genommen worden war. Die Trennung war notwendig geworden, um den schwelenden Streit zu beenden.

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