MISSION weltweit – Ausgaben 2018

papua-neuguinea darum geht’s 9 missiOn weltweit 7–8/2018 sam und schwerfällig an mir vorübergehen. Sofort verstand ich die Botschaft. Gib ihn deinem Feind, nein, deinem Bruder, als feurige Kohle. Brigitte war erst gar nicht von meiner Idee begeistert, aber sie verstand schnell, dass hier der Heilige Geist vor Spätfolgen bewahren wollte. Nach dem Gottesdienst fuhr ich zur Nachbargemeinde, wo mein „Freund“ Pfarrer war und eben nach getaner Sonntagspredigt seinen Mittagsschlaf begonnen hatte. Ich sagte nicht viel und bat um Klärung. Robert sah mich entsetzt an. Das schlechte Gewissen war ihm ins Gesicht geschrieben. Er sah das Monster von Masthahn auf meinem Arm. Das weckte Vertrauen und Freude. Ich sagte ihm, dass ich nicht viel zu sagen hätte, doch mir sei heute bei der eigenen „Predigt“ ein Wort wichtig geworden. Alles Weitere stünde auf dem Anhänger, befestigt am Bein des Tieres. Darauf hatte ich Römer 12,19-21 geschrieben: „Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern … lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Worte brauchte es keine. Der Effekt war gewaltig. Auch Robert hatte mir vergeben und brachte am nächsten Tag ein kleines Schweinchen als sichtbares und schmackhaftes Zeichen dafür. Wir verzehrten es gemeinsam. Bis heute sind wir Freunde geblieben und darüber etwas älter geworden, wie man auf dem Bild sehen kann. Ja, leider streiten wir Christen doch ab und zu. Es ist aber die Frage, was wir aus dem Streit machen und ob wir uns schließlich vom Bösen überwinden lassen. Vertrauen wir Gottes Wort, so kann er aus unserem Minus trotzdem noch ein schönes Plus zu seiner Ehre machen. Gerhard Stamm l Gerhard und Brigitte Stamm sind seit fast 30 jahren in Papua-Neuguinea tätig. Sie unterrichten seit 2014 vollzeitlich an der zweijährigen Bibelschule in Popun im Hochland. In den Schulferien besuchen sie Menschen in abgelegenen gebieten. Dort lehren sie Pastoren und gemeindeleiter und geben jung und Alt Lebenshilfe. gerhard war vor seiner Ausbildung am theologischen Seminar der Liebenzeller Mission bei der Bundesbahn. Brigitte ist Hauswirtschafterin und Krankenschwester. FotoS: gerHArD UND BrIgItte StAMM Mithelfen: SPeNDeNcoDe 1200-32 PapuaNeuguinea Ein Hahn und ein Schweinchen waren Zeichen der Versöhnung von Robert (links) und Gerhard. Sonntagsgottesdienst in Neuguinea mir aber meinen Teil. Als Robert nichts anderes mehr einfiel, bezichtigte er mich der falschen Lehre. Das war für mich ein dicker Brocken, und ich sah mich zu einer Reaktion gedrängt – oder sagen wir es mal nicht so fromm: Das schrie nach Rache. Keiner der anwesenden Brüder bezog Stellung. So kann man Problemen auch aus dem Weg gehen. Macht ihr nur mal, dachte ich. Am nächsten Tag war Sonntag. Ich war nirgends zum Predigen eingeteilt und besuchte deshalb die nächstgelegene Gemeinde. „Heute sag‘ ich nichts“, nahm ich mir vor. Der örtliche Pastor war am Vortag auch dabei gewesen und hatte geschwiegen wie die anderen. „Als Irrlehrer werde ich heute mit Sicherheit nicht predigen“, sagte ich noch zu Brigitte. Der ahnungslose Laienbruder, der diesmal die Veranstaltung moderierte, wusste von allem nichts. Er betete herzzerreißend, dass Gott mir doch die Worte für sie alle in den Mund legen sollte. Ich stand auf. Langsam durchmaß ich die Buschkirche. Ich sah zu Brigitte hinüber. Ihr Gesichtsausdruck sagte: „Naja, vergiss deine Vorsätze, tu deinen Job!“ Mir war nicht danach. Mein Hirn arbeitete auf Hochtouren Die Gemeinde war für eine Predigt gekommen. Ich aber konnte und wollte nicht predigen. So beschloss ich, einen Bibelabschnitt vorzulesen. Ich rechtfertigte mich vor mir selbst wegen der tags zuvor vorgebrachten Beschuldigung: „Dann werde ich doch wenigstens einen Bibelabschnitt vorlesen dürfen. Aber das war‘s dann, eine Predigt gibt es heute nicht.“ Ich las das 12. Kapitel des Römerbriefes und kam bei Vers 19 an: „Rächt euch nicht selbst.“ Vers 20: „Vielmehr, ‚wenn deinen Feind hungert, so gib ihm zu essen … Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln‘“. Die Aufmerksamkeit in der Kirche war extrem hoch. Und ich hatte in diesem Moment so etwas wie eine Vision vor meinem inneren Auge: Ich sah unseren überfütterten Masthahn lang-

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