MISSION weltweit – Ausgaben 2018

6 darum geht’s sambia Dietmar: Sambier sind es nicht gewohnt, direkt zu kommunizieren oder zu streiten. Vieles läuft „hinten herum“, dann brodelt die Gerüchteküche und es kann zu einem Schwelbrand kommen. Ein Beispiel: Einer unserer einheimischen Mitarbeiter im Projekt in Mushili hat großes Vertrauen zu uns. Wir arbeiten nicht nur zusammen, er besucht uns hin und wieder und bespricht auch private Anliegen mit uns. Wir freuen uns, ihm eine Hilfe sein zu können. Doch durch seinen persönlichen Kontakt zu uns macht er sich bei seinen sambischen Kollegen alles andere als beliebt. Sie nennen ihn abfällig „Sohn Brunners“ und sind neidisch auf ihn. Zusammen mit Angst und Zauberei ist Neid die Streitursache Nummer 1 in Sambia. Katrin: Ob Streit entsteht, ist natürlich auch eine Typsache. Die Frau eines Projektmitarbeiters vergleicht viel und neigt zu Neid und Streit, während eine andere eher eine ruhige Art hat und mit Unterschieden umgehen kann. Die Vermittlerrolle bei Konflikten im Projekt hat meistens unser Kollege Matthijs Laan übernommen. Jonas: Ja, Matthijs und unser sambischer Jugendreferent haben den Bathday „erfunden“. Das war bei einem Geburtstag, in Englisch Birth- day. Weil Sambier das R schlecht aussprechen können, klingt Birthday bei ihnen so ähnlich wie Bathday (Badetag). Und mit Wasser hat der Bathday ja auch zu tun … Dietmar: Wenn im Mitarbeiterteam Hetzkampagnen gegen Kollegen laufen, erfahren wir Missio- nare das oft als Letzte, aber dann sind wir als Vermittler gefragt. Sambier können erstaunlich gut eine „gute Miene zum bösen Spiel“ machen. Es bricht nur dann so richtig aus ihnen heraus, wenn zum Beispiel durch Alkohol Schranken fallen. Wie vermittelt man bei Streit? Eine frontale Konfrontation ist nur in Extremfällen ratsam. Ansonsten hat Matthijs in etwa so begonnen: „Wir haben gehört, dass …“ (der Streitpunkt wurde genannt). „Doch ich will nicht urteilen, denn wir sind hier nicht bei der Polizei und ihr seid alle erwachsen. Deshalb regelt diesen Streit untereinander und sucht euch, wenn nötig, einen Vermittler.“ Oft haben wir Missionare und ein ehrenamtlich engagiertes Pastorenehepaar versucht, die bibli- sche Sicht zu erläutern oder, etwa bei Ehestreitigkeiten, die Folgen eines anhaltenden Konflikts aufgezeigt und deutlich gemacht, dass beide Sei- ten um eine Lösung bemüht sein müssen. Doch nun zum Bathday! Er ist eine andere Möglichkeit, kleinere Konflikte zu lösen und hat sich bei uns sozusagen als Ventil ergeben und bewährt. Bei einem Geburtstag kippte Matthijs kurzerhand aus Spaß eine Tasse Wasser über einen der betroffenen Kollegen. Plötzlich gab es, wie bei einem angestoßenen Dominostein, eine regelrechte Wasserschlacht – und das etablierte sich als Möglichkeit, Konflikte zu entschärfen. Katrin: So ein „Ventil“ einsetzen ist eigentlich gar nicht afrikanisch. Auch Spiele sind nicht üblich. Doch unsere Erfahrung zeigt, dass auch gemeinsame Spiele zu einem besseren, unverkrampften Miteinander beitragen und deeskalierend wirken können. In der Frauenstunde haben wir große Altersunterschiede bei den Besucherinnen. Auch da führt gemeinsames Spielen zu einem unverkrampften Miteinander. Dietmar: Matthijs war unseren sambischen Mitarbeitern vom Alter her näher. Das war ein großer Vorteil. Ich gelte allein schon vom Alter her eher als Respektsperson. Mit Benjamin und DeDietmar und Katrin Brunner arbeiten im Projekt „Hilfe zum Leben“ in Mushili, einer Stadtrandsiedlung von Ndola im Kupfergürtel Sambias. Während Dietmar für den landwirtschaftlichen Zweig und den Ausbau der Infrastruktur verantwortlich ist, erledigt Katrin die Buchhaltung und Fahrdienste für die Amano-Schule. Zwei ihrer vier Kinder leben in Deutschland, die beiden jüngeren besuchen die Amano-Schule. Dietmar ist Kfz-Meister von Beruf, Katrin Krankenschwester. Beide haben das Bibelkolleg in Bad Liebenzell besucht und sind seit 1998 Missionare in Sambia. Ein „Badetag“, damit der Streit nicht eskaliert Wer seit fast 20 Jahren in einer anderen Kultur lebt, weiß, wie man sich (besser nicht) verhält, wenn ein offener Streit auszubrechen droht. Dietmar, Katrin und ihr Sohn Jonas Brunner schildern Erfahrungen aus Sambia. 1

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