MISSION weltweit – Ausgaben 2016

20 Was raten Sie Menschen, die vor der Entscheidung stehen, wie sie ihren „letzten Willen“ regeln? Letztlich geht es bei der Testamentsgestaltung um drei Bereiche, die bei jedem individuell miteinander in Beziehung zu bringen sind: Erstens das Vermögen, der Nachlass. Zweitens die dem Erblasser nachstehenden Personen– natürliche und juristische, Verwandte und andere. Und drittens die persönlichen Werte, Wünsche und Ziele. Ein Überblick über diese Punkte ist eine wichtige Grundlage für eine passende Regelung. Wer dann einem fachkompetenten Berater, der die Situation im persönlichen Gespräch klärt, Einblick in seine Ideen gibt, wird die richtigen Entscheidungen treffen. Schon Martin Luther gab den Rat, dass der Mensch zunächst sein zeitliches Gut in Ordnung bringe. Ein geregelter „letzter Wille“ macht Kopf und Seele frei für noch Wichtigeres! Welche häufigen Fehler passieren, wenn jemand ein Testament macht? Sehr oft werden in privatschriftlichen Testamenten gesetzliche Bestimmungen übersehen. Eine Verletzung von zwingenden Formvorschriften führt zur Unwirksamkeit der Verfügung. Häufig wird der letzte Wille nicht eindeutig, sondern auslegungsbedürftig und streitanfällig formuliert. Wenn Erbeinsetzungen und Vermächtnisanordnungen, Vor- und Nacherbfolgen oder Testamentsvollstreckungsanordnungen nicht als solche bezeichnet sind, kann dies selbst dann zu Verzögerungen im Erbscheinsverfahren führen, wenn sich alle Beteiligten einig sind. Sofern ein pflichtteilsberechtigter Angehöriger enterbt werden soll, werden oft Maßnahmen zur Minimierung von Pflichtteilsansprüchen vergessen. Hier ist regelmäßig eine vorausschauende Gestaltung angezeigt, die auch strategische Maßnahmen unter Lebenden im Blick hat. Schließlich kann oft durch einfache Maßnahmen eine anfallende Erbschaftssteuer erheblich reduziert werden. Sehr gut gemeint reicht nicht – man sollte seinen „letzten Willen“ auch sehr gut durchdacht und formuliert zu Papier bringen! Wem raten Sie auf jeden Fall, seinen Nachlass zu regeln? Jeder, der eine von der gesetzlichen Erbfolge abweichende Regelung wünscht, muss eine letztwillige Verfügung errichten. Einige typische Fälle, die ich in meiner Beratungspraxis häufig erlebe: Ehegatten möchten sich zunächst gegenseitig als Alleinerben einsetzen; die Kinder sollen erst Erben des Überlebenden werden. Singles möchten oft nicht von allen Verwandten, sondern nur von einzelnen, ihnen nahe stehenden Personen (auch Patenkinder, Freunde …) beerbt werden. Gemeinnützige Organisationen erben nie kraft Gesetz, auch wenn der Erblasser diese jahrzehntelang mit Spenden bedacht hat. Wenn ein vorgesehener Erbe sozialhilfebedürftig ist (zum Beispiel ein behindertes Kind) oder überschuldet ist, sind zum Schutz des Erben Beschwerungen angezeigt. Auch in allen Fällen mit Auslandsbezug (zum Beispiel gewöhnlicher Aufenthalt oder Vermögen im Ausland) kann zumindest eine Rechtswahl durch Testament vor Überraschungen schützen. Keine Regelung ist auch eine Regelung – dann gilt die gesetzliche Regelung. Diese Regelung ist eine Kompromisslösung, bei der häufig der eigentliche „letzte Wille“ allenfalls eingeschränkt Wirklichkeit wird! Notar Andreas Lämmle (47), seit 2002 amtsvorstand des Notariats bad Liebenzell, erlebt in seiner beratungspraxis, wie das Recht der Testierfreiheit genutzt werden kann, um mit dem anvertrauten gut bis zuletzt segensreich zu gestalten. Foto: PRIVAt WEITERDENKEN >> fRagEN WEITERDENKEN >> LESERSTimmEN Erbstreitigkeiten oder herausforderungen beim antritt eines Erbes betreffen viele menschen. auch christen haben probleme in Sachen Nachlass und Erbe, wie folgende persönliche Erfahrungen von mission weltweitLesern zeigen. ihre Namen sind der Redaktion bekannt. DAS ERBE, nach dem man zuerst sehr eilt, wird zuletzt nicht gesegnet sein.“ Dieser Vers aus Sprüche 20,21 wie auch die Verse in Lukas 12,13–21 waren mir in einer Erbsache eine Lektion. man spricht wohl nicht umsonst von „Erb-auseinander-setzung“: Wenn’s ums geld geht, gibt es schnell Streit in familie und Verwandtschaft. So auch bei uns. ich bin gott dankbar, dass wir nach jahrelangen konflikten wieder eine basis gefunden haben, auf der wir miteinander umgehen können. gelernt habe ich: ● auch der frömmste ist nicht davor gefeit, „mehr“ zu wollen und auch christen haben schnell den Eindruck, „zu kurz zu kommen“. ● man führt gerne, oft auch unbewusst, eine innere punkteliste („ich habe mich mehr um unsere mutter gekümmert als du“) und meint, anhand dieser Liste „ansprüche“ rechtfertigen zu können. ● auch wenn christen von der unverdienten gnade gottes leben, pochen sie im irdischen Leben gerne auf materielle gerechtigkeit. ● man sollte seine angelegenheiten rechtzeitig regeln. ERBEN UND VERGEBUNGSBEREITSCHAFT gehören eng zusammen. man ist schnell mit Vorwürfen bei der hand. aber im Leben geht es nun mal nicht „gerecht“ zu und auch die möglichkeiten sind unterschiedlich. Der eine tut und kann mehr. Der andere wohnt weit weg und hat die „Erbtante“ nur sporadisch besucht. Wer hier aufrechnen will, wird nicht glücklich. Erbe gut – alles gut? fragen an Notar andreas Lämmle

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