24 SChWeStern konkret Doch diese Zeit sollte trotz aller Härte auch ein großes Wunder bringen: In den Sommerferien besucht sie ihre Tante, und nach einer Bibelstunde schenkt Esther Jesus ihr Leben. Noch im selben Jahr liest sie das Buch eines Missionars und weiß: „Das wäre was für mich!“ Erst drei Jahre später berichtet sie ihrem Vater davon. Die Frage, wie das funktionieren soll, beschäftigt sie. Eine Bibelschule besuchen? Aber wo? Da hört sie von einer „Liebenzeller Mission“ im Schwarzwald. Eine Adresse? Fehlanzeige. Doch Esther Glawion lässt sich davon nicht abhalten. Beherzt schickt sie ihren Brief „An die Liebenzeller Mission im Schwarzwald“. Sie trifft ins Schwarze: Der Brief kommt nicht nur an, auch eine Antwort trifft ein, und mit nur 18 Jahren reist sie in den Schwarzwald. Sie macht Nägel mit Köpfen und tritt der Schwesternschaft bei. Über das Missionswerk sagt sie heute: „Ich war immer stolz auf die Liebenzeller Mission und wie sie uns Schwestern versorgt! Das ist bis jetzt so.“ Es folgen viele Stationen. Der lang ersehnte Besuch der Bibelschule, Gemeinschaftsarbeit, die Ausbildung zur Krankenschwester. Dann wird nach zehnwöchigem Aufenthalt in England ihr Herzenswunsch wahr: Sie wird Missionarin im Schülerheim in Japan. Mit 26 Jahren wird die Schwester zur Tante: Die Kinder nennen ihre Hausmutter und Heimleiterin von Herzen „Tante Esther“. Sie lebt zusammen mit ihrer Kollegin Esther Benzinger zunächst in Kugahara mit fünf und später 13 Kindern. Als das Heim dort zu klein wird, wird es an den neuen Standort Nakanoshima verlegt. Dort werden bis zu 33 Schüler betreut! Schwester Esther hat ein großes Herz für die Kinder der Missionare. „Der Herr hat mir Liebe geschenkt“, meint sie heute. „Es ging ja nicht um die Aufgaben, sondern um das Zusammenleben. Wie bei einer Mutter: Sie ist immer da!“ Das ist sie für ihre Kinder im Schülerheim. Etwa, als einer der Jungs auf die Straße rennt und angefahren wird. Sie umsorgt ihn selbst nachts, bis er wieder gesund ist. Und wird dafür ganz fest gedrückt: „Tante Esther, du bist die beste Tante der Welt!“ Es gibt viele Ereignisse, die die Schwester herausfordern. Etwa als 20 Kinder mit Windpocken versorgt werden mussten. „Ich hatte immer eine intensive Beziehung zu den Kindern, gerade auch in Krankheitszeiten.“ Schließlich kommt sie nach 27 Jahren in Japan zurück nach Deutschland, um sich um ihren Vater zu kümmern. Anschließend ist sie noch einmal für ein halbes Jahr Hausmutter für Missionarskinder – dieses Mal in PapuaNeuguinea. Darauf folgen zehn Jahre in Calw-Stammheim als Altenpflegerin. Jetzt ist sie im Ruhestand, aber sie ruht nicht: „Der Kontakt zu meinen Schülern ist immer noch so herzlich. Über hundert sind es gewesen.“ Mit handgeschriebenen Karten zum Geburtstag, E-Mails, Telefonaten und vielen Gesprächen hält sie den Kontakt. Was ihr jetzt bleibt? „Vor allem die Fürbitte.“ Und sie betont: „Ich fühle mich ganz reich beschenkt.“ Das spürt man ihr ab. Nicht umsonst klebte sie die mehr als 100 Porträts „ihrer“ Kinder in ein riesiges Herz. Josia Haupt, Student der ev. theologie an der internationalen hochschule liebenzell, verheiratet, freier mitarbeiter beim Donaukurier Die „tante esther“ Das herz von esther Glawion beginnt 1938 in Schlesien zu schlagen. Sie ist die Älteste von später fünf kindern. Schon mit 15 jahren muss sie mit der Schule aufhören, um zu arbeiten. v FotoS: JoSia HauPt
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