MISSION weltweit – Ausgaben 2016

DArum Geht’S pApuA-neuGuineA 14 Die Zahlung von Bestechungsgeldern und anderen betrügerischen Leistungen ist zum Normalfall geworden. Wer zum Beispiel nicht bereit ist, ein kleines (oder größeres) „Trinkgeld“ an Beamte abzutreten, bekommt seinen Stempel oder Dokumente erst nach langer Zeit oder gar nicht. Auch wenn das Auto auf der Straße zusammenzubrechen droht und es weder offiziell angemeldet noch versichert wurde – ein „Trinkgeld“ für den Polizeibeamten wirkt Wunder, besonders wenn Verkehrssünder und Polizist zur gleichen Volksgruppe gehören. Offiziell spricht sich jeder in PNG gegen Korruption aus und begrüßt die Einsetzung von Kontrollbehörden. Inoffiziell jedoch geht man davon aus, dass richtiges und falsches Verhalten eine Sache von kultureller Orientierung und Verpflichtung ist. Korruption und Kultur Ob nun ganz unten auf der internationalen Liste oder weiter oben, korrupte Praktiken sind auch in „Erste-Welt-Ländern“ bekannt. Jüngste Beispiele sind Unregelmäßigkeiten bei Vergaben von Großaufträgen, Machenschaften in der FIFA und Manipulation von technischen Daten in der Autoindustrie. In der englischen Sprache spricht man von „White Collar Crime“ (wörtlich: Weißer-Kragen-Verbrechen), wenn es um schmutzige Geschäfte von Leuten im weißen Hemd, mit Krawatte und Sakko geht. Ungleich dem kleinen Jungen, den ich vor einiger Zeit in einem Supermarkt beim Stehlen eines Kaugummis beobachtete, kann versierteren Leuten nicht so schnell am Zeug geflickt werden. Der Junge wurde nicht nur von mir, sondern auch von einem Sicherheitsbeamten beobachtet. Der stämmige Beamte ergriff den kleinen Übeltäter und schleppte ihn ins Schlachthaus. Vor der laufenden Fleischerbandsäge wollte man ihm eine Lektion erteilen, die er für den Rest seines Lebens nicht mehr vergessen sollte. Ein korruptes Wesen ist nicht ein länder- oder kulturspezifisches Problem. Gottes Wort lehrt uns, dass es keinen Menschen auf dieser Welt gibt, der fehlerfrei ist. Übeltäter – ob klein oder groß, ob mit blauem oder weißem Kragen – gibt es überall. Nur, und das ist meine Beobachtung, spielt die kulturelle Orientierung der Menschen eine wesentliche Rolle hinsichtlich dessen, was als Fehlverhalten und als korrektes Verhalten empfunden wird. Konsequenzen für die Gruppe wiegen schwerer Für Menschen in PNG wird das, was als Fehlverhalten und Sünde bezeichnet wird, eher sozial definiert. In westlichen Ländern geht es um Schuld, die ein Übeltäter durch den Verstoß gegen ein Gesetz auf sich geladen hat. In anderen Kulturen hingegen geht es weniger um „sachbezogenes Unrecht“, sondern um die Scham, die jemand über sich und seine Gruppe bringt, wenn sein falsches Verhalten auffliegt. Grundsätzlich wiegen für einen Neuguineer die Konsequenzen seines Fehlverhaltens für seine Gruppenmitglieder viel schwerer, als die für einen Außenstehenden. Wie das folgende Beispiel zeigt, sogar schwerer als ein Vergehen dem eigenen Arbeitgeber gegenüber. Vor einiger Zeit war ich mit dem Bau einer Musikschule auf der Insel Manus beauftragt. Baumaterial musste in der Hafenstadt auf dem Festland organisiert und per Küstenschiff auf die 400 Kilometer entfernte Außeninsel transportiert werden. Weil es sich um ein gemeinnütziges, kirchliches Jugendprojekt handelte, fragte ich im Büro der Reederei nach, ob man uns einen Nachlass bei den Transportkosten gewähren würde. Der Sachbearbeiter, der uns und unser Projekt als seine Verpflichtung verstand, verschwand mit meiner Aufstellung der Volumenangabe der Baumaterialien in seinem Büro. Bernd und Irmgard Mortsiefer haben zwei erwachsene Söhne und arbeiten seit 1983 mit wenigen unterbrechungen in papua-neuguinea, vorwiegend in der Ausbildung einheimischer mitarbeiter. bernd ist bau- und möbelschreiner und studierte am theologischen Seminar der liebenzeller mission und in den uSA. irmgard ist einzelhandelskauffrau und krankenschwester. ein korruptes Wesen ist nicht ein länder- oder kulturspezifisches Problem. Übeltäter gibt es überall Der weltweite korruptionsindex bestätigt, dass papua-neuguinea (pnG) mit einer sehr hohen korruption zu kämpfen hat. es gibt kaum eine nachrichtensendung im land, in der nicht neue korruptionsfälle bekannt werden. ob auf regierungsebene, in den behörden, der Wirtschaft, den kirchen oder beim kleinen mann: ein nicht-korruptes, transparentes verhalten ist weitgehend ausgeschlossen. Foto: JoCHen Stern

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