MISSION weltweit – Ausgaben 2016

13 miSSion weltweit 9–10/2016 interkulturelle teAmS DeutSChlAnD DArum Geht’S Lieber die Wahrheit verschweigen? Chinesen, auch Christen, drücken sich oft mit allen Mitteln darum herum, jemandem eine traurige Nachricht mitzuteilen. So erkrankte einmal in Taiwan ein 17-jähriges Mädchen unheilbar an Krebs. Niemand – weder Eltern, Ärzte noch der Gemeindepastor – brachte es über das Herz, ihr die Wahrheit zu sagen. Ein westlicher Missionar besuchte sie öfters und sagte ihr, dass keine Hoffnung mehr auf Heilung besteht. Das war schwer für das junge Mädchen. Trotzdem bedankte sie sich, weil sie sich jetzt auf ihre wahre Lage einstellen konnte. Die Wahrheit in Liebe zu sagen, ist für chinesische Christen noch schwieriger als für uns Deutsche. Kritik hinter dem rücken In China ist es unhöflich, jemand – besonders einen Vorgesetzten – direkt zu kritisieren. Chinesen haben aber trotzdem eine Möglichkeit, jemandem eins auszuwischen, wenn sie verletzt wurden. Sie tun es meistens, indem sie halbwahre Geschichtchen in Umlauf bringen. Das ist nicht nur uns passiert, wir stellten es auch bei anderen Menschen in Politik, Wirtschaft und auch in der Kirche fest. Es hilft nicht, sich gegen diese Verleumdungen zur Wehr zu setzen. Meistens wird ja der wahre Grund der Unzufriedenheit verschwiegen. Ihn direkt zu nennen, würde auf den Benachteiligten zurückfallen. Das Einzige, was hilft, ist: sich selbst prüfen, wo man Unrecht getan haben könnte und das Opfer mit viel Höflichkeit ansprechen. Heute sind die sozialen Netzwerke eine zusätzliche Versuchung, solche Verunglimpfungen weiterzugeben – leider auch unter Studenten, die nach Deutschland zum Studium kommen. Chinesische Christen müssen lernen, Dinge, die ihnen nicht gefallen, in Liebe anzusprechen, ohne zu befürchten, dass damit die Beziehung zerstört ist. Wahrheit und Angst In letzter Zeit hat der Druck auf religiöse Gemeinschaften in China zugenommen. Jetzt tauchen auch bei uns Leute aus chinesischen Hauskirchen auf, die angeben, vor religiöser Verfolgung geflohen zu sein. Da China als sicherer Staat gilt, haben sie wenig Aussicht auf Anerkennung ihres Asylverfahrens. Können Christen deshalb vorgeben, dass sie keinen Pass mehr haben? Können sie vorgeben, dass sie zuerst in Deutschland ihren Fuß auf europäisches Festland gesetzt haben? „Ehrlich währt am längsten“, sagen wir. Aber das könnte bedeuten, abgeschoben zu werden. Tragisch ist das Schicksal eines chinesischen Ehepaares. Es besuchte eine Liebenzeller Gemeinschaft in Süddeutschland und erzählte von Verfolgungen, die sie und ihre Eltern erlitten haben. Doch eines Tages gaben sie zu, dass der Ehemann in seiner Funktion als Regierungsbeamter Geld unterschlagen hatte, obwohl er Christ ist. Sie waren geflohen, um einer Bestrafung zu entgehen. Leider gelang ihren beiden erwachsenen Söhnen die Flucht nicht, und sie landeten im Gefängnis. Darauf entschieden die Eltern, nach China zurückzukehren und sich ihrer Strafe zu stellen, damit ihre Söhne freikommen. Bei der Wahrheit zu bleiben ist nicht immer einfach. Zu vertrauen, dass Gott es recht macht, ist manchmal sehr schwer – nicht nur für Chinesen. Zur Wahrheit führen Hier haben wir nur einige Problemfelder angeführt, denen wir in der Arbeit unter Chinesen in Deutschland begegnen. Danke, wenn Sie weiter im Gebet daran denken, dass chinesische Studenten in Deutschland nicht nur einen akademischen Abschluss machen und vielleicht eine gut bezahlte Arbeitsstelle finden, sondern dass sie auch Jesus begegnen und ihm in Wahrheit nachfolgen. Siegfried und Marianne Ulmer l Chinesen in Deutschland: es gibt mehr als 230 000 ausländische Studenten in Deutschland, wobei die Chinesen mit rund 30 000 mit Abstand die größte Gruppe sind. mehr als 2500 chinesische wissenschaftliche mitarbeiter sind an deutschen universitäten angestellt.* insgesamt leben mehr als 150 000 Chinesen in Deutschland, etwa 40 000 allein in baden-Württemberg. ** Mission unter Chinesen in Deutschland: Wir arbeiten im „forum für die mission unter Chinesen in Deutschland (fmCD)“. es ist eine plattform von gut 20 mitarbeitern (mehrheitlich Chinesen), die 17 chinesische Gemeinden und mehr als 60 bibelkreise in ganz Deutschland betreuen. Das fmCD betreibt eine chinesische leihbibliothek und organisiert evangelisations- und Schulungsfreizeiten. bei der letzten freizeit nahmen an ostern in frankfurt rund 250 erwachsene teil. Zur jugendfreizeit kamen mehr als 50 jugendliche. Die zweite Generation spricht besser Deutsch als Chinesisch. Unter Chinesen in Baden-Württemberg: von unserem heimatort Schönaich aus betreuen wir den chinesischen bibelkreis in tübingen (15 teilnehmer, die hälfte Doktorstudenten) und den in reutlingen (zehn, überwiegend mütter). Gelegentlich besuchen wir den bibelkreis in konstanz (zehn) und die Gottesdienste in freiburg (zehn), kornwestheim (25) und heidelberg (40). für den Sommer 2016 sind mehrere taufen geplant. Quellen: * www.wissenschaftweltoffen.de/kompakt/wwo2016_kompakt_de.pdf ** www.chinanetz.info/chinesen-deutschland-und-berlin/ und http://de.statista.com/statistik/daten/studie/234078/umfrage/ chinesische-unternehmen-in-deutschland-nach-bundeslaendern/ Reutlingen: Besucherin des chinesischen Bibelkreises mit ihrer Tochter FotoS: SieGFrieD unD marianne ulmer mithelfen: SPenDenCoDe 1062-32 interkulturelle teams

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