9 missiOn weltweit 1–2/2021 JaPan darum geht’s Von dieser Spannung sind wir Missionare nicht ganz ausgenommen. Unser Auftrag ist es, den Menschen die frohe und rettende Botschaft von Jesus Christus zu bringen. Um ihn verwirklichen zu können, sind wir auch auf ausreichende finanzielle Unterstützung angewiesen. In einer Wirtschaftsnation wie Japan spielen Erfolg und Zahlen schon früh eine große Rolle. Besonders wichtig sind die Aufnahmeprüfungen für die weiterführenden Schulen oder Universitäten. Erreicht man genug Punkte, ist einem ein erfolgreiches Berufsleben fast schon sicher. Deshalb erhofft man sich den Beistand der Götter. Häufig wird auf den am Shinto-Schrein aufgehängten Gebetstäfelchen die Bitte um Erfolg in Schule oder Beruf genannt. Was aber, wenn der ausbleibt oder die Zahlen nicht stimmen? Diese Angst führt zwangsläufig zu einem hohen Erfolgs- und Leistungsdruck. In meiner eigenen Schullaufbahn haben die Zahlen bzw. Noten nicht immer gestimmt. Ich habe auch meine erste große Japanisch-Prüfung vor Augen: Alles Zusammenzählen der Punkte half nichts, ich war durchgefallen. Aber für unsere Arbeit war das nicht die Endstation. Wenn wir Bilanz ziehen Bevor wir uns auf die neue Gemeindegründung konzentrierten, schauten wir zurück: Was lief in den vergangenen Jahren gut, was eher nicht? Dabei ertappte ich mich, wie ich versuchte, den Erfolg in Zahlen zu messen. Wie viele Ziele konnten wir verwirklichen, wie stark wuchs die Jugendarbeit, wie viele Personen durften wir taufen usw. Da gibt es durchaus Zahlen, die sich sehen lassen können – aber haben wir das aus eigener Kraft geschafft? Mit Sicherheit nicht! In Epheser 2,10 heißt es: „Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen.“ Als Missionare haben wir unser Bestes gegeben. Doch Gott hat Menschen und Situationen vorbereitet, die wir dann (aus menschlicher Sicht) zum Erfolg bringen konnten. Es gibt auch Erlebnisse, die meine scheinbare Erfolgsbilanz vermiesen könnten. Ich denke an das Gespräch mit einem Mitarbeiter in der Jugendarbeit. Offen gesteht er mir: „Ich habe die Schnauze voll von Gott!“ Enttäuscht hat er seinen Dienst und leider auch seinen Glauben quittiert. Nicht gerade ein Erfolg, wenn sich junge Leute von Jesus abwenden, anstatt geistlich zu wachsen. Aber Gott sei Dank geht es nicht um unsere eigene Erfolgsbilanz! Ich darf darauf vertrauen, dass Gott seinen Weg mit diesem jungen Mann weitergeht. An vielen Geschichten in der Bibel sehen wir, dass Gottes Sicht auf Erfolg manchmal eine ganz andere ist als unsere. Vor allem Josef hat mich in den vergangenen Jahren besonders begleitet. Er wird als ein Mann beschrieben, „dem alles glückte“ (1. Mose 39,2). Aber bei genauem Hinsehen verlief seine Erfolgskurve nicht konstant nach oben. Sie glich vielmehr einer Zickzackkurve mit Höhen und Tiefen, und gerade an den Tiefpunkten zeigt sich der „wahre Erfolg“: Josef war Gott treu und war ihm in jeder Lage nahe. Und Gottes Treue zu Josef und auch zu uns ist die Konstante, die in allen Erfolgen und Misserfolgen die nötige Stabilität gibt. Das lässt mich im Nachhinein die vergeigte Japanisch-Prüfung und sonstige Misserfolge als Erfolgserlebnisse sehen. Warum? Weil ich dadurch Gott näherkam und lernte, in jeder Lage mit ihm zu rechnen. Lothar und tabea Sommer leben seit 2008 in Japan und waren bis Juli 2020 in einer großen Gemeinde in Yokohama-Hongodai im Einsatz, vorwiegend in der Jugendarbeit. Jetzt gründen sie eine Gemeinde in Inagi, einem Vorort Tokios mit rund 90.000 Einwohnern. Lothar war vor seinem B.A.-Theologiestudium in Bad Liebenzell Krankenpfleger, Tabea ist Groß- und Außenhandelskauffrau sowie Heilerziehungspflegerin. Die beiden haben zwei Kinder. Gebetstafeln in einem Schrein Bild linke Seite: In Stoßzeiten sind die U-Bahnen übervoll. mission in Japan: Wenn die zahlen nicht stimmen Gemeinsames Fazit egal, ob als geschäftsmann oder als missionar, wir wollen sichtbare erfolge dankbar annehmen und uns daran freuen. Von misserfolgen möchten wir uns diese Freude nicht nehmen lassen und unseren Wert nicht daran messen. gott sägt uns nicht ab, wenn die zahlen mal nicht stimmen. er ist treu! Philipp Metzger und Lothar Sommer l FoToS: LoTHAR SoMMER
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