17 russlaNd darum geht’s missioN weltweit 5–6/2021 FotoS: S. Sabine MatthiS Wir waren weit entfernt davon, an so etwas zu denken. Ich verschwendete keinen Gedanken mehr daran. Weshalb auch? Ich war nach Russland gekommen, um zu helfen, eine Gemeinde zu bauen – und nicht Gebäude. So war jedenfalls mein Denken. Die Gemeinde formierte sich langsam. Drei Jahre nach dem Beginn konnten wir sie offiziell registrieren. Doch wir waren in Miete, und das gab uns wenige Möglichkeiten, die Arbeit auszuweiten. Größere Räumlichkeiten waren für die Gemeinde zu teuer. Die Frage bewegte uns, wie es weitergehen könnte. Da keimte wieder der Gedanke auf, eine Kirche zu bauen. Der Gemeindeleiter fragte schließlich bei der Stadtverwaltung nach, ob wir umsonst ein Grundstück bekommen würden. In der Kirchenleitung wurde das Projekt zur Genehmigung eingereicht. Etwas nahm Gestalt an, das ich mir nicht vorstellen konnte. Doch ein Gedanke hatte sich bei mir festgesetzt: Wenn hier eine Kirche gebaut wird, werden wir vor unseren Augen ein Wunder sehen! Und so war es: Während ich 2018 im Reisedienst in Deutschland war, erreichte mich die Nachricht übers Mobiltelefon: „Wir haben das Grundstück bekommen!“ eine unerwartete Wende Jetzt hatten wir als Gemeinde alle Hände voll zu tun. Wir hatten alles und nichts. Einen Bauplatz, aber keine Mittel. An vielen Stellen baten wir um Unterstützung. Es war nicht einfach. Wer will schon in ein Projekt investieren, bei dem nicht sicher ist, wie es ausgeht? Aber Gott schenkte uns Unterstützer in Russland, und wir dachten: „Alles ist geregelt!“ Doch kaum hatten wir mit dem Fundament begonnen, gab es schon Probleme mit der zugesagten Unterstützung. Wie sollten wir weitermachen? Es ging doch auf den Winter zu, und das Fundament musste fertiggestellt werden! Wir saßen in meiner Küche und überlegten. Das war der Moment, als Gott die ganze Gemeinde in die Verantwortung nahm. Jeder steuerte zu den Kosten bei, soviel er konnte. Wir lernten: Manchmal erwartet Gott Opfer von uns, die wehtun. Wir erlebten Höhen und Tiefen in der Bauphase, doch sie dienten unserem Zusammenwachsen. Und am 20. Dezember 2020 konnten wir die Einweihung feiern – auch wenn noch nicht alles fertig war. Kürzlich war ich bei Nadja. Sie ist schon älter und kann die Gemeinde aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr besuchen. Nadja sagte: „Ich dachte nicht, dass ich die Fertigstellung der Kirche noch erlebe.“ Sie konnte an der Einweihung und an Weihnachten dabei sein. Man sah ihr an, wie viel ihr das bedeutete. Ich hätte sicher keine Kirche gebaut. Aber Gott hatte eine andere Sicht auf die Dinge. Unser Anliegen ist, dass Menschen in unserer Gemeinde Jesus begegnen und Rettung finden. Schwester Sabine Matthis l Schwester Sabine Matthis lebt seit September 2006 in russland. nach dem Sprachstudium arbeitete sie zunächst in der gemeinde in Jekaterinburg mit. Seit 2009 ist sie in der gemeindegründung in berjosowski engagiert. ihr beruf ist altenpflegerin, ihre berufung führte in die ausbildung an der bibelschule und in die Schwesternschaft der Liebenzeller Mission. Von 1989 bis 2005 war Schwester Sabine in der gemeinschaftsarbeit in deutschland tätig. rundbriefe erwünscht? www.liebenzell.org/matthis denn ich kenne ja die gedanken, die ich über euch denke, spricht der herr, gedanken des friedens und nicht zum unheil, um euch zukunft und hoffnung zu gewähren. Jeremia 29,11 Wir werden ein Wunder sehen Vor mehr als zehn Jahren, als es noch keine gemeinde in berjosowski gab, sagte sergej nach einem gottesdienst zu mir: „sabine, wir bauen eine Kirche, ja?“ Nicht wirklich ernst gemeint antwortete ich: „Ja, wir bauen eine Kirche.“ damals war mir die tragweite dieser Worte nicht bewusst ich war nach russland gekommen, um zu helfen, eine gemeinde zu bauen – und nicht gebäude. Die Kirche vor der Einweihung. Kleines Foto: Konfirmationsgottesdienst in der Gemeinde im Februar 2021
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