MISSION weltweit – Ausgaben 2021

9 ecuador darum geht’s schaftsschule für Schulabgänger anzubieten. Denn viele konnten aufgrund der Pandemie ihr Studium nicht beginnen. Das Programm nahm Formen an. Doch dann wurde es von drei auf einen Monat verkürzt – und schließlich komplett abgesagt. Die Not war nicht so groß gewesen, wie es anfangs schien. Ein weiterer Dämpfer. Und dann gingen türen auf – unerwartet und wunderbar Über einen ecuadorianischen Kollegen bekamen wir im August 2020 Kontakt zu einem Waisenhaus in Ibarra. Dessen Leitung erlaubte uns, mit Masken und Abstand eine Kinderbibelwoche abzuhalten. Aus den ersten fünf Nachmittagen entwickelte sich ein regelmäßiger Kinderclub im Waisenhaus. Was für eine wunderbare Chance, den Kindern von der Hoffnung weiterzugeben, die Jesus schenkt! Die zweite Tür führte auf die Straße zu den vielen, meist durchreisenden Flüchtlingen und von Armut betroffenen Menschen. Mit einem kleinen Team begann Sebastian, das von Gemeindegliedern gekochte Mittagessen abzuholen und an die „Leute auf der Straße“ zu verteilen. Die Reaktionen auf das geschenkte Essen, das gemeinsame Gebet und die kleine Andacht waren unterschiedlich: Manche Leute nahmen es wie selbstverständlich an. Andere waren beschämt und wollten den Helfern nicht mal in die Augen schauen. Aber die meisten waren sehr dankbar. – Diese unerwartete neue Aufgabe war und ist für uns in der Krise erfüllend und sinnvoll. Die dritte Tür, die sich öffnete: Wir richteten ein Seelsorge-Telefon ein für Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. Zusammen mit meinem Seelsorgerinnen-Team wurde die Umsetzung geplant. Eine solche Einrichtung ist ungewohnt in Ecuador, deshalb ist die Leitung noch nicht „heiß gelaufen“. Aber es haben sich doch schon einige Frauen gemeldet, und wir können mit ihnen in Kontakt sein. ich staune und lerne im kontrollverlust Im Rückblick staunen wir, wie Gott trotz und in der Pandemie wirkt und – nachdem er geplante „Durchgänge“ zunächst verschlossen hat – ganz andere, unerwartete Türen öffnet. Für mich war es lehrreich zu erleben, wie unsere ecuadorianischen Freunde und Kollegen mit der ungewissen Situation umgingen. Für uns Deutsche war die Ungewissheit und Unsicherheit fast unerträglich. Es fühlte sich daher eher wie billiger Trost an, wenn die ecuadorianischen Christen sich gegenseitig und uns zusprachen: „Dios tiene el control“ (Gott hat die Kontrolle) oder „Él tiene un propósito“ (Gott hat eine Absicht damit). Innerlich machten mich diese Aussagen (denen ich ja generell zustimmte!) schier wahnsinnig, weil ichweder Gottes Absicht noch seine Souveränität in der aktuellen Lage sehen konnte. Hatte er tatsächlich noch die Kontrolle? Wollte er nicht auch, dass das Haus für die Frauen entsteht? Wollte er sich tatsächlich die Chance entgehen lassen, ein begabtes impact-Team hier in Ecuador zu gebrauchen? ich finde Vorbilder Natürlich glaubte ich, dass Gott die Kontrolle hat. Aber ich lebte nicht entsprechend. Was mich anfangs beinahe wütend machte, wurde mir durch die Pandemie ein Trost. Die Menschen in Ecuador leben längst mit vielen Unsicherheiten: zwischen aktiven Vulkanen, mit möglichen Erdbeben, in einer instabilen politischen und wirtschaftlichen Lage. Sie scheinen Ungewissheiten viel gelassener hinnehmen zu können als ich. Und so kann ich im Rückblick sagen, dass mir unsere ecuadorianischen Geschwister im Blick auf ihr Vertrauen in Gottes Kontrolle, seine Pläne und seine Souveränität zum Vorbild geworden sind. Ich kann von ihnen lernen, den Verlust von eigener Kontrolle und Plänen voller Zuversicht in Gottes Hände zu gehen, um bei ihm Trost und Frieden zu finden. Für den Herrn der Welt ist der abrupt beendete impact-Einsatz nicht unvollständig. Und ER scheint mit der Eröffnung des Casa Ágape noch Zeit zu haben. Tabea Ruf l Sebastian und tabea ruf leiten seit Sommer 2018 die impact-teams im norden ecuadors und entwickeln mit dem Frauenhaus „casa Ágape“ in ibarra ein neues projekt. Sebastian hat nach der ausbildung zum Forstwirt an der interkulturellen theologischen akademie (ita) studiert, tabea „theologie und Soziale arbeit“ an der internationalen hochschule Liebenzell (ihL). die beiden haben zwei töchter. rundbriefe erwünscht? www.liebenzell.org/ruf in lateinamerika werden sehr viele frauen geschlagen, sexuell oder seelisch misshandelt. in ecuador ist jede Vierte ein opfer von missbrauch. deshalb wird in ibarra das „Casa Ágape“ (haus der liebe gottes) geplant, ein zufluchtsort für frauen, die unter häuslicher gewalt leiden. hier sollen sie zur ruhe kommen, von gottes fürsorge und liebe erfahren und eine neue Perspektive gewinnen. * Viele impact-einsätze (weltweite kurzeinsätze der Liebenzeller Mission) finden im rahmen eines internationalen Jugendfreiwilligendienstes statt. dabei handelt es sich um einen vom Staat geförderten Lern- und bildungsdienst. Kinderclub im Waisenhaus Kochen für die Verteilaktion Foto: hugo bedaya Foto: ÁngeL caStro

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