MISSION weltweit – Ausgaben 2021

6 darum geht’s mittlerer osten Obwohl ich Abenteuer schon immer geliebt habe, kam mir nie wirklich in den Sinn, selbst Missionarin zu werden. Das passierte erst, als mir die Dringlichkeit bewusst wurde, dass alle Menschen weltweit das Evangelium hören müssen. Und als mein Mann und ich uns vor einigen Jahren Gedanken machten, in welches Gebiet der Welt wir ausreisen könnten, wurden wir auf eine schmerzhafte Wirklichkeit aufmerksam: Zwischen dem 10. und 40. Breitengrad nördlich des Äquators – also von Nordafrika über den Mittleren Osten bis nach Asien – leben die meisten unerreichten Volksgruppen dieser Erde! Und das Schockierende: Nicht einmal zehn Prozent aller Missionare arbeiten in diesem Bereich der Welt. Womit wir rechnen mussten „Das muss sich ändern!“, dachten wir. Uns war bewusst, dass wir nicht mit „Erfolgszahlen“ rechnen könnten. Wir würden „undercover“ in diesem Teil der Welt arbeiten, das heißt einen ganz normalen Job haben, durch den man eine Identität vor Ort bekommt und der Visa ermöglicht. Offizielle Missionsarbeit ist verboten, lokale Gemeinden sind untersagt, kein Predigen, kein öffentliches Evangelisieren, keine Kirchengebäude. All das könnte und hätte man vermutlich in vielen anderen Ländern. Wir aber würden „einfach nur“ Alltag, Glauben und Leben mit den Menschen teilen. 2017 reisten wir zum ersten Mal in die arabische Welt aus, um zwei Jahre lang die Sprache zu lernen. Wir mussten viel Demut und Geduld aufbringen, konnten wir uns zu Beginn doch kaum mit den Einheimischen verständigen. Auch kulturell gab es und gibt es immer noch viel zu lernen. Oft fühlt sich das Leben als Missionar überhaupt nicht so an, wie ich mir das früher immer vorstellte. In Deutschland hatte ich im Glauben gelebt, dass Missionare große Helden sind. Aber wir fühlten uns eher wie das Gegenteil. Nehmen statt geben Anstatt geben zu können, hatten wir so viel zu nehmen: Einheimische mussten geduldig mit uns sein, bis wir uns mit ihnen verständigen konnten. Wir wurden durch die großartige Gastfreundschaft der Araber wahrscheinlich dreimal so oft eingeladen, wie wir Möglichkeiten bekamen, Menschen bei uns zu Hause willkommen zu heißen. Es dauerte lange, bis wir biblische Geschichten auf Arabisch weitererzählen konnten. Und auch dann waren die Möglichkeiten, den Glauben verbal mitzuteilen, eher selten. Doch obwohl wir uns oft so unnütz fühlten, oder wahrscheinlich gerade deshalb, erlebten wir immer wieder, wie Gott uns gebrauchte Besonders an unseren schwächsten Tagen: Einmal war ich mit einer Bekannten verabredet und wollte ihr kurz zuvor absagen, weil ich mich krank und müde fühlte. Doch irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich mich trotzdem mit ihr treffen sollte. Und dann bekam ich die Möglichkeit, meine Lebensgeschichte und damit das Evangelium mit ihr zu teilen! Das fühlte sich für mich so erfüllend „abenteuerlich“ an, und ich kam selten so glücklich nach Hause! Aus dem „Nur“ werden Möglichkeiten Ja, manchmal haben wir solche besonderen Tage und bekommen die Möglichkeit, den Glauben verbal mit Einheimischen zu teilen. Doch oft ist es „nur“ ein am Leben Anteil nehmen und geben: Die Nachbarin besuchen, wenn sie ein Baby bekommen hat. Meine Freundin anrufen, wenn ich höre, dass sich ihre Tochter verletzt hat. Ein gemeinsames Kaffeetrinken oder Ko- chen. Und bei all dem hoffen und beten, dassMenschen einenUnterschied in unserem Leben sehen. Wandel durch soziale Medien Auch hier in der arabischen Welt wird von einem „Wandel der Mission“ gesprochen, weil soziale Medien eingesetzt werden, umMenschen auf den christlichen Glauben aufmerksam zu machen. Im Durchschnitt nutzt ein Einheimischer in dem Land, in dem wir leben, sechs Stunden pro Tag (!) soziale Medien wie WhatsApp, Instagram und TikTok. Ich will euch von Mohammad erzählen. Er wurde wie alle anderen Jungen in seiner Familie und Nachbarschaft als guter Muslim erzogen: Die ersten Worte, die in sein Ohr geflüstert wurden, waren das islamische Glaubensbekenntnis. Schon als kleiner Junge ging er stolz mit seinem Obwohl wir uns oft so unnütz fühlten, oder wahrscheinlich gerade deshalb, erlebten wir immer wieder, wie Gott uns gebrauchte. Mit dem Leben den Glauben teilen Wenn ich als Kind einen Missionar traf, dann schrie das förmlich nach Abenteuer. Seit ich denken kann, sind Missionare und Abenteuer für mich äquivalent: in einem fremden Land – womöglich im Urwald – leben, Insekten essen und eine neue Sprache lernen.

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