MISSION weltweit – Ausgaben 2018

7 ecuador darum geht’s mission weltweit 5–6/2018 „Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er mir hilft mit seinem Angesicht.“ (Psalm 42,6) Ausharren in der Stille, das ist nicht immer einfach. Harren bedeutet für mich zunächst ertragen, erdulden, erleiden. Eine Situation aushalten, in der ich aktiv nichts bewegen kann, sondern schlichtweg das Gefühl habe: Mir sind die Hände gebunden. Harren heißt aber auch, loslassen; nicht alles im Griff haben müssen, nicht alles steuern können, sondern vielmehr zu erwarten und bis zu dem Moment auszuharren, in dem ER handelt. Ich setze also all meine Hoffnung in Gottes Liebe, Macht und Güte. Warten hat auch viel mit Erwartung zu tun. Gott handelt trotzdem, auch wenn ich denke, dass er meine Gebete nicht erhört. Manchmal erkennen wir erst in der Rückschau, wo und wie Gott wirkte – und manchmal bleibt uns das auch verborgen. Medizin und Evangelium Kurz nach dem Ende der Arbeit in Tunibamba besuchte uns ein Ärzteteam aus den USA. Sie wollten Quichua-Indianer in den Dörfern behandeln und baten mich um Hilfe beim Übersetzen und beim Verteilen von Medikamenten im Quichua-Dorf Calera. Im Wartezimmer erzählte ich den Menschen, wie man sich gesund ernährt. Und ich sagte ihnen die Frohe Botschaft von Jesus weiter. Frauen wie Männer hörten interessiert zu. Einige kamen nach der Behandlung oder am Nachmittag wieder, um mehr zu hören. So etwas hatte ich noch nie zuvor erlebt. Es schien eine große Offenheit für Gott und sein Wort da zu sein! Elena aus Calera Mein Blick fiel auf eine Frau, die ziemlich besorgt und traurig aussah. Sie saß mit ihren drei erkälteten Kindern da und wartete, bis sie aufgerufen wurde. Wir unterhielten uns eine Weile, und beim Verabschieden schenkte ich ihr ein Neues Testament. Ich schrieb mir ihren Namen auf und hängte ihn an meine Pinnwand, um für sie und ihre Familie zu beten. Drei Monate nach dem Ärzteeinsatz erhielt ich einen Anruf. Die Nummer war mir unbekannt. „Hallo, ich bin’s, Elena. Kannst du dich noch an mich erinnern? Wir haben uns bei den Ärzten in meinem Dorf Calera kennengelernt. Wohnst du immer noch in Cotacachi? Ich müsste unbedingt mal mit dir reden!“ Wir verabredeten uns für den darauffolgenden Tag bei ihr zu Hause. Dort erzählte sie mir unter Tränen, dass ihr Ehemann sie körperlich und psychisch schlecht behandelt und mit einer anderen Frau betrügt. Plötzlich verschwand sie für einen Augenblick. Sie kam mit dem Neuen Testament zurück, das ich ihr geschenkt hatte. Es sah bereits ziemlich abgenutzt aus. Elena erzählte, wie sie darin gelesen hatte und die Worte ihr zum Trost wurden. Ich bot ihr an, dass wir uns wöchentlich zum gemeinsamen Bibellesen treffen könnten. Nach den ersten beiden Treffen erzählte sie mir von ihrem Bruder Edison, der ebenso interessiert sei, Gottes Wort zu hören. Noch am gleichen Nachmittag gingen wir zu Edison und seiner Familie. Ich erzählte ihnen, was Jesus für sie am Kreuz getan hat, und sie wollten mehr erfahren. Und so begannen Elena, Edisons Familie und ich, uns wöchentlich zum Bibellesen zu treffen. Vom Fußballspiel zum Hauskreis Jedes Mal, wenn ich durch Calera ging, versammelte sich eine Traube Kinder um mich, um Fußball zu spielen. Es wurden immer mehr, und so begann ich, den Kindern nach dem Spielen von Jesus zu erzählen. Manchmal kamen Eltern auf mich zu und bedankten sich. Einige fragten, ob ich sie besuchen und auch ihnen von Gott erzählten könnte. Bald konnte ich in zehn Häusern mit Frauen die Bibel lesen. Dadurch lernten sie Jesus kennen, und einige von ihnen luden IHN in ihr Leben ein. Bald wollten sich die ersten drei taufen lassen. Nach ihrer Taufe bekannte eine Frau: „Nun brauche ich den Alkohol nicht mehr, denn ich habe Jesus gefunden.“ Die Ablehnung in Tunibamba war schwer. Doch wenn ich heute zurückdenke, kann ich erkennen, dass Gottes Pläne viel größer sind als meine oder alles, was ich mir ausdenken kann. Mein Platz war nun in Calera. Ich vertraue darauf, dass Gott auch mit Tunibamba einen guten Plan hat. Es ist wichtig und lohnt sich, im Gebet dranzubleiben und auch für Durststrecken Gottes Macht zu vertrauen. Ramona Rudolph l Wir beten nicht, um Gott zu informieren – denn das würde heißen: er weiß nicht! Wir beten nicht, um Gott zu motivieren – denn das würde heißen: er will nicht! Wir beten nicht, um Gott zu aktivieren – denn das würde heißen: er kann nicht! Sondern wir beten, weil wir das Gespräch mit dem Vater brauchen, und um unseren Willen in seinen Willen zu legen! Siegfried Kettling Links: Der inzwischen große Hauskreis in Calera Unten links: Momentan gibt es keine Möglichkeit, in Tunibamba das Evangelium weiterzusagen. Fotos: ramona rudolph Elena kocht für eine Hochzeit. Diese dauert drei Tage, täglich kommen mehrere Hundert Gäste. Wie bei einem typischen gemeinsamen Arbeitseinsatz der Quichua, einer Minga, helfen viele Freiwillige.

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