MISSION weltweit – Ausgaben 2018

21 RATLOS MISSION weltweit 1–2/2018 Noch selten in der jüngeren Geschichte war der Ruf nach „Hauptamtlichen“ für Deutschland so groß wie heute. Wenn Verbandsleitungen die Flucht nach vorne wagen und missionarische Arbeiten initiieren, sind das Entscheidungen, die Geistesleitung, Mut und unsere Unterstützung brauchen. Dass wir in der geistlichen Krisensituation unseres Landes mit dem so guten Zuspruch unserer Internationalen Hochschule Liebenzell (IHL) und Interkulturellen Theologischen Akademie (ITA) beschenkt sind, ist für uns ein Wunder und ein Privileg. Noch nie in der fast 120-jährigen Geschichte der Liebenzeller Mission konnten wir so viele junge Menschen für den Dienst in Gemeinde und Mission ausbilden und senden. Soweit – so gut? Leider nein. Obwohl die Gründung von IHL und ITA stimmig erscheint und im Vertrauen auf Gott geschah, hapert es, denn: 1. Die wichtigen Herausforderungen in der Heimat stehen in scheinbarer Konkurrenz zum Auftrag in der weiten Welt. Missionare im Ausland bekommen Bestätigung für ihren Dienst einerseits und kritische Rückfragen andererseits. Der Missionsauftrag wird von den meisten Christen hierzulande nicht in Frage gestellt. Wir in der Heimat spüren immer deutlicher, dass in der Welt ein großer Bedarf an bezeugtem Glauben und der Einladung zu Jesus besteht. Doch jetzt, wo das Erbe von Reformation und Erweckung gesellschaftlich abgelehnt und demontiert wird, haben wir auch im eigenen Land großen Handlungsbedarf. Hinzu kommt die Herausforderung der globalen Migration. Auf beide Veränderungen haben wir uns eingestellt und die Missions- und Schulungsarbeit in Deutschland deutlich verstärkt. 2. Der Auftrag, in die Welt zu gehen, ist schwieriger geworden. Während unserem Teil der Welt seit mehr als 70 Jahren Frieden geschenkt ist, erlebten andere Länder Kriege und tiefe politische Krisen und Trennung statt Vereinigung. Während westliche Missionare als Bürger reicher und stabiler Länder in besten Schulen ausgebildet werden und sich ihre Welt technisch rasant verbessert, befinden sich andere Teile der Welt auf der Abwärtsspirale; sie können mit dem Tempo nicht Schritt halten und fallen zurück. Deshalb müssen junge Missionare aus einer materiell reichen und gesellschaftlich freien Kultur heute viel weiter „springen“ und größere Gräben überwinden als noch vor 20 Jahren. Dieser Weitsprung bewirkt auch Verwundungen und Misslingen, und er fordert neue Wege der Vorbereitung und Begleitung. Dabei ist die Notwendigkeit der Mission nötiger geworden denn je. Wir sind uns einig, gerade dorthin das Evangelium zu tragen, wo es extrem dunkel ist. Gelingt den jungen Boten der Sprung? 3. Wo die tragende Basis der Mission nicht wächst, kann die Arbeit nicht ausgeweitet werden. Beißt sich hier die Katze in den Schwanz? Wo wenig Wachstum, da wenig Mission – wo wenig Mission, da wenig Wachstum? In der westlichen Welt sind wir vom wirtschaftlichen Denken geprägt. Wir wollen verantwortlich planen, auch für unsere Mitarbeiter. Wo kommt das an eine Grenze, und wie sollen wir auf Grenzerfahrungen glaubend und verantwortlich reagieren? Diese beschriebenen Analysen beschäftigen uns oft. Unsere Ratlosigkeit wird aber auch immer wieder durchbrochen von der entscheidenden Tatsache, dass Jesus diesen Auftrag zur Mission gegeben hat. Er als Auftraggeber macht den Unterschied. Martin Auch, verheiratet, vier Kinder, war Missionar in Bangladesch und leitet als Missionsdirektor die weltweiten Aktivitäten der Liebenzeller Mission. Die Zahl der Christen in Europa nimmt ab, während sie in allen anderen Teilen der Welt wächst. Wie gehen wir damit um, dass Missionszentrale und Unterstützerbasis im Herzen des geistlich schwächelnden Europas liegen? Ratlose Mission!? Bilder: Ramona Rudolph in Ecuador, Sven Mitschele in Sambia und Sabine Anderson in Burundi „Bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende.“

RkJQdWJsaXNoZXIy Mzg4OTA=