MISSION weltweit – Ausgaben 2018

6 darum geht’s bangladesch Wir verstehen nur Gesprächsfetzen: „Wie kannst du so etwas behaupten …“ – „Du machst meinen guten Ruf kaputt ...“ – „Wenn ich das dem Schulleiter sage, verlierst du deinen Job …“ Schusmita, die Nichte meiner Kollegin, zankt mit Probol, dem Kochgehilfen. Was ist passiert, womit hat er sie so aufgebracht? Probol hatte angedeutet, Schusmita habe ein uneheliches Kind, und dieses Gerücht verbreitet sich in Windeseile. Wir wollen herausfinden, wie Probol zu dieser Annahme kommt, bekommen aber keine klaren Antworten. Was ist wahr an der Behauptung? Ist das Baby, das sie am Morgen im Arm hielt, tatsächlich ihr eigenes? Schusmita sagt, sie hätte nur eine Adoption vermittelt. Hat Probol etwas einfältig falsche Schlüsse gezogen, als er Schusmita mit dem Kind von der Rikscha steigen sah? Oder verfolgt er böswillige Absichten? Er muss sich vor der Schulleitung verantworten. Eine Entlassung steht im Raum. Die adoption … Zur selben Zeit überbringt uns Amita, eine gute Bekannte, die Nachricht, dass ihr lang gehegter Kinderwunsch in Erfüllung gegangen sei. Da sie keine eigenen Kinder bekommen kann, hatten sie und ihr Mann Interesse an einer Adoption bei der MutterTeresaKinderstiftung angemeldet. Das ist ein sehr langwieriges und teures Unterfangen mit wenig Aussicht auf Erfolg. Doch freudestrahlend erzählt Amita nun, dass ein minderjähriges Mädchen in einem etwas weiter entfernten Krankenhaus ein uneheliches Kind zur Welt gebracht und zur Adoption freigegeben hätte. Weil sie katholisch sei, hätte sie gerne, dass das Kind in einer christlichen Familie aufwächst. Nach und nach erfahren wir, dass Amita das Kind schon abgeholt und auch die Krankenhauskosten für die arme, leibliche Mutter bezahlt hat. Nun muss Amita das Kind anmelden, denn die Nachbarschaft stellt schon unangenehme Fragen. Was, wenn die Polizei vor der Tür steht und fragt, woher das Kind ist? Kinderhandel wird in Bangladesch als schweres Verbrechen geahndet. Amita zeigt uns ein Schreiben der leiblichen Mutter, in dem diese alle Rechte und Pflichten abtritt und sich verpflichtet, in der Zukunft keinerlei Ansprüche zu stellen. Um die Mutter und auch die Adoptiveltern zu schützen, wurden die Namen in der Urkunde verändert. Wie bitte? Dieses reichlich abgestempelte und von verschiedenen amtlichen Stellen beglaubigte Dokument, das sie so stolz vorweist, bietet mit derlei absichtlichen Verfälschungen keinerlei rechtliche Handhabe. Wir raten ihr, sich nicht in Unwahrheit verstricken zu lassen. Gott steht zu den Gerechten. Tabus in Bangladesch: man stellt sich nicht gegen die meinung der mehrheit. man sagt nicht nein. Älteren Personen oder vorgesetzten widerspricht man nicht. schusmitas baby? es kommt öfter vor, dass das gezänk der nachbarinnen hinter der mauer des schulgeländes den ständigen geräuschpegel von klingelnden rikschas und hupenden bussen übertönt. doch an diesem tag wird direkt unter unserem fenster gestritten. Die Namen wurden zum Schutz der Beteiligten verändert. Kein Bild steht in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Artikel.

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