MISSION weltweit – Ausgaben 2018

13 mission weltweit 7–8/2018 malawi darum geht’s Foto: michael volz Foto: damaris wessinger Foto: joachim berger Foto: simon heidt fühlte ich mich in der Rolle, ihm noch einmal eine Vorlage zu geben. So fragte ich: „Gibt es sonst noch was zu klären?“ Nein, alles Anstehende sei besprochen worden. Ist ja interessant, dachte ich. Mal wieder so eine Sache, bei der keiner den Mut hat, den Mund aufzumachen – bis es am Ende richtig knallt und zum offenen Streit kommt. Dicke Luft und gutes Essen Am nächsten Tag kam der Chef zu mir: Er hätte die Unstimmigkeiten klären können. Ich hätte ja gesehen, dass er den Arbeitern gestern fürs gemeinsame Mittagessen ein Huhn gekauft hatte. Das hätte allen geschmeckt und die angespannte Situation gelockert. Bei dieser Gelegenheit hätte er die nötigen Dinge ansprechen und den Konflikt lösen können. Trotz meiner langjährigen Erfahrung in Malawi habe ich mal wieder gestaunt, wie man „dicke Luft“ mit dem Geschmack eines guten Essens beseitigen kann und dann die Gelegenheit hat, das anzusprechen, was gesagt werden muss – ohne dass die Beteiligten „explodieren“. In solchen Konfliktgesprächen ist wichtig, dass auch in der Stimme keinerlei Anzeichen von Ärger Vor 30 Jahren kam die Anfrage eines malawischen Gemeindegründers: Ob die Liebenzeller Mission eine Bibelschule für Dorfpastoren und Evangelisten aufbauen könnte? Fünf Jahre später begann der Bau des Chisomo-Zentrums, während parallel die Inhalte konzipiert wurden: Eine Kombination aus einjähriger Bibelschule und Schreinerausbildung würde helfen, die dringend nötige theologische Ausbildung kompakt zu vermitteln und den AbsolvenChisomo unter einheimischer Leitung Das Starterteam: Joachim (und Carola) Jenny, Joachim (und Marianne) Herrmann, Paul und Dorothe Kränzler (von links). Elf weitere Missionarinnen und Mis- sionare haben in den vergangenen 25 Jahren in Chisomo rund 480 Männer und Frauen ausgebildet. Edward Kandoje (rechts, mit seiner Frau Agnes) übernimmt die Leitung im Juli 2018. auftauchen. Man hat den Eindruck, als ob eine ganz relaxte Unterhaltung im Gang wäre, denn es gibt kein Gefuchtel und kein Geschrei. Nur wer direkt dabei sitzt und genau zuhört wird merken, dass hier „dicke Bretter gebohrt“ und mit viel Geduld große Probleme beseitigt werden. Seinen Ärger offen zeigen ist unter malawischen Christen ein absolutes „No-Go“ und wird als größeres Vergehen empfunden als alles andere. Selbst der ursprüngliche Konflikt wird dann schnell zur Nebensache, und das eigentliche Problem hat dann der, der im Streit seinem Ärger lautstark Luft gemacht hat. Biblisch begründet werden kann dies mit dem sogenannten Lasterkatalog aus Galater 5,19-21: „Gebt ihr dagegen eurer alten menschlichen Natur nach, ist offensichtlich, wohin das führt: zu … Wutausbrüchen, hässlichen Auseinandersetzungen … Wer so lebt, wird niemals in Gottes Reich kommen.“ Vor diesem Hintergrund ist es in der malawischen Kultur sehr wichtig, negative Emotionen nicht zu zeigen. Dagegen muss es hier nichts Bedrohliches sein, wenn man „ein Hühnchen rupft“. Das kann dazu beitragen, den Frieden wieder herzustellen. Michael Volz l ten ermöglichen, ihren Lebensunterhalt neben der Gemeindearbeit selbst zu verdienen. Der Unterrichtsbetrieb wurde 1995 aufgenommen und seither von Paul Kränzler, Michael Volz, Daniel Mattmüller, Joachim Berger und Tobias Müller geleitet. Vergangenes Jahr sah sich der einheimische Kirchenverband in der Lage, das Zentrum selbst zu leiten. Auf dieses Signal hatten wir lange gewartet! Seither gebe ich die Arbeit an Pastor Edward Kandoje ab. Er hat viel Respekt vor der Aufgabe: Er ist für sechs Mitarbeiter verantwortlich, erstellt den Lehrplan, unterrichtet, verwaltet die Finanzen und erledigt den Einkauf. Wir Missionare werden ihn weiterhin unterstützen – aber er hat die Freiheit zum Gestalten, wie auch wir sie hatten. Finanziell wird die Liebenzeller Mission die Ausbildung weiterhin unterstützen. Das kann die einheimische Kirche alleine nicht stemmen. Deshalb danken wir allen, die die Ausbildung in Chisomo weiterhin mittragen und umbeten, gerade jetzt in der Umbruchphase. Joachim Berger liebenzeller mission aktuell

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