MISSION weltweit – Ausgaben 2016

22 japaN koNkRET 3.11 steht für den 11. März 2011. Um 14:46 Uhr bebt die Erde in ganz Ostjapan. Mizushima weiß sofort: Da kommt eine Flutwelle. Er rennt zum Hafen und schaut nach seinem Boot. Es ist ihm fast so wichtig wie seine Frau. „Deshalb habe ich mein Boot nach meiner Frau benannt. Das sind die beiden, die mein Leben ausmachen.“ Um ihre Boote zu retten, fahren alle Fischer so schnell sie können aus der Bucht hinaus. Sie wollen auf dem offenen Meer sein, wenn sich das Meer erhebt. Mizushima schafft es, er kann sich retten Vom Meer aus beobachtet er die zerstörerische Kraft der Welle. Kein Haus bleibt stehen. Er sieht, wie seine geliebte Stadt in Flammen aufgeht. Drei Tage lang treibt Mizushima auf dem Meer. Seine ganze Nahrung sind Hustenbonbons und eine Büchse Kaffee. Was aus seiner Frau wurde, das weiß er nicht. Wie er die Tage erlebt hat? „Ich war froh um meine Fischer. Ohne sie wäre ich verrückt geworden. Wir halten immer zusammen.“ Nach drei Tagen kämpft er sich durch treibende Häuserteile zurück in den Hafen. Er muss aufpassen, dass sein Schiff nicht zerstört wird. Überglücklich findet er seine Frau wieder. Ihr neu aufgebautes Haus steht nicht mehr. Mizushima trifft eine folgenschwere Entscheidung. Er verlässt seine Heimat und geht nach Chiba bei Tokio, wo seine Kinder wohnen. Heute sagt er zu diesem Entschluss: „Ich habe meine Heimatstadt weggeworfen.“ Acht Monate ist er bei seinen Kindern. „Während meine Freunde hungerten, habe ich es mir gut gehen lassen. Ich saß im Warmen, während die hier frieren mussten.“ Und dann kommt der Tag, an dem es für Mizushima und seine Frau heißt: zurück nach Hause. Mizushima hat Angst Wie werden seine Freunde, die anderen Fischer, ihn empfangen? Schließlich hat er sie alleine zurückgelassen. Mizushima fährt mit bangem Herzen zum Hafen und will nach seinem Boot schauen. Es ist September 2011, Taifunzeit. Er kommt zu seinem Schiff und traut seinen Augen nicht: Das Boot ist befestigt, vorbereitet für die großen Stürme. Es ist geputzt und gepflegt. „Da hab ich kapiert, was Freundschaft bedeutet. Obwohl ich die anderen alleine gelassen habe, haben die sich um das Wertvollste, was ich habe, gekümmert: mein Schiff! Sie sind mir treu geblieben, obwohl ich untreu war“, kommentiert Mizushima dieses Erlebnis. Beziehungen, die vor der Krise intakt waren, blieben es auch danach. Tobias und Sabine Schuckert lebten 14 jahre als missionare in japan und haben drei kinder. Seit herbst 2015 ist Tobias neben einem aufbaustudium mitarbeiter in der Studien- und Lebensgemeinschaft in bad Liebenzell. Eine krise verbindet oder sie trennt Wir befinden uns in einer winzigen Wohnung. Es ist eine Übergangswohnung für Überlebende von 3.11. mizushima* ist fischer, ein stolzer fischer. „Wir fischer hier im Nordosten japans halten immer zusammen. Da kann kommen was will“, sagt mizushima, und ich glaube es ihm. Container an Container, eine Übergangssiedlung

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