7 Sambia DaRUm gEhT’S miSSioN weltweit 3–4/2016 des Staates. Deshalb braucht und verbraucht fast jeder zum Überleben im Alter das meiste, was er besitzt. Da Sambier eine viel kürzere Lebenserwartung als Europäer haben, geht es den Menschen weniger darum, sich das Leben so bequem und gut wie möglich zu machen. Weder der Einzelne steht im Zentrum noch die Frage, wie er sich für das Alter absichern könnte. Die Menschen sind vielmehr damit beschäftigt, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Die beste Absicherung im Alter sind viele eigene Kinder. Zweitens habe ich den Eindruck, dass sich Sambier wenig damit beschäftigen, was nach ihrem Tod passiert und welche Auswirkung dieser für den Einzelnen oder die Hinterbliebenen hat. Besonders bei Christen bemerke ich, dass ihre Perspektive ganz klar der Himmel ist, die Gemeinschaft mit Gott. Vielleicht machen sie sich deshalb nicht viele Gedanken darüber, was einmal mit ihrem Erbe (falls es eines gibt) passiert. Es werden – insbesondere in Regionen, in denen die Menschen wenig Besitztümer haben – keine Regelungen getroffen, geschweige denn ein Testament geschrieben. In den Städten ändert es sich so langsam. Dort gibt es mehr und mehr Sambier, die einiges besitzen und somit auch vererben werden. Natürlich gibt es Gesetze in Sachen Nachlass und Erbe, aber es ist fraglich, inwieweit diese beachtet und angewandt werden. Gute Prägung erzeugt Respekt Es ist Sambiern wichtig, dass gut von ihnen und über sie gesprochen wird. Wer etwas leistet, dem zollt man den nötigen Respekt – und man will von anderen respektiertwerden.Wer seineNachkommen gut prägen kann, damit sie etwas im Leben erreichen, wird dafür anerkannt. Deshalb ist es den Menschen wichtig, ihr Wissen an die nächste Generation weiterzugeben. Auch nach dem Tod spricht man respektvoll über dieses „Erbe“. Es kommt also in Sambia nicht nur darauf an, viele Güter zu vererben, sondern viel mehr darauf, seine Nachkommen gut geprägt zu haben. Das Erbe des Präsidenten Der erste Präsident Sambias, Kenneth David Kaunda, hat das Land 1964 in die Unabhängigkeit geführt und ihm ein großartiges „Erbe“ hinterlassen. Unter anderem hat er dafür gesorgt, dass alle Staatsdiener wie Lehrer und Krankenschwestern nicht in der Region eingesetzt wurden, in der sie geboren worden waren. Er ließ sie in Gegenden versetzen, die nicht von ihrer Volksgruppe bewohnt waren. So erreichte er, dass sich die Stämme vermischten und fast jeder mehrere Volksgruppen in seiner Familie hat. Das macht es für den Einzelnen schwer, sich bei Konflikten auf die Seite eines Stammes zu schlagen. Dadurch ist Sambia trotz 72 verschiedener Volksgruppen zu einem der friedlichsten Länder in ganz Afrika geworden. Dieses „Erbe“ des ersten Präsidenten hat weit mehr positive Auswirkungen geschaffen als alles Geld der Welt. Die Fragen, die sich mir stellen und über die wir nachdenken sollten: Was hinterlasse ich eigentlich meinen Nachkommen? Ist es „nur“ ein materielles Erbe oder auch eine geistliche Prägung? Durch welches Erbe werde ich bei meinen Kindern und Enkeln, Nichten und Neffen usw. in Erinnerung bleiben? Um auf Bana Bwalya zurückzukommen: Sie besucht mittlerweile unsere Gemeinde in Nabwalya. Soweit mir bekannt ist, hat sie noch nicht wieder geheiratet, aber die finanzielle Hilfe nach dem Tod ihres Mannes gut investiert: Sie hat für sich und die Kinder ein kleines Haus bauen lassen. Samuel Meier ● Samuel und Anke Meier leben seit September 2005 in Sambia und leiten seit November 2012 das Liebenzeller missionarsteam. Zuvor waren sie als pioniermissionare in Nabwalya im Einsatz. Sie haben einen Sohn. Vor seiner ausbildung am Theologischen Seminar der Lm war Samuel als kfz-mechaniker tätig. anke ist Ergotherapeutin von beruf. Der gesamte Besitz vieler menschen, die in Sambia auf dem Land leben, lässt sich leicht in einem pkw oder sogar in einem Schubkarren transportieren: etwas geschirr, ein Tischchen, zwei Stühle, ein paar kleidungsstücke, hacke, axt und, wenn's gut geht, noch ein bettgestell mit matratze für die Eltern. Wer ein fahrrad besitzt, hat es schon zu etwas gebracht. Die meisten Sambier leben sprichwörtlich „von der hand in den mund“ ohne jede möglichkeit (oder auch nur den Willen), irgendetwas anzusparen. Nachdem der Vater unseres sambischen mechanikers starb, musste er als erstgeborener Sohn die umfangreiche Verantwortung für die großfamilie übernehmen. Vor der eigentlichen beerdigung kamen viele menschen Tag und Nacht ins Trauerhaus. Sie mussten rundum versorgt werden. Die aufwändigen behördengänge erforderten viel Zeit und Überredungskünste. Der Leichnam musste aus dem krankenhaus abgeholt werden. Nach der beerdigung begannen die Verhandlungen um das Erbe. in manchen Stämmen verteilen die brüder und Schwestern des Verstorbenen alle Wertgegenstände unter sich. Um das zu verhindern und um Streitigkeiten zu vermeiden, setzten unser mechaniker und seine geschwister eine andere person als Nachlassverwalter gerichtlich ein. Unsere Rolle bei all dem war, unseren mitarbeiter zu unterstützen und ihn bei den gesprächen zu begleiten. Dietmar und Katrin Brunner, Technische missionare im aidsprojekt in mushili/Sambia Bild links: Bana Bwalya (vorne, zweite von rechts) ist eine junge Witwe aus Nabwalya. Mit anderen Besucherinnen der Frauenstunde singt sie auf dem Heimweg von einem Besuch im Nachbardorf. Bild unten: Viele Angehörige, Freunde und Nachbarn verabschieden sich vom aufgebahrten Verstorbenen. Sambier nennen es „body viewing“ (Leichenschau).
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