MISSION weltweit – Ausgaben 2022

Hans Martin Karrer Wie war das, als Suzanne 2020 so plötzlich verstorben ist: Warst du enttäuscht von Gott, wütend auf ihn? Am Anfang haben Serena und ich nur funktioniert und geschaut, den Dingen nachzukommen, die zu regeln waren. Die inneren Kämpfe kamen erst später: Glaube ich wirklich, was ich glaube? Was glaube ich eigentlich von Gott? Kann ich daran festhalten, dass er einen guten Plan für unser Leben hat? Serena sagte einmal: „Ich bin wütend auf Gott, aber Mama würde nicht wollen, dass ich Gott den Rücken kehre.“ Die innere Verarbeitung der neuen Lebenssituation gestaltet sich unterschiedlich für jeden von uns. Meine Schwiegermutter konnte nicht über den Verlust ihres einzigen Kindes reden und vergrub den Schmerz in sich. Was gab dir in der Situation Trost? Auf einer Tafel in der Küche hat Suzanne vor ihrem Tod Jesaja 41,10 geschrieben. „Fürchte dich nicht, ich bin mir dir; weiche nicht, denn ich bin dein Gott. Ich stärke dich, und ich helfe dir auch, ich halte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit.“ Suzanne hatte wohl eine Vorahnung und war vorbereitet. Für Serena und mich war es wie ein kleiner Fingerzeig Gottes, dass er in dem Unfassbaren und Unverständlichen doch irgendwie gegenwärtig ist. Inzwischen sind zwei Jahre vergangen. Wie geht es dir heute? Der Schmerz bleibt, die Erinnerungen bleiben, der Alltag muss bewältigt werden, die Fragen nach der weiteren Lebensfüh- rung sind da. Aber Serena und ich wollen die Trauerreise ge- meinsam gestalten, auch wenn wir unterschiedliche HerangeHans Martin Karrer ist in Sinsheim geboren, hat Betriebswirtschaft studiert und die Theologische Ausbildung in Bad Liebenzell absolviert. Beim Sprachstudium in Asien lernte er die Amerikanerin Suzanne kennen, die Psychologie studiert hatte und dort als Englischlehrerin tätig war. Nach der Heirat engagierten sich beide als christliche Fachkräfte in Asien. 2013 zogen sie mit Tochter Serena in die USA, um die pflegebedürftige Mutter von Suzanne zu unterstützen. Im August 2020 starb Suzanne völlig überraschend im Alter von 53 Jahren. Hans Martin betreute weiterhin seine Schwiegermutter mithilfe einer Pflegekraft. Er arbeitet als Seelsorger in einem Kinderkrankenhaus. Mitte September verstarb seine Schwiegermutter. Zum Thema dieser hensweisen haben. Oftmals kommt uns die Situation noch sehr unwirklich vor und eine Zukunft ohne Suzanne scheint nur schwer vorstellbar. Ich treffe mich regelmäßig mit einem Trauerberater. Beim plötzlichen Tod von Suzanne wurdet ihr schnell mit der Frage der Organspende konfrontiert. Wie seid ihr zu einer Entscheidung gekommen? Durchmeine Arbeit war ichmit der Organisation „Gift ofHope“ (GeschenkderHoffnung) unddem Vorgang vertraut. Wir haben uns gefragt, wie Suzanne sich wohl entschieden hätte. Suzanne war menschenzugewandt und fröhlich, sie gab gerne und großzügig. Deshalb haben wir der Organspende ohne Zögern zugestimmt. In diesem Jahr hat sich die Empfängerin des Spenderherzens bei euch gemeldet. Wie war die Begegnung mit ihr? Wir hatten sofort ein unkompliziertes Verhältnis zu Gloria und ihrem Mann Scott und waren überrascht, als wir sie als eine gläubige und sehr aktive Christin kennenlernten. Gloria und ihre Gemeindehatten fast zwei JahreumeinSpenderherz gebetet. Die enge Verbindung mit ihr und ihrer Familie hat den Schmerz über den Verlust von Suzanne nicht weggenommen, aber es ist wie einZuspruch, dass Gott in all demGeschehen im Verborgenen gegenwärtig ist und handelt. Hast du einen Rat für Menschen, die Ähnliches erleben müssen? In schweren Lebensführungen geht es nicht um das aus menschlicher Sicht relative Bessere – besser ein rascher Tod als eine langes Siechtum – sondern darum, dass Gott in allem Leid das absolut Beste für uns im Sinn hat. Aber diesen Glauben haben wir nicht als Besitz, den müssen wir uns jeden Tag erbitten. Die Fragen stellte Johannes Stärkel, Direktionsbeauftragter Von links: Hans Martin, Serena, Gloria und Scott. Kleines Bild: Eines der letzten Bilder von Suzanne

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