MISSION weltweit – Ausgaben 2021

13 mission weltweit 3–4/2021 Japan darum geht’s An einem Sonntag, wir hatten gerade Besuch vom Missionsdirektor aus Deutschland, spitzte sich die Situation zu. Nach dem Gottesdienst und gemeinsamen Essen wurde Frau F. so sehr von einem bösen Geist geplagt, dass sie zu Boden geworfen wurde und sich schüttelte. Es war nicht das erste Mal, dass diese Mächte spürbar gegenwärtig waren. Nach den intensiven Gebeten ging es ihr wieder besser. Wenig später wurde Herr F. zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Jetzt rief seine Frau an und bat um Unterstützung. Ob wir sie zu Gesprächen beim Sozialamt und beim Besuch im Gefängnis begleiten könnten? Herr F. vermisste dort seine Bibel und bat um ein Exemplar, das wir ihm gerne brachten. Frau F. wohnte nun alleine mit ihren Katzen in ihrer erbärmlich einfachen Behausung. Die Angst vor den rechtsradikalen Bekannten ihres Mannes, die einen schlechten Einfluss auf ihn ausübten, war groß. So übernachtete sie bei uns, bevor sie einen Platz in einem Frauenhaus bekam. … ich will euch erquicken Nach zwei Jahren klingelte es mitten in der Nacht. Herr F. war an diesem Tag aus der Haft entlassen worden und stand vor der Tür! Kurz darauf zog er in den Süden Japans, um nicht mehr unter dem schlechten Einfluss der früheren Freunde zu sein. Wir konnten ihn an eine Gemeinde dort vermitteln, die er regelmäßig besuchte, und er fand einen Arbeitsplatz. Schon während seiner Haftzeit hatte er Halt und Trost in Gottes Wort gefunden. Gott hat sich um diesen problembeladenen Mann angenommen, der weder in die japanische Gesellschaft noch in die Kirchenlandschaft passte. Mittlerweile wohnt und arbeitet Herr F. wieder in Chikusei. Er besucht unseren Gottesdienst und möchte getauft werden. Immer wieder bringt er Freunde mit. Sein großer Wunsch ist, dass auch seine Mutter im Pflegeheim noch zu Jesus findet. Ein Lernprozess Es ist nicht immer einfach, Menschen zu begleiten, die uns Gott in den Weg stellt. Auch für die Gemeinden in Japan ist es ein Lernprozess. Ohne die Liebe unseres Herrn ist es eine kaum zu bewältigende Herausforderung, diese so anders aussehenden, sprechenden und manchmal riechenden Besucher vorbehaltlos aufzunehmen. Jesus hat uns vorgelebt, was es heißt, denen zu dienen, die an Leib und Seele Not leiden und ausgegrenzt sind. Als Missionare dürfen wir Menschen eines anderen Kulturkreises dienen. Das ist ein Vorrecht! Aber die Begleitung von Ehepaar F. und anderen hat uns oft an unsere Grenzen gebracht. Wie hilfreich war es zu wissen, dass wir ihre Nöte nicht mit uns herumtragen müssen, sondern dass wir alles an Jesus abgeben können. Sein Versprechen, die Beladenen zu erquicken, gilt auch uns Missionaren. Susanne Schlotz l Fotos: peter schlotz weise Gemüse vorbei und sprach von Gotteserscheinungen und Träumen. Frau T. kam oft gegen Ende des Gottesdienstes. Wenn sie rechtzeitig da war, sprach und lachte sie laut während der Predigt. Oder sie stellte Fragen, die nicht in den Zusammenhang passten. Und nach den Veranstaltungen tanzte und sang sie uns überschwänglich etwas vor. Da wir im Dachgeschoss der Kirche wohnten, waren wir Anlaufstelle und hatten Gespräche und Telefonate mit vielen Menschen. Auch zu ungewöhnlichen Tages- und Nachtzeiten, wenn wir Besuch hatten, mitten in Vorbereitungen steckten oder frei hatten. Das fanden wir nicht immer passend. … die ihr mühselig und beladen seid … Eines Tages läutete Herr F. an der Tür. Er hatte schon früher Kontakt mit einemMissionar gehabt und erzählte davon. Dann berichtete er, dass seine Frau ihn verlassen habe und er sein Kind nicht sehen dürfe. Herr F. kam immer wieder. Peter nahm sich Zeit für ihn und betete mit ihm. Eines Tages brachte Herr F. jemanden mit. War das eine Frau oder ein Mann? Die Haare waren auffällig gefärbt, der Nikotingeruch durchdringend, der Blick nach unten gerichtet. Herr F. stellte sie als seine gerade standesamtlich geheiratete, deutlich jüngere neue Frau vor und bat um eine kirchliche Trauung. Es blieb bei Gesprächen und Gebeten unter sechs Augen – an der nötigen Trauvorbereitung nahmen sie dann doch nicht teil. Aber Ehepaar F. kam immer wieder zu Gottesdiensten oder anderen Angeboten. Gerne blieben sie zum Essen, wo sie große Mengen verzehrten. Bald wussten wir, weshalb. Herr F. hatte nur eine Teilzeitanstellung, seine Frau war arbeitslos. Peter besuchte sie zu Hause in ihrer vom Sozialamt bereitgestellten 30 Quadratmeter großen Hütte. Sie war alles andere als sauber und ordentlich. Eine völlig andere Welt. Peter und Susanne Schlotz leben seit 1992 in Japan und arbeiten in der gemeindegründung und im gemeindebau, seit herbst 2012 in chikusei. zurzeit sind sie im heimataufenthalt. Vor seiner theologischen ausbildung am seminar der liebenzeller Mission war peter bankkaufmann. susanne ist kinderkrankenschwester von beruf. die beiden haben drei erwachsene kinder und einen enkel. rundbriefe erwünscht? www.liebenzell.org/schlotz Chikusei hat rund 100.000 einwohner und liegt 80 Kilometer nördlich von tokio in der ibaraki-präfektur. Zur stadt gehören viele kleine eingemeindete ortschaften. die menschen sind sehr mit ihren traditionen und dem buddhismus/schintoismus verbunden. missionsarbeit braucht geduld und einfühlungsvermögen. in der gemeinde arbeiten schwester priscilla Kunz und seit april 2020 der japanische pastor morishita. Herr F. (rechts) im Gespräch mit Pastor Morishita

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