16 darum geht’s Burundi Viele kennen das: Sie erleben unerwartete Situationen wie einen plötzlich notwendigen Krankenhausaufenthalt, einen Unfall, den Tod eines nahestehenden Menschen oder zerstörerische Naturkatastrophen. Es ist ihnen unangenehm, in einer Notlage zu sein und zu merken, dass man auf die Unterstützung anderer angewiesen ist. Doch in solchen Situationen kann man die wertvolle Erfahrung machen, dass eine Gemeinschaft einfach „da ist“, schnell zur Hilfe kommt, einem den Rücken stärkt oder notwendige Aufgaben übernimmt. Sind wir „Retter der Nation“? In Burundi leben viele Menschen in großer Armut. Der Schrei nach Hilfe ist oft schon den Gesichtern abzulesen. Europäer haben häufig das Gefühl, dass allein die helle Haut ausreicht, um als „Retter der Nation“ zu gelten. Das schreibe ich nicht vom grünen Tisch. In meiner Arbeit in Burundi, insbesondere in den Gemeinden, die am BAHO-Programm teilnehmen, nahm ich wahr, wie sehr man auf die Hilfe von außen ausgerichtet war. Es hatte sich eine Passivität entwickelt, die in meinen Augen nicht gesund ist. Die Gemeinden schienen sich zurückzulehnen und abzuwarten, dass ihnen jemand unter die Arme greift. Durch die meist finanzielle Hilfe von außen war kein Blick dafür vorhanden, was sie selbst an Gaben und Fähigkeiten haben und wie sie diese in der Gemeinde und im gemeinsamen Leben einbringen können. Ich fragte mich oft: „Warum bewirkt gut gemeinte Hilfe keine Stabilisierung? Warum führt Unterstützung in eine ungesunde Abhängigkeit? Warum verschlimmert sich bei manchen Burundiern die Notlage? Es war, wie wenn jemand mit einem gebrochenen Bein den Gips abbekommt, wieder neu Muskeln aufbauen und richtig laufen lernen könnte – aber weiterhin die nicht mehr notwendigen Krücken benutzt. Stellt sich Gott so Hilfe von außen vor? Helfen, begleiten und loslassen Unser Wunsch war es, mit den Burundiern einen neuen Weg zu gehen: Sie sollten erkennen, wie wertvoll sie in Gottes Augen sind und dass sie – auch in ihrer Lage – aus ihren Erfahrungen und mit den ihnen geschenkten Fähigkeiten etwas zur Veränderung beisteuern können. Es brauchte viel Ermutigung, aber nach nun eineinhalb Jahren des Trainings und Investierens in die Gemeinden sehen wir die Früchte: Die, die sich bei BAHO beteiligen, übernehmen mehr und mehr Verantwortung. Sie entdecken, welches Potenzial Gott in sie gelegt hat und setzen es ein, um anderen zum Segen zu werden. Alle brauchen Hilfe und sind auf Gemeinschaft angewiesen. Doch die Unterstützung darf die Menschen nicht in eine Abhängigkeit führen. Sie soll die Empfangenden fördern und zugleich fordern, damit sie „wachsen“ können. Es gilt, dort zu helfen, wo es wirklich nötig ist, zu begleiten, wo es in die Eigenständigkeit führt und loszulassen, wo es angebracht ist. Ina Schütte l BAHO hilft benachteiligten kindern und Familien. die involvierten christlichen gemeinden sollen nach einigen Jahren die arbeit ohne finanzielle unterstützung von außen weiterführen, werden aber noch durch einheimische projektmitarbeiter und missionare beraten. Wachstum statt abhängigkeit in unserer westlichen gesellschaft ist individualismus ein hoher Wert, ebenso selbstständigkeit und die Fähigkeit, sein leben alleine zu meistern und nicht auf die hilfe anderer angewiesen zu sein. im ostafrikanischen Burundi macht ina schütte ganz andere erfahrungen. Ziegeltransport im ländlichen Burundi fOtO: INa schÜttE Ina Schütte lebt und arbeitet seit mai 2014 in burundi, wo sie zunächst im landesinneren die sprache Kirundi sowie die Kultur des ostafrikanischen landes kennenlernte. Jetzt engagiert sie sich in der großstadt bujumbura in der sozialen arbeit mit benachteiligten und traumatisierten Kindern und ihren familien. Ina schütte ist Erzieherin und hat die ausbildung am theologischen seminar der liebenzeller mission absolviert. rundbriefe erwünscht? www.liebenzell.org/schuette
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