MISSION weltweit – Ausgaben 2021

rainer Dorsch Die erfahrung, dass es „anders kommt“, macht jeder Mensch. Sie kann unter Umständen den ganzen Lebensentwurf auf den kopf stellen. Wie war das bei euch? Ich wollte keiner von den Missionaren sein, die nach ein/zwei Terms in Deutschland bleiben. In den vier Jahren in Papua-Neuguinea lag sehr viel Schönes. Aber das Leben in der anderen Kultur war auch hart. Über weite Strecken waren wir die einzigen „Liebenzeller“ auf „unserer“ Insel. Das bedeutete Einsamkeit, aber auch eine gewisse Perspektivlosigkeit. Das setzte uns mehr zu, als wir dachten. Die Verarbeitung begann erst in Deutschland, kurz nach Beginn des Reisedienstes hatte ich eine Erschöpfungsdepression. Bald war klar, dass es weder eine Rückkehr nach PNG noch eine Fortsetzung des hauptamtlichen Dienstes geben würde. Es blieb nur der traurige Weg „zurück in den Beruf“. Viele Christen können kaum ermessen, welche Selbstvorwürfe sich ein in ihren Augen „gescheiterter Missionar“ ohnehin macht. Was hat dir geholfen, die entwicklungen unter die Füße zu bekommen? In unserem Umfeld hat uns keiner dieses „Scheitern“ je vorgehalten. Weder Familie, Gemeinden noch Spender waren (offen) von uns enttäuscht. So war es vor allem das selbst empfundene Scheitern. Für mich war ein Schlüsselerlebnis, als ich morgens in einer Radioandacht von „der Süße der gelingenden Halbheiten“ gehört habe. Ich hatte von Jugend an geglaubt „Ein halber Christ ist ein ganzer Unsinn“ – ist es also auch ein halber/gescheiterter Missionar? Jetzt hörte ich: „Halb gut ist schon gut.“ Ich muss nicht perfekt sein, ich kann scheitern, ich darf mit meinen Begrenzungen leben. Ich muss es sowieso, aber ich darf es auch! Das in der Tiefe zu verstehen, war ein wichtiger Teil meiner inneren Heilung. „nur die Harten kommen in den Garten“, sagt man. Sind Missionarinnen und Missionare „die Harten“? Hoffentlich nicht! Ich freue mich über alle Missionare, die den Herausforderungen standhalten und viel bewegen. Aber sich ehrlich eingestehen, dass man einen Weg nicht fortsetzen kann, ohne kaputtzugehen, und dann neue Wege gehen – auch das kann Stärke sein. Was empfiehlst du Menschen, die einen ähnlichen „Bruch“ erleben und vielleicht mit Gott hadern? Gott liebt dich! Ich weiß, das ist „Kinderstunde“, aber genau darum geht’s: Gott liebt mich und zwar unabhängig von meiner Leistung, Berufung, Platzanweisung und meines Erfolges! Dieser Liebe des Vaters wieder neu Glauben zu schenken und die Beziehung mit ihm zu leben – das ist es! Und dann kann ich neu erleben, dass Gott mich auch anderswo gebraucht. Bei mir war es das als Leiter einer Wanderfreizeit, als ehrenamtlicher Mitarbeiter in der Gemeinde, wieder bei meinen Arbeitskollegen. Letztlich habe ich da angefangen zu verstehen, was mir ein weiser Freund sagte: „Das Reich Gottes ist größer als Papua-Neuguinea!“ Ich kann Gott überall lieben – und ihm dienen! Dass ich das heute wieder als Pastor in Öhringen tun kann, ist sein Geschenk an uns. die fragen stellte monika Weinmann, redaktion mission weltweit rainer Dorsch und seine Frau Michaela leben mit ihren zwei kindern in Öhringen/hohenlohe. dort ist rainer seit 2011 geschäftsführender gemeinschaftspastor im Süddeutschen gemeinschaftsverband. er lernte zunächst industrieelektroniker, dann folgte die ausbildung am theologischen Seminar der Liebenzeller Mission. 2004 reisten rainer und Michaela nach papuaneuguinea, um auf der insel Westneubritannien als Missionare zu arbeiten, unter anderem im gebiet der Stämme kol und Mengen. Zum Thema dieser

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