MISSION weltweit – Ausgaben 2018

18 DARUM GEHT‘S Ob im Bus, Café oder auf der Straße – ungeniert posaunte mein Freund seine Erlebnisse mit Jesus in die Welt. Mir war das total peinlich! Damals hatte ich mit dem Theologiestudium begonnen, und er befand sich in den letzten Zügen seines Musikstudiums. In einem Brief hatte er berichtet, wie er in eine missionarische Studierendenarbeit geraten sei, sich bekehrt und einer Freikirche angeschlossen habe. Außer sich vor Glück schrieb er, wir seien nun „Glaubensbrüder“. Mit jeder Zeile brachte er mich mehr in Verlegenheit. Dass er am Ende mit „Dein Bruder im Herrn“ unterschrieb, gab mir den Rest. Von mir als Theologiestudent hatte er freudigen Anteil an seinen Erfahrungen erwartet. Stattdessen fiel es mir schwer, mich auf seine Begeisterung einzulassen, und ich war bemüht, den Glaubensgesprächen zu entkommen, ohne mein Gesicht als Christ zu verlieren. Dieses Ereignis wirkte wie ein mächtiger Paukenschlag Es brachte mich ins Nachdenken über mein Christsein. Ich spürte den Zwiespalt: Als Theologiestudent war ich täglich mit der Bibel beschäftigt, hatte aber Schwierigkeiten, mit der Freude und Begeisterung eines Neubekehrten umzugehen. Dieser Widerspruch machte mir auch noch als Pastor lange Zeit zu schaffen. Zum Beispiel, wenn ich Menschen traf, die sich neueren Aufbrüchen angeschlossen hatten und wie vom Feuer gepackt von Gott und Jesus erzählten. Auch wenn manche in ihrer Begeisterung über das Ziel hinausschossen, konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieses „innere Muss“ nach biblischer Anschauung zum Christsein gehört, bei mir aber kaum ausgeprägt war. Ich kam ins Fragen, warum ich nichts erlebe, das mich so bewegt, dass ich von der Hoffnung oder dem Glück weitersage, die ich im Glauben gewonnen habe. Warum war es mir peinlich, Menschen auf ihren Glauben hin anzusprechen oder ihnen meinen Glauben zu bezeugen? Ist dies überhaupt nötig? Und wenn ja, warum? 1. Welche Motive für Mission sind biblisch und versprechen Zukunft? Vor etwa zehn Jahren fiel mir in der U-Bahn der abwerbende Slogan einer missionarischen Jugendbewegung auf: „Kirche neu erleben“. Er warb unzufriedene Kirchgänger für eine neue Gemeindeerfahrung. Heute fällt mir dieses Sendungsbewusstsein auch bei internationalen Gemeinden auf. Sie wollen den Christen Europas mit ihrem unzulänglichen Glaubensverständnis die rettende göttliche Wahrheit vermitteln. Dabei vermischt sich die Sorge, dass Menschen ohne die rettende Botschaft verloren gehen mit einem Überlegenheitsdenken im Blick auf die eigene Glaubenssicht. Ihr Antrieb für die Gemeindegründung ist, einem lauen Christentum eine bessere, wahrhaftigere Kirchenerfahrung zu vermitteln. WEITERDENKEN >> SONDERBEITRAG VON DR. FRIEDEMANN BURKHARDT Mission–Wir „Wir können‘s ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben“, antworten Petrus und Johannes dem Hohen Rat in Jerusalem. Zugänge, Begründungen und Perspektiven für Mission – ein Thema mit Potenzial! Kürzlich las ich von einem Kirchenverband, der die strategische Entscheidung traf, in den nächsten Jahren neue Gemeinden zu gründen. Dieses Ziel wurde damit begründet, dass so das Überleben der Kirche gesichert wird. Aber ist die Sorge wegen eines Mitgliederrückgangs und des damit verbundenen Bedeutungsverlusts imstande, Aufrufe zur Belebung von Mission an der Basis der Gemeinden zu verankern? Wie erreichen strategische Schwerpunktsetzungen die Mitarbeiter, Freunde, Förderer oder Gemeindeglieder und führen zu Einstellungen, die ihr Leben und ihren Dienst missionarisch prägen? Was sagt die Bibel über die Motive für missionarisches Leben? Der Blick ins Neue Testament Auf der Suche nach einer biblischen Begründung für Mission bleibe ich immer wieder bei einer Passage aus dem ersten Korintherbrief hängen, in der Paulus darüber spricht, was ihn in seiner missionarischen Tätigkeit antrieb (1Kor 9,16–23 nach Luther 2017): „16Denn dass ich das Evangelium predige, dessen darf ich mich nicht rühmen; denn ich muss es tun. Und wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predigte! 17 Tue ich’s freiwillig, so wird’s mir gelohnt. Tue ich’s aber unfreiwillig, so ist mir das Amt doch anvertraut. ... 19 Denn obwohl ich frei bin von jedermann, habe ich doch mich selbst jedermann zum Knecht gemacht, auf dass ich möglichst viele gewinne. 20 Den Juden bin ich wie ein Jude geworden, damit ich die Juden gewinne. Denen unter dem Gesetz bin ich wie einer unter dem Gesetz geworden – obwohl ich selbst nicht unter dem Gesetz bin –, damit ich die unter dem Gesetz gewinne. ... 22 Den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden, damit ich die Schwachen gewinne. Ich bin allen alles geworden, damit ich auf alle Weise etliche rette. 23Alles aber tue ich um des Evangeliums willen, auf dass ich an ihm teilhabe.“ Paulus wird in seinem missionarischen Einsatz motiviert durch ein inwendiges göttliches Muss (16), Gehorsam gegenüber einem anvertrauten Amt (17), den Wunsch, alle Menschen zu gewinnen, indem er sich ganz auf ihre kulturelle Eigenart einstellt (19–22a), den Willen, Menschen zu retten (22b) und die Erkenntnis, dass die Weitergabe der Botschaft an Menschen den Anteil am Evangelium schenkt und erhält (22b). Hierin spiegeln sich die Grundmotive wider, mit denen das Neue Testament insgesamt Mission begründet: Ein inwendiges Muss Die Apostel Petrus und Johannes werden verhaftet. Nach dem Verhör wird ihnen verboten, weiterhin zu missionieren, worauf sie antworten: „Wir können’s ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben“ (Apg 4,20). Hier begegnet uns dieses inwendige Muss, von dem Paulus spricht (1Kor 9,16–18;

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