MISSION weltweit – Ausgaben 2016

5 miSSioN weltweit 3–4/2016 iNTERkULTURELLE TEamS DEUTSchLaND DaRUm gEhT’S Das Maß an gegenseitigem Vertrauen spielt eine wesentliche Rolle, und Menschen haben je nach kultureller Prägung sehr unterschiedliche Auffassungen: Während Deutsche anderen schneller vertrauen, brauchen Chinesen dafür mehr Zeit. Das Maß an Vertrauen entscheidet letztendlich auch, welcher Personenkreis im Erbfall begünstigt wird. Nach dem Erbgesetz1 der Volksrepublik China wird nach Eintreten des Erbfalls nach der gesetzlichen Erbfolge verfahren. Wenn ein Testament vorliegt, wird der Nachlass entsprechend der dort festgelegten Erbfolge oder nach den Vermächtnissen aufgeteilt. Auch Unterhaltsvereinbarungen werden berücksichtigt. Erben gesetzlicher Ordnung sind der Ehepartner sowie die Kinder2. Der Nachlass muss in der Regel unter Erben gleicher Ordnung gleichmäßig aufgeteilt werden3, aber Erben, die Schwierigkeiten haben und zum Beispiel nicht arbeitsfähig sind, müssen besonders berücksichtigt werden. Einen größeren Anteil kann auch erhalten, wer mit dem Erblasser zusammengelebt hat oder von diesem unterhalten wurde. Wer als Erbe die Fähigkeit und die Voraussetzungen gehabt hätte, den Erblasser zu unterstützen, aber seine Unterhaltspflichten nicht erfüllt hat, muss bei der Verteilung des Nachlasses nicht berücksichtigt werden oder bekommt weniger. Darüber hinaus müssen die Erben im Geiste gegenseitigen Nachgebens und friedlicher Eintracht Regelungen aushandeln4. Zeitpunkt, Methode und Anteile werden in Verhandlungen bestimmt. Bleiben diese erfolglos, kann vom Volksschiedskomitee geschlichtet oder beim Volksgericht Klage erhoben werden. Streit und Verzicht Vor einiger Zeit erzählte mir Herr Y. von Erbstreitigkeiten in seiner Familie. Er studiert seit zwei Jahren in Deutschland und kommt mit seiner Frau regelmäßig in die Gemeinde. Trotz mehreren Versuchen schaffte es die Erbengemeinschaft nicht, den Nachlass friedlich und einträchtig zu regeln. Da Ehepaar Y. als Studenten finanziell recht eingeschränkt ist und kaum Unterstützung von der Familie erhält, wäre eine Erbschaft eine feine Sache gewesen. Als aber bei den Verhandlungen ein heftiger Familienstreit entbrannte, entschloss sich Herr Y., auf seine Ansprüche zu verzichten. Was ihn dazu bewegt hat? Herr Y. muss nicht lange überlegen: „Ich bin der einzige Christ in der Familie und wollte durch mein Handeln ein Zeugnis sein für meine Geschwister. Natürlich wäre es schön gewesen, vom Nachlass etwas zu bekommen. Viel wichtiger für mich war jedoch, den Frieden mit meinen Angehörigen zu bewahren. Sie wissen, dass meine Frau und ich sparsam leben müssen. Und gerade deshalb habe ich mich entschlossen, auf alles zu verzichten. So merkt meine Familie, dass Reichtum und Besitz nicht das Wichtigste im Leben sind. Gott sorgt für uns. Das habe ich bisher im Studium erfahren. Wird ER nicht auch weiterhin sorgen? Bei IHM gelten andere Maßstäbe. Wer sich seiner Fürsorge anvertraut, wird niemals Mangel haben, sondern im Gegenteil so viel übrig haben, dass er anderen davon geben kann.“ Klaus-Dieter Volz ● Klaus-Dieter und Erika Volz haben zwei Söhne, waren von 1993 bis 2009 missionare in Taiwan und arbeiten seit 2010 unter chinesen in Deutschland. klaus-Dieter leitet die „interkulturellen Teams“ der Liebenzeller mission. Er ist als missionarskind in papua-Neuguinea aufgewachsen. Erika ist bankkauffrau. beide haben die ausbildung am Theologischen Seminar der Liebenzeller mission absolviert. mithelfen: sPENDENCoDE 1062-32 Interkulturelle teams Und wenn es Streit gibt? Wenn mehrere Erben einen Nachlass antreten, sind konflikte oft vorprogrammiert. Wer bekommt was und wie viel wovon? muss verkauft, geteilt oder ausbezahlt werden? Foto: IstoCKPhoto/Bo1982 1 § 5 des Erbgesetzes der VR China vom 1. Oktober 1985 2 § 10 Erbgese z 3 § 13 Erbgesetz 4 § 15 Erbgesetz

RkJQdWJsaXNoZXIy Mzg4OTA=