Wie hat Chuuk, die Heimat Deiner Kindheit, Dein Leben geprägt? Ich denke, man wird auf jeden Fall offen für Neues. Die Geborgenheit der ersten sieben Lebensjahre als Südseekind war für mich ein wichtiges Fundament für die schweren Jahre, die dann in Deutschland folgten. Bis heute liebe ich das Meer, den Geschmack der Südfrüchte und den Duft der tropischen Blüten. Später hast Du rund zwölf Jahre in PapuaNeuguinea Missionarskinder unterrichtet. Was war Dein eindrücklichstes Erlebnis? Es gab sehr viele frohe und beängstigende Situationen und Erfahrungen. Es war immer beeindruckend zu erleben, wie Gott seine schützende Hand über die Kinder gehalten hat. Für mich war auf jeden Fall wichtig, dass die Trennung von ihren Eltern, trotz allem Schweren, zu einer hilfreichen Zeit für ihr späteres Leben wird. Wenn sie mir ihr Vertrauen schenkten, freute ich mich und noch mehr, wenn ihr Glaube gefestigt wurde. Du warst 1975 nochmals in Chuuk zu Besuch auf einer rückreise von Papua-Neuguinea und dann zusammen mit Deinem Mann, Deiner Schwester und Nichte vor fünf Jahren. Hat das Deine Kindheitserinnerungen verändert? Wie es eben bei Kindheitserinnerungen so ist: AlsErwachsenererscheintdannallesvielkleiner. Ich hatte auch noch mehr blühende Sträucher in Erinnerung. Den Oleanderstrauch vor der Kirche, an dem ich als Kind immer geschnuppert hatte, habe ich vermisst, aber der Mangobaum war noch da. Ich fühlte mich auf jeden Fall gleich zu Hause. Schön war es, dass wir bei meinem zweiten Besuch viel Zeit mit den ehemaligen Freundinnen verbringen konnten. DieschwereZeitohneElternerfuhrHeilungdurch die Dankbarkeit, die uns entgegengebracht wurde. Ganz wichtig war für mich die Abschiedsrede eines Gemeindeleiters. Er sagte: „Wir wissen, dass ihr Mädchen und die Eltern ein großes Opfer gebracht habt, und das Opfer habt ihr für uns gebracht. Dafür sind wir euch noch heute sehr dankbar, und ihr werdet immer zu uns gehören.“ Ich dachte dabei auch an meine Eltern und die Kritik an den früheren Missionaren und an der Mission im Allgemeinen, die manche aus ihrer Wohlstandsecke heraus äußern. Nun bist Du in Künzelsau zu Hause. Wie sieht Euer Leben dort aus? Seit meinem Ruhestand 2007 fiel der Zeit- und Leistungsdruck von mir ab. Wir haben einen großen Hanggarten und Bienen. Ich helfe im Tafelladen mit, und zusammen mit Elisabeth Stärkel planen und leiten wir die Zusammenkünfte der Ev. Lehrer- und Erziehergemeinschaft in der Hohenlohe. Arztbesuche gibt es auch immer wieder. Hast Du ein Motto, das Dich durchs Leben begleitet? In der schweren Zeit ohne Eltern suchte ich Zuflucht bei Gott, und das ist bis heute so geblieben. Ich bin ein eher ängstlicher Typ, deswegen ist der Psalm 27 für mich sehr wichtig geworden: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil. Vor wem sollte ich mich fürchten?“ Von Leo Tolstoi las ich neulich einen guten Ausspruch: „Liebe deine Geschichte. Sie ist der Weg, den Gott mit dir gegangen ist.“ Anneliese Carle geb. kärcher wurde 1945 als missionarskind auf der Südseeinsel udot (Chuuk-Atoll/mikronesien) geboren. Glückliche kindheit zusammen mit vier Geschwistern, bis sie im siebten lebensjahr in Deutschland ankam und mit einer völlig anderen lebensweise konfrontiert wurde. nach dem heimataufenthalt setzten die eltern die Arbeit auf den Chuuk-inseln fort. Die drei töchter blieben in Deutschland. fünf jahre waren sie ohne eltern und die beiden brüder, weitere fünf jahre ohne den vater. Studium an der ph karlsruhe. vier jahre im Schuldienst in Deutschland. Seit 1972 im Wechsel lehrerin in papuaneuguinea und Deutschland. 2003 umzug nach künzelsau und heirat. frieder Carle war früher technischer missionar auf den Chuuk-inseln. Anneliese Carle im Film: bitte beachten Sie den medientipp auf Seite 27. …anneliese Carle? Das interview führte Gudrun neumaier, früher missionarin und redakteurin bei der lm Was macht eigen tlich ...
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