7 SAmbiA DArum Geht’S miSSion weltweit 9–10/2016 ihre Hühner frei laufen zu lassen, war das sehr unangenehm. Die Hühner machten es sich auf unserer Veranda gemütlich, der Hahn fing nachts um drei Uhr an, vor unserem Fenster zu krähen. Da kommen einem ganz unheilige Gedanken! Aber wie sprechen wir dieses Thema an? Im Animismus ist es so: Gehen nach einem Konflikt die Parteien im Unfrieden auseinander und geschieht einem von ihnen ein Unglück, dann steht der andere im Verdacht, dieses durch Zauberei verursacht zu haben. Deshalb ist es enorm wichtig, immer schön die Regeln einzuhalten, ja niemanden bloßzustellen oder gar zu beleidigen und schön das Deckmäntelchen der Harmonie aufrechtzuerhalten. Unsere Vermieterin ist eine treue Christin, somit brauchen wir diesbezüglich keine Sorgen zu haben. Aber natürlich sollten wir als Gäste die Höflichkeitsregeln des Landes einhalten. Und was diese anbetrifft, sind wir immer noch etwas unsicher. Wir lösten die Lage charmant, indem wir dem Neffen, der bei ihr wohnt, mitteilten, was wir von dem krähenden Gockel halten. Und tatsächlich: Zwei Tage später war das Federvieh eingezäunt. Erwähnt wurde der Vorfall mit keinem Wort mehr. Kurze Zeit später verbrannte unser Nachbar seinen Plastikmüll im Garten. Das stank erbärmlich. Was tun? Wir fragten unsere Vermieterin, was wir diesbezüglich unternehmen könnten. Sie meinte, es wäre in Ordnung, wenn wir ihn freundlich darauf ansprechen würden. Wir haben das doch nicht gemacht, aber durch die Blume hat sie verstanden, dass auch sie ihren Abfall nicht mehr verbrennen sollte ... Ein exzellentes Beispiel für ein Konfliktgespräch ist folgende Begebenheit: Ein Hausmeister hatte den Auftrag, eine Unterstellhütte zu bauen. Er änderte eigenmächtig die Pläne und das verwendete Baumaterial und trug den Sachverhalt in einer Sitzung vor. Der Einwand eines Komitee-Mitglieds: „Wir danken dem Hausmeister für seine hervorragende Arbeit und wie er sich für den Bau einsetzt. Und wir sind mit seiner Arbeit sehr zufrieden. Vielen Dank!“ Dann fuhr er fort: „Ich habe gehört, dass ein Baukomitee existiert. Vielleicht könnte das Komitee noch einmal über die Unterstellhütte beraten.“ Jeder in der Runde begriff, was gemeint war – auch der Hausmeister. Aber niemand wurde bloßgestellt oder verletzt. Es geht also auch ohne deutsche Direktheit. Andererseits erleben wir auch, dass „die Wahrheit sagen“ sehr viel mit der gesellschaftlichen Position zu tun hat. Es tut schon fast weh, wenn wir miterleben, wie höher gestellte Personen zu Untergebenen sprechen. Der Mann, der die Wasseruhr abliest, hatte die vergangenen Monate vergessen, uns die Liste gegenzeichnen zu lassen. Als unsere Hausbesitzerin das mitbekam, faltete sie ihn zusammen, obwohl sie selbst nicht ganz unschuldig an dem Versäumnis war. Auch jüngere Frauen oder Mädchen müssen sich oft sehr unwirsche Zurechtweisungen von älteren Frauen anhören, wenn sie sich nicht regelkonform verhalten haben. Wir wollen jedem mit der gebotenen Achtung begegnen. „Ein Mann, der nicht lügt, kann nicht heiraten“ So lautet ein sambisches Sprichwort. Und was ist mit den Frauen? Vor der Eheschließung wird die Braut in Fertigkeiten eingeführt, die garantieren sollen, dass der Mann bei ihr bleibt, und die ihn bei Laune halten sollen. Sie lernt Tinkturen kennen (Kräuter oder auch Teile von Tieren), die sie ins Essen mischen oder im Haus verstecken kann. Oder Pülverchen, die mit dem Bodenwachs und einem Beschwörungsspruch (zum Beispiel „Mein Mann gehört allein mir!“) eingerieben werden. Ihr Ehemann darf auf keinen Fall jemals davon erfahren! Heimlichtuereien voreinander sind an der Tagesordnung: Die Ehefrau bekommt die Anweisung von ihrer Herkunftsfamilie, ihre Treue zu ihrer Familie zu beweisen, indem sie ihrem Ehemann Geld entwendet, ohne dass er es merkt. Treue, Vertrauen und Offenheit sind Fremdwörter in den meisten sambischen Ehen. Auch die Ehemänner tragen nicht dazu bei, dass sich ihre Frauen ehrlich verhalten. Oft hören wir: „Ich habe meinen Mann um Geld für den Einkauf gebeten. Er sagte, er hätte keines. Dann sehe ich kurz darauf, wie er einem Bekannten Geld gibt! Oder ich finde beim Waschen Geld in seiner Hosentasche!“ Wir können den Frauen Mut machen, den Anfang zu wagen und in der Ehe offen voreinander zu sein. Und wir können ihnen Jesus vorstellen, dessen lebensverändernde Kraft Neues wirkt. Diese Kraft können wir vorleben, indem wir versuchen, jedem offen und in Liebe zu begegnen, selber ehrlich und verlässlich zu leben und zu unserem Wort zu stehen. Reinhard und Cornelia Frey l Dr. reinhard und Cornelia Frey sind im oktober 2015 erneut nach Sambia ausgereist und bilden pastoren und Gemeindemitarbeiter aus. Zuvor waren sie in der Gemeinschaftsarbeit tätig (2003 bis Sommer 2015) und in der Gemeindegründung und bei Gemeindeleiterschulungen in Sambia (1986 bis 2002). beide haben die Ausbildung am theologischen Seminar der liebenzeller mission absolviert. Sie haben drei erwachsene Söhne. Heimlichtuereien voreinander sind an der tagesordnung. Der Animismus durchzieht nach wie vor alle lebensbereiche. Auch wenn Sambia am 29. Dezember 1991 zur christlichen nation ausgerufen wurde, ist eine völlige Abkehr vom Geisterglauben nicht selbstverständlich. Nach dem Frauenkreis FotoS: reinHarD unD Cornelia FreY mithelfen: SPenDenCoDe 1440-32 Sambia
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