Stellungnahme des Komitees der Liebenzeller Mission

Die Liebenzeller Mission und der Nationalsozialismus Stellungnahme der Liebenzeller Mission Wir danken Gott, dass er das Werk der Liebenzeller Mission ins Leben gerufen hat. Er hat seine Begründer inspiriert und geführt. Wir erinnern uns dankbar an ihren Glauben, ihre Hingabe und ihren beispielhaften Einsatz zum Besten für das Werk der Liebenzeller Mission und für viele Menschen in der Welt. Gleichzeitig nehmen wir eine Schattenseite ihres Lebens wahr, die in der Zeit des Nationalsozialismus offenbar wurde. Dazu nehmen wir wie folgt Stellung: 1. Wir sind über das, was bei der Recherche zutage getreten ist, zutiefst betroffen und bedauern, dass über so viele Jahre kein Versuch unternommen worden ist, diesen Teil der Geschichte der Liebenzeller Mission aufzuarbeiten. 2. Wir sind erschrocken darüber, dass auch die Liebenzeller Mission der Verführung des NS-­ Regimes erlegen ist und es damit zu keinem klaren christlichen Bekenntnis und zu Versäumnissen im praktischen Handeln kam. Es ist bedrückend, dass man in Adolf Hitler den von Gott gesandten und bestätigten Führer sah und ihm gegenüber eine völlig unkritische Haltung einnahm. 3. Wir bereuen aufrichtig die in der Recherche zutage getretene Stellung der Liebenzeller Mission zum Judentum. Wir sind entsetzt über die geistlich theologische Bewertung des jüdischen Volkes als „ein Fluch für die Völker", der damit verbundenen Haltung und dem Unrecht und Schaden, den jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger erlitten. Wir bitten voller Scham um Entschuldigung für die öffentlichen Äußerungen der damaligen Leitung. 4. Wir bitten um Vergebung dafür, dass die damalige Leitung Mitarbeiter angewiesen hat, zukünftig keine jüdischen Ärzte mehr aufzusuchen, und dass man sich in Einzelfällen von gläubigen christlichen Mitarbeitern jüdischer Abstammung distanzierte und ihnen nicht die Hilfe zuteil hat werden lassen, die der Liebe Christi gemäß gewesen wäre. 5. Wir sind beschämt, dass viele der mit dem Werk der Liebenzeller Mission verbundenen Menschen, Missionsfreunde, Beter und Spender in jenen Jahren durch eine vermeintlich prophetische Geschichtsdeutung in die Irre geführt worden sind. 6. Wir bedauern zutiefst, dass die Liebenzeller Mission aus Sorge um den Fortbestand der Arbeit und der Versorgung der Missionare geschwiegen hat, wo sie hätte ihre Stimme erheben müssen. 7. Wir wollen aus den geschichtlichen Erfahrungen lernen und uns selbstkritisch fragen, wo wir heute in ähnlicher Weise in Gefahr stehen, dem Zeitgeist zu erliegen. 8. Wir wissen um unsere eigene Unzulänglichkeit. Auch wir werden an anderen Menschen schuldig und merken oft erst im geschichtlichen Rückblick, wo wir wohlmeinend Irrwege gegangen sind. Gott allein spricht das letzte Urteil über jeden Menschen. Wir leben von seiner Barmherzigkeit und Vergebung. Deshalb spielen wir uns nicht zum Richter unserer Vorgänger und Väter auf. Wir bitten aber alle, denen wir oder unsere Vorgänger in der Verantwortung für das Werk der Liebenzeller Mission die notwendige Hilfe und Unterstützung versagt haben, die unter politischen Druck gesetzt worden oder zu Schaden gekommen sind, um Vergebung. In der Passionszeit 2015 Im Namen des Komitees der Liebenzeller Mission Direktor Pfr. Detlef Krause

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