MISSION weltweit 1/2026 MALAWI 5 ZUM THEMA Was kann Gnade bewirken? Irgendwann sagt der Redner etwas, das ich nicht mehr vergessen werde: „Viele Pastoren wollen das Evangelium der Gnade nicht verstehen. Viele sind zufrieden mit Werkgerechtigkeit. Wenn sie in ihren Kirchen das Evangelium der Gnade verkündigen würden, verlören sie die Kontrolle über ihre Mitglieder. Sie verlören ihre Macht, wenn sie den Leuten verkündigen würden, dass man zu seiner Rettung nichts beitragen muss und kann.“ Das Evangelium der Gnade wird manchmal aus Angst zurückgehalten. Pastoren haben Angst, dass die Mitarbeit und das Engagement nachlassen und die Moral den Bach runtergeht, wenn die Leute hören, dass sie das alles gar nicht machen müssten, um in den Himmel zu kommen. Auch der Gehorsam gegenüber dem Pastor und der Gottesdienstbesuch würden vielleicht (noch weiter) abnehmen. Wenn ein Pastor seinen Mitgliedern sagt, dass sie aus Gnade und nicht durch ihre guten Werke gerettet werden, verliert er die Kontrolle über sie. Es ist kulturell schwer zu verstehen, dass ein Pastor die Gemeinde nicht beherrschen, sondern durch sein Vorbild leiten soll (1. Petrus 5,3). Ein zweiter Grund, warum Gnade hierzulande nicht besonders groß gedacht werden kann, ist, dass es unter Malawiern ganz selten echte Vergebung und Versöhnung gibt. Dass ein Konflikt mit einer Aussprache endet, ist schon sehr ungewöhnlich. Man tut zwar so, als wäre alles in Ordnung. Doch der Konflikt schwelt weiter. Die Vorwürfe gegen den anderen werden nie wirklich fallen gelassen. Die Schuld wird nicht vergeben, sondern festgehalten – damit hat man etwas gegen den anderen in der Hand. Dass Gott unsere Sünden an Orten versteckt, von denen sie nie wieder hervorgeholt werden können (Micha 7,19) oder dass Gottes Gnade und Treue wie der Himmel über uns kein Ende haben (Psalm 108,5), liegt außerhalb des Denkhorizonts. Es gibt im Leben der Malawier keine Analogie, kein Bild dafür. Wir sind Botschafter der Gnade Gottes Besonders leid tut es mir für die Menschen, die jeden Sonntag in den Gottesdienst gehen und trotzdem selten die Chance haben, das Evangelium zu hören. Statt eines Hirten, der der Herde vorangeht, haben sie oft einen Cowboy, der sie vor sich hertreibt. Statt eines Dieners, der ihnen mit dem Evangelium Trost und Hilfe bringt, haben sie oft einen Herrscher, der von ihnen Gehorsam und Treue verlangt. Wir wünschen uns und arbeiten daran, dass Pastoren, Kirchenleiter, Mitarbeiter und auch Gottesdienstbesucher das Evangelium der Gnade hören und es ihr Denken und Leben verändert. Dann können sie entgegen ihrer Kultur zu Botschaftern dieser Versöhnung werden. Wir glauben, dass das Evangelium das Potenzial hat, Unversöhnte und Unversöhnliche zu verändern. Wir wollen auch selbst als Botschafter dafür einstehen. Indem wir vergeben, wenn Leute an uns schuldig geworden sind, so wie Gott uns vergeben hat. Und indem wir um Vergebung bitten, wo wir Fehler machen. Du kannst uns mit deinem Gebet bei dieser Aufgabe unterstützen. Bengt Riedel Bengt und Eileen Riedel leben seit März 2021 in Malawi. Im Dorfentwicklungsprojekt „Ubwenzi“ begleiten sie Pastoren und fördern Mitarbeiter. Daneben leitet Eileen mehrmonatige impact-Einsätze und ist in der Jugendarbeit aktiv. Bengt ist studierter Theologe (IHL), Eileen hat die ITA absolviert. Gemeinsam wollen sie andere zu Jesus rufen und ihnen helfen, ihre Berufung zu leben. Rundbriefe und mehr: www.liebenzell.org/riedel Viele sind zufrieden mit Werkgerechtigkeit. Das Dorfentwicklungsprojekt „Ubwenzi“ liegt in Chilonga, einem abgelegenen Gebiet südwestlich des Malawisees mit 13 Dörfern, in denen rund 10 000 Menschen leben. Zum Projekt gehören ein Kindergarten, eine Grund- und Hauptschule und geistliche Angebote wie Kinderclubs, Programme für Jugendliche, Gemeindeleiterschulungen und übergemeindliche Treffen. Auch die Trinkwasserversorgung der Dörfer wurde in den vergangenen Jahren erheblich verbessert. „Ubwenzi“ bedeutet in der Sprache Chichewa „Freundschaft“, aber noch viel mehr: Brücken schlagen zwischen Völkern, Unterschiedlichkeiten überwinden, einander die Hand reichen, füreinander da sein, in Liebe und Mitgefühl einander begegnen. Mehr Infos und ein Kurzclip: www.liebenzell.org/ubwenzi Die Gnade Gottes ist das größte Geschenk. Davon sollen alle Menschen hören FOTO: BENGT RIEDEL Die Malawi-Missionare der Liebenzeller Mission treffen sich regelmäßig zu Austausch und Gebet
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