MISSION weltweit – Ausgaben 2025

MISSION weltweit 1/2025 DEUTSCHLAND 5 ZUM THEMA dachte ich mir. Wir hatten Heimweh nach dem alten Team und Auseinandersetzungen mit unseren drei Jungs, die sich ebenfalls an ihr neues Umfeld gewöhnen mussten. Auch die Neubrandenburger hatten zu kämpfen. Ein wichtiger Mitarbeiter fiel wegen Long Covid viele Monate aus. Ich kann mich an keine Phase erinnern, in der ich so niedergeschlagen, müde und verunsichert war wie nach diesem Wechsel. Der starke Widerspruch zwischen meinem persönlichen Kampf und der Gewissheit, in Lichtenhagen und Lütten Klein tatsächlich am richtigen Platz zu sein, war kaum zu ertragen. Schneller Beginn, herber Rückschlag Wie durch ein Wunder begegneten wir Leuten, die unser Anliegen für unsere Rostocker Nachbarschaft teilten. Sie wohnten selbst dort oder hatten Familie vor Ort und beschäftigten sich mit uns in einem Kleingruppenformat mit dem Aufbau von Gemeinden. Sie gingen mit uns auch auf die erste von vier Weiterbildungen des M4-Netzwerks, eine Bewegung, die sich für Gemeindegründung in Europa einsetzt. Wir staunten über das Tempo und waren erleichtert, dass wir zeitig Erfolge in unserer Arbeit melden konnten. Doch im Mai 2023 ging es mir so schlecht, dass ich ärztliche Hilfe in Anspruch nahm. Den gesamten Sommer wurde ich wegen einer depressiven Störung krankgeschrieben. Dank therapeutischer Begleitung und eines hilfreichen Medikaments stabilisierte sich meine Gesundheit so weit, dass ich im Oktober wieder einsteigen konnte. Von unserem kleinen Team mussten wir uns jedoch verabschieden. Unseren Bekannten fehlte es unter anderem an zeitlichen Ressourcen. Diese Woche, in der ich zur Arbeit zurückkehrte, war unvergesslich. Einerseits hatten wir so viele ermutigende Begegnungen mit Nachbarn und spürten, dass wir weiterkommen würden. Andererseits hatten wir schmerzliche Aussprachen mit unseren Mitarbeitern. Nun standen wir wieder allein da. Ilonka und ich machten ein paar Schritte zurück, aber mit einem wundersamen Gefühl der Erleichterung. Es reizte uns, mit mehr Erfahrung und stabilerer psychischer Gesundheit neu ans Werk zu gehen. Langsamer und weiser. Ernüchtert, aber selbstbewusster. Heilsame Dürrezeiten Als Gemeindegründer haben wir große Ziele, einen atemberaubenden Strategieplan, abgesprochen mit unseren Vorgesetzten – und sind dabei auf unsere menschlichen Gaben und Unmöglichkeiten zurückgeworfen. Wir sind äußerst unbegabt im Zaubern, daher sind das Gelingen unserer Arbeit und die Verwirklichung unserer frommen Träume abhängig von Gottes Zutun. Wir handeln und beten. Gott schenkt Begegnungen, die für uns wie Wunder sind. Sogar die Kämpfe um meine psychische Gesundheit haben uns schon Türen aufgemacht und Vertrauen wachsen lassen. Manche langwierigen Prozesse erleben wir Menschen wie Strafrunden. Doch persönliche Dürrezeiten stehen nicht in direktem Zusammenhang mit Schuld und Scheitern. Und sie können genauso heilsam sein wie schnell ersehnte Wunder. Schicksalhafte Brüche sind in unser Leben ebenso eingewoben wie Wachstum, Lernen und Neubeginn. Aaron Köpke Unter dem Titel „Lichterkette – Kirche im Block“ gründen Aaron und Ilonka Köpke eine Gemeinde in Rostock-Lichtenhagen und Lütten Klein. Die Grundlage bilden Freundschaften und Netzwerkarbeit mit Kita, Schulen, Stadtteilbüro und Sportverein. In Lütten Klein liegt die Kirchenzugehörigkeit bei ca. acht Prozent. Das ist selbst für das zum Großteil atheistisch geprägte MecklenburgVorpommern sehr wenig. FOTOS: AARON KÖPKE Mit Aktionen wie Chor, Spielplatzpicknicks oder Mehrsprachigkeitstreffen finden Menschen zusammen und zum Glauben Das Leben unter ähnlichen Wohnbedingungen ist eine Chance für dichtes nachbarschaftliches Miteinander und hilft gegen die Anonymität Persönliche Dürrezeiten stehen nicht in direktem Zusammenhang mit Schuld und Scheitern

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