23 LIEBENZELLER MISSION AKTUELL MISSION weltweit 4/2025 Trotzdem gab es in Burundi neue Herausforderungen in Bezug auf was „Frau“ tut oder nicht tut. Ich fand es schade, dass Pfeifen ein absolutes Tabu war. Auch meine Rolle als Ehefrau musste sich anpassen. Gut fand ich den Rat, solche Erfahrungen als „anders“ wahrzunehmen und nicht als gut oder schlecht einzuordnen. Was waren die Höhepunkte eurer Missionsarbeit? Albrecht: Jede Gemeindegründung – wo vorher nichts war und dann eine Gemeinde entstanden ist – war für uns ein Höhepunkt. Der größte war 2010 die Mitgründung der Evangelischen Allianz in Frankreich. Dort haben sich 2400 Gemeinden zusammengeschlossen: Pfingstler, Charismatiker und Evangelikale wie wir. Und es war natürlich ein absoluter Höhepunkt, wenn Menschen mit stark atheistischem Hintergrund zu einem lebendigen Glauben gefunden haben. Es war bewegend zu sehen, wie diese dann zu starken Stützen in den neuen Gemeinden wurden. Das war für mich das Größte. Wie hat sich aus deiner Sicht die Missionsarbeit in den letzten 35 Jahren verändert? Albrecht: Als wir anfingen, gab es zunächst keinen richtigen Plan: „Gründet einfach Gemeinden in Gegenden, wo es noch keine gibt.“ Dann hat man mich und meine Frau in der Stadt abgesetzt und gesagt: „So, schaut euch das alles einmal an und macht was.“ Heute denkt man darüber nach, ein Team von Missionaren mit unterschiedlichen Begabungen zu bilden und auszusenden. Aber so manche Teams scheitern, weil es an Abstimmung und einer klaren Vision fehlt, was sie erreichen wollen. Wir haben uns für Teamarbeit auf Distanz entschieden. Etwa alle 40 Kilometer war ein Missionarsehepaar stationiert. So konnten wir innerhalb einer Stunde beim anderen sein und ihm bei Veranstaltungen helfen. Wie sehen nun eure Pläne für den Ruhestand aus? Albrecht (lacht): Ich habe schon drei Angebote. Aber wir wollen wie bisher darauf hören, was Gott mit uns vorhat, damit wir finden, was zu uns passt und wo wir wirklich nützlich sein können. Das Engagement wird altersbedingt bedächtiger sein, aber dafür können wir unsere Erfahrungen einbringen. Bis Ende des Jahres werde ich noch ehrenamtlich für die Liebenzeller Mission tätig sein, um sie bei verschiedenen Veranstaltungen zu vertreten. Annegret: Ich möchte erst einmal nicht mehr als Frau eines Pastors wahrgenommen werden und mehr Freiraum haben, um Dinge zu tun, die mir Freude machen. Das geht vom Stricken übers Klöppeln bis zum Reiten und Gleitschirmfliegen. Muss man für die Missionsarbeit sprachbegabt sein? Albrecht: Nein, überhaupt nicht! In Sprachen war ich eine totale Niete. Wegen Französisch bin ich sogar sitzen geblieben. Beim Abitur habe ich zu Gott gebetet: „Bitte nie wieder Französisch in meinem Leben!“ Er hat mir dann zehn Jahre Zeit gelassen. Heute finde ich, dass Französisch die schönste Sprache der Welt ist – nach Schwäbisch. Wie hat sich deiner Erfahrung nach das Bild von Mission verändert? Albrecht: Als wir anfingen, hieß es bei uns im Dorf: „Der will nur nicht arbeiten, der wird Missionar.“ Dann kam der große Vorwurf, Missionare seien Kulturzerstörer. Als dann die Fernsehserien anfingen mit Menschen, die sich im Ausland eine neue Existenz aufbauen, wurden wir bewundert. Wenn wir in den letzten Jahren in Deutschland waren, sagten uns junge Menschen: „Ihr seid ein echtes Vorbild für uns, weil ihr schon so lange in der Mission seid. Wir gehen jetzt auch.“ Es hat also ein Wandel stattgefunden, was den Blick auf die Mission angeht. Die Arbeit und die Methoden ändern sich, aber meine Botschaft ist dieselbe geblieben. Gott hat mich langsam verändert, aber ich bin immer authentisch geblieben. Es ist nur die Gesellschaft, die die Dinge anders interpretiert. Annegret: Wichtig ist, dass wir offenbleiben für unsere persönliche Beziehung zu Gott. Dass Gott in uns wirken kann, dass er meinen Charakter verändern kann. Und dann kann ich strahlen, dann kann ich Licht und Salz sein. Und ja, da musste ich manches lernen in meinem Leben und lerne immer noch ... Die Fragen stellte Claudius Schillinger, Öffentlichkeitsarbeit Das vollständige Interview ist zu finden unter https://www.liebenzell.org/ interview-hengerer 2022: Albrecht Hengerer im Einsatz in Burundi (links) 2013: Strahlende FrankreichMissionare (unten)
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