18 LIEBENZELLER MISSION AKTUELL WEITERDENKEN >> SONDERBEITRAG ZUM THEMA VON PROF. DR. ULRICH GIESEKUS Covid hat noch starke Auswirkungen in vielen Lebensbereichen. Der Überfall auf die Ukraine, der Krieg im Nahen Osten und zerbröckelnde Koalitionen im Aus- und Inland zeigen uns, wie zerbrechlich die weltpolitische Lage ist. Wichtige Fragen beschäftigen uns. Ist Aufrüsten der Weg zur Sicherheit? Sanktionen und hohe Energiepreise – geraten wir von unguten in noch schlechtere Abhängigkeiten? Und wie sollen wir wissen, was wir wem glauben dürfen? Die eine Wahrheit kennt niemand. Deshalb: Können und dürfen wir als Christen zufrieden sein in einer Welt, mit der wir uns keinesfalls zufriedengeben dürfen? Meine Antwort lautet: ja und nein. Nein, weil Gott die Welt „so sehr geliebt hat, dass er seinen einzigen Sohn hingab“ (Johannes 3,16). Gott leidet an und mit dem Leid der Schöpfung, zu der wir gehören und die wir gleichzeitig zerstören. Als seine Kinder dürfen wir nicht gleichgültig zuschauen. Beim Propheten Jona finden wir das exemplarisch: Seine Ablehnung für Ninive führt erst zur Verweigerung des Heilsauftrages. Auch als Gottes Liebe unveränderlich darauf beharrt, bleibt Jona kalt für das Heil der Menschen. Die erste Lektion Gottes lautet: Es gibt keine Gottesferne, zu der du vor mir weglaufen kannst. Ich bin in den Tiefen des Meeres genauso wie im heiligen Tempel. Lieber Jona, Gott lebt überall. Auch in Krisen und Leid. Obwohl er ahnen könnte, dass Gott sogar in Ninive gegenwärtig ist, will Jona den Untergang Ninives nun mit rechthaberischer Selbstzufriedenheit auf dem Logenplatz genießen − was Gott wieder gar nicht gefällt. Er erteilt Jona eine weitere Lektion: Jona heult rum wegen seiner schattenspendenden Staude und Gott trauert um die vielen Menschen und die Tiere. Was für ein Kontrast. Diese Zufriedenheit mit dem Leid derjenigen, die wir schon verurteilt und abgeschrieben haben, ist auch heute sichtbar. Das kalte Urteil „Die sind doch selbst schuld“ kann viele treffen: Israel oder Palästina, russische oder ukrainische Soldaten, Drogensüchtige, Wohnsitzlose, Geflüchtete, Opfer sexueller Gewalt. Oft gilt es allen, die nicht so sind wie wir. Als ob unsere frommen Werte das wären, was uns für Gott wertvoll macht und zu ihm bringt. Jonas Gleichgültigkeit und sensationslüsterne Gafferei, seine klammheimliche Schadenfreude und offene Verachtung sind auch heute en vogue. Nicht nur in der „bösen Welt“, sondern ebenfalls bei uns „Frommen“. Sonderbeitrag von Prof. Dr. Ulrich Giesekus Kann man in einer Welt zufrieden sein, mit der man nicht zufrieden sein darf? Wir dürfen uns nicht zufriedengeben mit Leid und Zerbruch, an denen Gott leidet. UN(D)ZUFRIEDEN? Also ein klares Nein – wir dürfen uns nicht zufriedengeben mit Leid und Zerbruch, an denen Gott leidet. Wir sind als Christen nicht zur Zufriedenheit berufen, sondern zum Frieden, zur Gerechtigkeit, zur Liebe, zum Glauben und zur Hoffnung. Und doch Ja zum Leben: Resilienz Und doch gibt es ein Ja. Was uns trotz allem zufrieden machen kann, zeigt die Bibel als Haltungsmerkmale von Menschen, die Jesus nah sind: Dankbarkeit, Hoffnung, Liebe, Frieden, Vertrauen, Gemeinschaft, Dienst, Hingabe oder Wahrhaftigkeit.
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