MISSION weltweit – Ausgaben 2025

ZUM THEMA DEUTSCHLAND 12 Das Wort „zufrieden“ begegnet mir immer mal wieder in unserer Jugendarbeit „Lubu Beatz“. Junge Leute aus verschiedenen kulturellen Hintergründen und insbesondere aus bildungsfernen Milieus erhalten bei uns die Möglichkeit, eigene Songs zu entwickeln, auf die Bühne zu bringen und auf Social Media zu teilen. Die Genres reichen von Rap bis Pop, von kantig bis melancholisch. Wir sind begeistert, wie wir auf diese Weise tiefgründige Verbindungen zu jungen Leuten aufbauen können, die fernab von Gemeinde stehen, und mit ihnen unseren Glauben teilen. In jedem gemeinsamen Songprojekt steckt sehr viel Arbeit und Herz – vor allem von dem Mitarbeiter, der den Song produziert und etliche Stunden Kreativität investiert. Zudem ist das Projekt für die Teilnehmenden kostenfrei. Die Reaktion des Rappers „Ich bin zufrieden“ ist gewiss nicht abschätzig gemeint, jedoch in diesem Zusammenhang einfach nicht angemessen. Da bekommt einer so viel geschenkt, kann mitbestimmen und gemeinsam agieren. Ich spüre ihm ab: Er ist wirklich von seinem Song begeistert. Und doch hätte ich mir hier mehr Wertschätzung, mehr Dankbarkeit gewünscht. Die Kehrseite der Zufriedenheit Eigentlich ist Zufriedenheit ja ein wunderschöner Wert und eine Tugend – keine Frage! Jedoch hat sie auch eine Kehrseite. Sie kann uns dazu verleiten, uns selbst, unsere Ansprüche und Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen. Als ob es darum ginge, dass wir zufriedengestellt werden müssen als eine Art Grundrecht, als Voraussetzung unseres Glücks. Ich merke das sehr deutlich an mir selbst, nicht nur bei Lubu Beatz. Mir fällt auf, wie oft ich meinen Kindern die Frage stelle: „Wie findest/fandest du …?“ Diese Frage ist durchaus berechtigt, kann jedoch bei großer Häufigkeit auch suggerieren, dass das Wichtigste ist, wie uns persönlich etwas entspricht. Sie verleitet zum Urteilen, zur Skalierung unseres Glücks. Statt ins Erzählen zu kommen, was wir erlebt haben, wird alles mit einer knappen Bewertung abgehakt. Zufriedenheit wird zum Maßstab. Zurück zu Lubu Beatz: Die Zimmereinteilung für das anstehende Songwriting-Camp steht an. Wie jedes Jahr fahren wir mit der gesamten Truppe ein paar Tage weg, um gemeinsam an Songs zu feilen, eine besondere Zeit der Gemeinschaft zu genießen und von Gott zu hören. Nun geht es um die Organisation: Wer kommt mit wem ins Zimmer? Wer arbeitet mit welchem Produzenten, wer mit welchem Nachwuchskünstler zusammen? Etliche unserer jungen Leute haben da ganz klare Vorstellungen, also eine relativ geringe Flexibilität und Frustrationstoleranz. Das soll kein „Wie findest du dein Songprojekt?“, frage ich einen jungen Rapper. „Gut, ich bin zufrieden“, meint er. In mir bleibt ein komisches Gefühl. Wie findest du…?

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