MISSION weltweit – Ausgaben 2025

MISSION weltweit 4/2025 PAPUA NEUGUINEA 7 ZUM THEMA FOTO: CHRISTINA FEIGE Besteht dennoch ein Konflikt zwischen zwei Parteien, kann man sich Frieden, wanbel, erkaufen. Je nachdem, was den Unfrieden hervorgebracht hat, muss eine adäquate Gegenleistung gezahlt werden: Hat ein Familienmitglied Hab und Gut einer anderen Familie beschädigt und damit das wanbel zwischen den Familien, muss die gesamte Familie dafür aufkommen. Jedes Delikt hat seinen festgesetzten Preis. Wird wanbel nicht erkauft, muss man Rache fürchten. Einen Vergeltungsschlag. Einen Fluch. Angst prägt die Beziehung. Frieden ist daher ein hohes Gut. Oder vielmehr das Nichtexistieren von Unfrieden. Sind unsere Beziehungen wanbel? Zufriedenheit ist abhängig von den Beziehungen, in denen wir stehen. Sind diese wanbel? Das Alte Testament verwendet für Frieden das Wort Schalom. Auch hier rückt der Beziehungsaspekt in den Fokus, denn Schalom beschreibt unter anderem die Wiederherstellung der Beziehungen des Menschen zu Gott, Natur und anderen Menschen. Dagegen nehme ich in unseren westlichen Breitengraden eher wahr, dass bezüglich unserer Zufriedenheit der Aspekt der Beziehung immer weniger Raum einnimmt: Zufriedenheit wird durch die Erfüllung persönlicher Wünsche und Bedürfnisse suggeriert. Was macht wirklich zufrieden? Auch unsere innere Zufriedenheit als Missionare in Papua-Neuguinea richtet sich oft auf äußere Verhältnisse: Gibt es Strom in der Stadt oder schon wieder einen tagelangen Ausfall? Gibt es Diesel oder müssen wir rationieren? Gibt es Milchprodukte oder müssen wir auf den nächsten Container hoffen? Aber egal, wie die Antworten ausfallen: Wenn wir in unseren Beziehungen in der Familie, zu Freunden, zu Einheimischen, zur Natur und nicht zuletzt zu Gott wanbel sind, spüren wir innere Zufriedenheit. Auch wenn wir von den Dingen, die wir zu brauchen meinen, wenig haben. Umgekehrt gilt: Wenn wir im Unfrieden miteinander sind, könnten wir alle Reichtümer der Welt haben und wären trotzdem unzufrieden. Wie werden wir wanbel? Sehr verkürzt würde ich sagen: Wir werden wanbel, wenn wir Gott als Gott ehren und lieben, in Dankbarkeit und Demut den anderen höher achten als uns selbst und die Natur (und damit auch uns selbst) als Geschenk behandeln (nach Matthäus 22,37–39). Christina Feige Manuel und Christina Feige leben seit 2018 in Wewak, Papua-Neuguinea. Dort schulen sie Gemeinden darin, ihre Kinder- und Jugendarbeit fundiert zu gestalten. Die beiden haben an der IHL Theologie bzw. Theologie und Soziale Arbeit im interkulturellen Kontext studiert. Sie haben zwei Söhne: Casper (8) und Mats (5). Rundbriefe und mehr: www.liebenzell.org/feige „wanbel“: einbäuchig, einig, miteinander im Frieden sein. Vom Englischen one (eins) und belly (Bauch). „tasol“: nichts anderes. Tok Pisin: „Die Sprache der Vögel“ Bedingt durch die Geografie des Landes haben sich in Papua-Neuguinea mehr als 800 völlig verschiedenartige und eigenständige Sprachgruppen entwickelt. Um den Handel zwischen den verschiedenen Sprechern zu ermöglichen, wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Tok Pisin als eine von zwei Handelssprachen in Papua-Neuguinea etabliert. Ein Bauch und eine Seele „Wanbel tasol.“ – Entschuldige ich mich in Papua-Neuguinea für einen Fehler, antwortet mein Gegenüber meist mit dieser Redewendung. Dieser Ausdruck auf Tok Pisin rührt jedoch weniger von einem empfundenen Frieden her. Dahinter steckt vielmehr die Angst, im Unfrieden mit jemandem zu sein und sich den Konsequenzen stellen zu müssen. FUNDSTÜCK „Wer nicht mit dem zufrieden ist, was er hat, der wäre auch nicht mit dem zufrieden, was er haben möchte.“ BERTHOLD AUERBACH

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