AUSGABE 5/6 – JULI/AUGUST 2022 www.liebenzell.org Japan: Die sieben Wunder von Sakuragawa Deutschland: Unbegabt im Zaubern Sambia: Gott vermehrt Öl, Mehl – und Gas MISSION WELTWEIT AUSGABE 1/2025 – JANUAR BIS MÄRZ Mit Sonder- beitrag von Detlef Krause Wenn Gott (k)ein Wunder wirkt
2 11 ZUM THEMA 4 Deutschland: Unbegabt im Zaubern Aaron Köpke 6 Sambia: Gott vermehrt Öl, Mehl – und Gas Julia Wittmann 7 Japan: Die sieben Wunder von Sakuragawa Schwester Priscilla Kunz 8 Burundi: Brauche ich ein Wunder? Esther und Manuel Stoll 10 Papua-Neuguinea: Wozu Wunder gut sind Jamin Masquiren 11 Uganda: Eine der größten Anfechtungen Martin Auch 12 Deutschland: Wenn da (k)ein Wunder geschieht! Klaus-Dieter und Erika Volz 14 Frankreich: Wir brauchen ein Wunder! Norbert und Susanne Laffin 15 Spanien: Das Wunder von Marbella Theo und Carolin Hertler EDITORIAL 3 Der Herr tut auch heute noch Wunder Dave Jarsetz WEITERDENKEN 18 Damit aus Wunden Wunder werden Prof. Dr. Martin und Annette Ebinger SONDERBEITRAG ZUM THEMA 22 Wenn Gott (k)ein Wunder wirkt Detlef Krause WELTMISSION AKTUELL 16 Miteinander statt nebeneinander Dr. Simon Herrmann LIEBENZELLER MISSION AKTUELL 17 Deutschland: Vermittler 25 Bad Liebenzell: Wir sind im Krisenmodus! IHL/ITA KONKRET 20 Neu im Studium 21 Aktuelles von IHL und ITA PERSÖNLICHES 26 Familiennachrichten 27 Missionare unterwegs Das erwartet mich DAS EMPFEHLEN WIR 25 Termine 2025 28 Tipps und Termine 31 Predigten und Vorträge, Medien, Buchtipps 32 TV-Programm 33 Deine Spende hilft Frankreich: Menschen begleiten und ermutigen 34 Wie Gott es macht, wirdʼs gut Interview mit Familie Anderson 31 Impressum Schwerpunkte Das tun unsere Missionare weltweit: GEMEINDEN GRÜNDEN MENSCHEN DIENEN PARTNERSCHAFT LEBEN MISSION FÖRDERN Chief (Dorfoberhaupt) aus der Nähe von Ubwenzi (Malawi) TITELFOTO: JOSEPH KALUZI 4 10
MISSION weltweit 1/2025 18 AKTUELLE INFOS O im Internet: www.liebenzell.org O in der wöchentlichen Gebetsmail: www.liebenzell.org/ gebetsanliegen O in der LM-App „Meine Mission“: www.liebenzell.org/app O auf Facebook: facebook.com/liebenzellermission O auf Instagram: instagram.com/liebenzeller.mission SPENDEN Liebenzeller Mission Sparkasse Pforzheim Calw IBAN: DE27 6665 0085 0003 3002 34 BIC: PZHSDE66XXX Die Liebenzeller Mission ist als gemeinnützig anerkannt. Spenden, Schenkungen und Vermächtnisse müssen nicht versteuert werden. Vom Wunder von Bern, dem ersten Fußball-Weltmeistertitel für Deutschland, haben die meisten schon gehört. Manche kennen das Wunder von Lengede, bei dem 1963 elf eingeschlossene Bergleute gerettet wurden. 2009 sprach man vom „Wunder vom Hudson“, als Pilot Chesley Sullenberger mit seinem Flugzeug auf dem Fluss mitten in New York notlanden musste. Alle 155 Menschen an Bord überlebten. Diese Wunder sind sprichwörtlich geworden. Trotzdem glauben nach einer Umfrage nur 29 Prozent der Deutschen an göttliche Wunder. 2024 feierten wir das 125. Jubiläum der Liebenzeller Mission. Unsere Geschichte ist voller Wunder. Sie begann mit einem Gebetswunder. Elf Jahre betete Schwester Lina Stahl, dass aus dem Schlossberghügel ein feuerspeiender Berg würde, von dem aus das Evangelium wie ein Lauffeuer in die ganze Welt geht. Der Beginn der Missionsarbeit auf Manus in Papua-Neuguinea war keine Erfolgsgeschichte. Zehn Jahre tat sich nichts. Dann erlebte Missionar Friedrich Doepke ein Taufwunder: Mit Po Loges konnte 1924 der erste Manuese getauft werden. Der Dienst in Frankreich begann mit einem Finanzwunder. Der damalige Missionsdirektor Ernst Vatter bekam auf der Rheinbrücke von einer alten Dame einen Schuhkarton voller Geld geschenkt – für den Start der Arbeit in der Normandie. Missionar Albert Rechkemmer erlebte zu Beginn seiner Zeit in Bangladesch ein Hauswunder. Das ausgesuchte Gebäude in Dhaka wollte auch die Weltbank mieten. Sie bot doppelt so viel Geld. „Es sollen die Deutschen bekommen, weil ich weiß, dass sie mein Haus am besten pflegen“, entschied der Eigentümer. Gott schenkte Wunder zur Zeit der Bibel, in der LM-Geschichte und auch in unserem Leben. Stunde um Stunde, Tag für Tag, wie es in einem Lied von Samuel Harfst heißt. Wir glauben an einen Gott, der – jenseits der Naturgesetze – Wunder wirkt wie das Schöpfungs-, Offenbarungs-, Menschwerdungs- und Auferstehungswunder. In dieser Ausgabe lest ihr von Wundern, die unsere Mitarbeiter erlebt haben. Aber auch davon, wie erbetene Wunder ausblieben. In beiden Fällen sind und bleiben wir von Gott geliebt, geborgen und gehalten – wundervoll und wunderbar. Wie gut, dass gilt, was Jesus sagt: „Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden.“ (Matthäus 28,18) Herzlichst Dave Jarsetz, Missionsleiter 3 Der Herr tut auch heute noch Wunder Editorial
ZUM THEMA DEUTSCHLAND 4 Aaron und Ilonka Köpke leben seit Sommer 2022 in Rostock. Dort starten sie eine Gemeindegründung in den Stadtvierteln Lichtenhagen und Lütten Klein. Zuvor arbeiteten sie zehn Jahre lang in Neubrandenburg. Mit dem Team der „Oase im Reitbahnviertel“ gründeten sie eine Gemeinde mit Menschen aus dem Viertel für das Viertel. Ilonka und Aaron haben drei Kinder. Rundbriefe und mehr: www.liebenzell.org/koepke Zehn intensive Jahre lang war ich Sozialarbeiter der „Oase im Reitbahnviertel“. Ich habe viel erlebt, stets in vollem Bewusstsein, etwas Wichtiges für das Viertel zu tun und damit nah am Herzen Gottes zu handeln. Trotzdem war das dichte Beieinander von Freud und Leid nichts für schwache Nerven. Wir hatten immer ein Mitarbeiterteam sowie ein Netzwerk von Unterstützern, damit die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt werden konnten. Doch wir verloren auch Leute, in die wir Hoffnung gesetzt hatten. Sie verließen uns oder verstarben plötzlich. Alle unsere Angebote gingen wir mit Leidenschaft an. Unser Anspruch war, dass sie für jeden ungläubigen Menschen verständlich sein sollten. Ich meine, wir sind mit der Zeit immer besser geworden. Aber oft mussten wir schweren Herzens zur Kenntnis nehmen, dass Leute bewusst weghörten und folgenreiche Fehlentscheidungen trafen. Andere begannen mutig ein neues Leben mit Jesus und wurden durch Armut und alte Probleme unbarmherzig zurückgeworfen. Bei allem hatten wir Glauben an Jesus, beteten für Heilung, Befreiung und dass er sich Menschen persönlich zeigen möge. Die meiste Zeit „zauberten“ unsere Gebete keine Wunder herbei, sondern begleiteten eher lange Prozesse, deren Ausgang offenblieb. Trennungsschmerz und Anfangskämpfe Im Sommer vor zwei Jahren nahmen wir als Familie Abschied von Freunden und Kollegen in der Oase und der Stadt Neubrandenburg. Denn in der Hansestadt Rostock wollten wir den Grundstein für eine neue Gemeinde legen. Wir waren inhaltlich gut vorbereitet, hatten den Ort sorgfältig ausgewählt. Mit göttlichen Zusagen und Gebeten gingen wir ermutigt in den neuen Lebensabschnitt. Der wirkliche Abschiedsschmerz kam bei mir danach. Die ersten Monate in Rostock waren für mich eine düstere Zeit. Das gehört dazu, Nichts, wirklich nichts hat man hundertprozentig in der Hand. Zu vielem haben wir eine Meinung, einen guten Plan und rechnen noch dazu mit einem Gott, der alle Macht hat. Und doch kommt es oft anders, als man es sich vorstellte und voller Glauben hoffte. Unbegabt im Zaubern
MISSION weltweit 1/2025 DEUTSCHLAND 5 ZUM THEMA dachte ich mir. Wir hatten Heimweh nach dem alten Team und Auseinandersetzungen mit unseren drei Jungs, die sich ebenfalls an ihr neues Umfeld gewöhnen mussten. Auch die Neubrandenburger hatten zu kämpfen. Ein wichtiger Mitarbeiter fiel wegen Long Covid viele Monate aus. Ich kann mich an keine Phase erinnern, in der ich so niedergeschlagen, müde und verunsichert war wie nach diesem Wechsel. Der starke Widerspruch zwischen meinem persönlichen Kampf und der Gewissheit, in Lichtenhagen und Lütten Klein tatsächlich am richtigen Platz zu sein, war kaum zu ertragen. Schneller Beginn, herber Rückschlag Wie durch ein Wunder begegneten wir Leuten, die unser Anliegen für unsere Rostocker Nachbarschaft teilten. Sie wohnten selbst dort oder hatten Familie vor Ort und beschäftigten sich mit uns in einem Kleingruppenformat mit dem Aufbau von Gemeinden. Sie gingen mit uns auch auf die erste von vier Weiterbildungen des M4-Netzwerks, eine Bewegung, die sich für Gemeindegründung in Europa einsetzt. Wir staunten über das Tempo und waren erleichtert, dass wir zeitig Erfolge in unserer Arbeit melden konnten. Doch im Mai 2023 ging es mir so schlecht, dass ich ärztliche Hilfe in Anspruch nahm. Den gesamten Sommer wurde ich wegen einer depressiven Störung krankgeschrieben. Dank therapeutischer Begleitung und eines hilfreichen Medikaments stabilisierte sich meine Gesundheit so weit, dass ich im Oktober wieder einsteigen konnte. Von unserem kleinen Team mussten wir uns jedoch verabschieden. Unseren Bekannten fehlte es unter anderem an zeitlichen Ressourcen. Diese Woche, in der ich zur Arbeit zurückkehrte, war unvergesslich. Einerseits hatten wir so viele ermutigende Begegnungen mit Nachbarn und spürten, dass wir weiterkommen würden. Andererseits hatten wir schmerzliche Aussprachen mit unseren Mitarbeitern. Nun standen wir wieder allein da. Ilonka und ich machten ein paar Schritte zurück, aber mit einem wundersamen Gefühl der Erleichterung. Es reizte uns, mit mehr Erfahrung und stabilerer psychischer Gesundheit neu ans Werk zu gehen. Langsamer und weiser. Ernüchtert, aber selbstbewusster. Heilsame Dürrezeiten Als Gemeindegründer haben wir große Ziele, einen atemberaubenden Strategieplan, abgesprochen mit unseren Vorgesetzten – und sind dabei auf unsere menschlichen Gaben und Unmöglichkeiten zurückgeworfen. Wir sind äußerst unbegabt im Zaubern, daher sind das Gelingen unserer Arbeit und die Verwirklichung unserer frommen Träume abhängig von Gottes Zutun. Wir handeln und beten. Gott schenkt Begegnungen, die für uns wie Wunder sind. Sogar die Kämpfe um meine psychische Gesundheit haben uns schon Türen aufgemacht und Vertrauen wachsen lassen. Manche langwierigen Prozesse erleben wir Menschen wie Strafrunden. Doch persönliche Dürrezeiten stehen nicht in direktem Zusammenhang mit Schuld und Scheitern. Und sie können genauso heilsam sein wie schnell ersehnte Wunder. Schicksalhafte Brüche sind in unser Leben ebenso eingewoben wie Wachstum, Lernen und Neubeginn. Aaron Köpke Unter dem Titel „Lichterkette – Kirche im Block“ gründen Aaron und Ilonka Köpke eine Gemeinde in Rostock-Lichtenhagen und Lütten Klein. Die Grundlage bilden Freundschaften und Netzwerkarbeit mit Kita, Schulen, Stadtteilbüro und Sportverein. In Lütten Klein liegt die Kirchenzugehörigkeit bei ca. acht Prozent. Das ist selbst für das zum Großteil atheistisch geprägte MecklenburgVorpommern sehr wenig. FOTOS: AARON KÖPKE Mit Aktionen wie Chor, Spielplatzpicknicks oder Mehrsprachigkeitstreffen finden Menschen zusammen und zum Glauben Das Leben unter ähnlichen Wohnbedingungen ist eine Chance für dichtes nachbarschaftliches Miteinander und hilft gegen die Anonymität Persönliche Dürrezeiten stehen nicht in direktem Zusammenhang mit Schuld und Scheitern
ZUM THEMA SAMBIA 6 Über die Jahre bin ich auf zwei Antworten gestoßen: Zum einen sind wir so abgesichert und für alle Eventualitäten gewappnet, dass wir weniger Wunder brauchen. Zum anderen haben Gott, Jesus und auch die Apostel Wunder benutzt, um den Menschen deutlich zu machen, wer Gott ist, nämlich der Allmächtige, der einzig wahre Gott, der Schöpfer aller Dinge. Der zweite Punkt hat sich durch die Bibel weitgehend erfüllt. Gott offenbart sich uns heute vor allem in seinem Wort. Wir können darin seinen Charakter kennenlernen und sehen, wie er mit uns Menschen umgeht. In Ländern, in denen die Analphabeten-Rate hoch oder die Bibel verboten ist, erleben die Menschen noch eher Wunder. In unserer Zeit als Missionare mit Christliche Fachkräfte International in Sierra Leone haben wir das immer wieder gehört, mitbekommen oder selbst erlebt. Wenn wir an unsere Grenzen kommen, können wir auch heute noch Wunder erleben. Das haben wir in unseren Anfangsjahren in Sambia am eigenen Leib erfahren, wie folgendes Beispiel zeigt. Ersatzflasche dringend benötigt In den ersten fünf Jahren wohnten wir in einem alten Farmhaus. Die Stromversorgung war nicht immer gewährleistet. So legten wir uns einen Gaskocher zu. Zum Gerät gehörte auch eine Gasflasche. Keiner wusste, wieviel Gas sich noch in der Flasche befand, da sie nicht originalverpackt war und jahrelang in einem Container gestanden hatte. Deutsch wie wir sind, wollten wir eine Ersatzflasche kaufen. Wir versuchten es zwei Jahre lang ernsthaft und danach immer mal wieder sporadisch, es gab aber nirgendwo eine. Derselbe Gott, der die Witwe versorgte Eine Gasflasche gleicher Größe hatte in Sierra Leone zwei Monate gehalten. So betete ich oft, wenn ich für Besuch kochte, dass das Gas nicht gerade jetzt ausgehen möge. Nach etwa einem Jahr dachte ich: „So lange kann eine Gasflasche wirklich nicht halten!“ Da fiel mir die Witwe aus der Bibel ein, deren Öl und Mehl nicht ausging (1. Könige 17). So betete ich zu Gott: „In der Bibel steht, dass du damals wie heute derselbe Gott bist. Ich glaube, du kannst mit meiner Gasflasche dasselbe tun, bis wir an eine neue kommen.“ Meine Gasflasche hielt über fünf Jahre. Endlich, im sechsten Jahr, konnten wir eine Ersatzflasche kaufen. Zwei Wochen später war die alte Flasche leer. Gott tut auch heute noch Wunder. Julia Wittmann Frank und Julia Wittmann arbeiten seit Juni 2010 an der „Amano Christian School“ in Sambia. Frank ist für die Verwaltung verantwortlich und gibt in den Abschlussklassen Religionsunterricht. Julia arbeitet als Lehrerin. Frank studierte Wirtschaftsingenieurwesen und war in Deutschland als Unternehmensberater und Projektmanager tätig. Julia hat als Technische Lehrerin an einer beruflichen Schule unterrichtet. Rundbriefe und mehr: www.liebenzell.org/ wittmann Gott vermehrt Öl, Mehl – und Gas Oft habe ich mich gefragt, warum wir keine Wunder erleben wie die Menschen im Alten Testament, zur Zeit Jesu oder in den ersten Jahren der christlichen Gemeinde. FOTO: FRANK WITTMANN Eine Gasflasche, die einfach nicht leer wird „Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit.“ HEBRÄER 13,8
7 ZUM THEMA JAPAN MISSION weltweit 1/2025 Erstes Wunder Die Gemeinde in Sakuragawa gibt es seit gut 60 Jahren. Als meine Missionarskollegen und ich 2021 in diese Stadt mit 36.000 Einwohnern kamen, waren nur noch drei bis vier Leute im Gottesdienst. Für mich ist es ein Wunder, dass Gott die Gemeinde all die Jahre bewahrt und einen Neuanfang ermöglicht hat. Zweites Wunder Wir wurden schon oft enttäuscht, weil nach Verteilaktionen niemand kam, obwohl wir Tausende von Flyern weitergegeben hatten. Aber Gott führt auch auf andere Weise neue Besucher zu uns: Akira sah unseren QR-Code auf dem Gemeindeschild und kommt seit Weihnachten fast jeden Sonntag zum Gottesdienst. Yuko lebte früher in Deutschland und fand unsere Gemeinde über die Homepage. Champ, ein Chinese, der im Herbst 2022 zum ersten Mal eine Kirche betrat, entschied sich innerhalb eines Jahres für Jesus und wurde im Oktober 2023 getauft. Drittes Wunder Unser Gemeindehaus ist renovierungsbedürftig und liegt versteckt in einem Wohngebiet. Die meisten Menschen am Ort wissen gar nicht, dass es eine Kirche gibt. Gott ließ uns einen anderen, zentralen Platz finden. Für uns ist es ein Wunder, dass wir das Grundstück mit dem ersparten Geld günstig erwerben konnten. Viertes Wunder Wir sind Gott dankbar, dass wir einen gläubigen Architekten und eine ortsansässige Baufirma mit dem Neubau beauftragen konnten. Die Mitarbeiter des Unternehmens sind keine Christen und bauen zum ersten Mal eine Kirche. Wir beten für das Wunder, dass Gott durch dieses Projekt ihre Herzen bewegt. Fünftes Wunder Ende Juli 2024 feierten wir die Grundsteinlegung. Im August wurde das Fundament gegossen. Anfang Oktober wurde das Ständerwerk aufgerichtet, und Anfang Dezember soll der Holzbau fertiggestellt sein. Wir freuen uns, das „Wunder der Weihnacht“ im neuen Gebäude zu feiern, und beten, dass viele Menschen kommen und Jesus kennenlernen. Sechstes Wunder Unsere Gemeinde besteht nun aus sieben Mitgliedern, dem Pastorenehepaar und uns Missionaren. Wie kann eine so kleine Schar ein neues Gemeindehaus bauen? Mit eigenen Mitteln schaffen wir das nie. Für uns ist es ein Wunder, dass viele Einzelpersonen und Gemeinden in Japan durch Spenden und Darlehen die Finanzierung möglich machen. Siebtes Wunder Damit die Gemeinde die Darlehen bis in zehn Jahren zurückzahlen kann, muss noch manches Wunder geschehen. Aber weil wir schon so viele erlebt haben, vertrauen wir Gott, dass er die Gemeinde Sakuragawa auch in Zukunft wunderbar versorgt und viele Menschen in Japan seine Wunder sehen werden. Schwester Priscilla Kunz Schwester Priscilla Kunz ist als Missionarskind in Tokio geboren und arbeitet seit 1995 in Japan, aktuell in der Gemeinde in Sakuragawa. Nach ihrer Ausbildung und Berufstätigkeit als Ernährungsberaterin in der Schweiz besuchte sie die Bibelschule und trat in die Schwesternschaft der Liebenzeller Mission ein. Bis zur ersten Ausreise war Schwester Priscilla im Liebenzeller Gemeinschaftsverband, Bezirk Karlsruhe, tätig. Rundbriefe und mehr: www.liebenzell.org/kunz Die sieben Wunder von Sakuragawa Immer wieder erleben wir in unserer Gemeinde, wie Gott handelt. Eine „wunder-volle” Liste der Geschenke, die Gott uns macht. FOTOS: S. PRISCILLA KUNZ Ein Jahr vor seiner Taufe kam Champ das erste Mal in eine Gemeinde Bild ganz oben: Mitarbeiterteam in Sakuragawa In Japan entstehen Kirchen in kürzester Zeit: Ständerwerk des Neubaus mit Inlandsmissionar Takeda (links) und dem Bauleiter (rechts)
ZUM THEMA BURUNDI 8 Kurz nach unserer Ankunft in Burundi im Jahr 2021 unterhielt ich (Manuel) mich mit einer erfahrenen Missionarskollegin über die mangelhafte medizinische Versorgung im Land. Sie sprach einen Gedanken aus, der mich seither in meinem Dienst begleitet: „In Burundi ist meine Abhängigkeit von Gott als Arzt und Versorger viel offensichtlicher als in Deutschland.“ Ich gebe ihr voll und ganz recht. Als Deutscher finde ich es manchmal angsteinflößend, das Sicherheitsnetz der medizinischen Versorgung nicht mehr unter meiner Familie und mir zu spüren. Wenn ich dann mit Burundiern aus unserer Gemeinde spreche, fällt mir auf: Wo ich mich in meinem Leben bisher auf Ärzte verlassen habe, vertrauen Burundier auf Gott als ihren Heiler. Sie erzählen mir Geschichten, wie Gott sie behütet und getragen hat, wie er heilt und versorgt. Große Erwartungen, zerstörte Hoffnung So auch bei Seth und Alice: Als junges Ehepaar spürten sie den steigenden Druck durch die Familie. Je mehr Zeit verstrich, desto mehr wurde eine Schwangerschaft erwartet. Auch sie selbst wünschten sich so sehr ein Kind. Sogar im Ausland holten sie sich medizinische Hilfe. Mit für Burundier ungewohnter Offenheit teilten Seth und Alice ihren Schmerz über den unerfüllten Kinderwunsch auch mit der Gemeindeleitung. Während viele Freunde in der Kirche jahrelang für die beiden beteten, hörten sie selbst irgendwann auf, um ein Kind zu beten. Eine weitere Konsultation in Ruanda machte ihre Hoffnungen vollends zunichte. Der Arzt teilte ihnen deutlich mit, dass sie definitiv keine Kinder bekommen könnten. Doch es gab immer noch Freunde, die weiter für sie beteten. Sie waren überzeugt: Gott kann ein Wunder tun. Seth und Alice begannen, sich mit dem Thema Adoption auseinanderzusetzen. Doch dann änderte sich ganz überraschend ihr Leben. Alice fühlte sich seit einigen Wochen immer wieder unwohl, sodass ihre Schwester sie für Untersuchungen ins Krankenhaus brachte. Dort erfuhr Alice, dass sie im dritten Monat schwanger war! Sie rief sofort ihren Mann an, um diese unglaubliche Nachricht zu teilen. Brauche ich ein Wunder? Jahrelang hatten Alice und Seth zahlreiche medizinische Bemühungen unternommen, um ein Kind zu bekommen. Zunehmend setzte Verzweiflung ein. Dann erhielten die beiden die schockierende Nachricht, dass sie keine Kinder bekommen könnten. Dass sie heute Eltern sind, ist für uns ein Wunder. Seth und Alice mit ihren Wunder-Kindern FOTO: CHRISTIAN LIFE MINISTRIES
MISSION weltweit 1/2025 BURUNDI 9 ZUM THEMA Stütze für andere Kinderlose „Ich sank auf die Knie und dankte Gott“, erzählte Seth später. Was für ein Wunder! Eines, das sie selbst überhaupt nicht mehr erwartet hatten. All die Jahre der Enttäuschung hatten ihre Spuren hinterlassen. Deshalb fiel es Seth schwer, wirklich daran zu glauben. Er befürchtete, dass die Schwangerschaft Komplikationen mit sich bringen würde. „So richtig glauben konnte ich es erst, als ich das Kind auf meinem Arm hielt“, erzählte er. Neun Jahre hatten Seth und Alice auf ihr Wunder warten müssen. Heute sind sie Trost und Stütze für mehrere Ehepaare in unserer Gemeindeleitung, die ebenfalls seit Jahren auf ein Kind hoffen. Bei all dem sozialen Druck, den kinderlose Ehepaare in der burundischen Kultur erfahren, finden sie in Seth und Alice verständnisvolle Gesprächspartner, Ermutiger und Mitbeter. Kinderlosigkeit ist eines der Themen, bei denen auch in Deutschland viele Paare ihre eigene Hilflosigkeit und Abhängigkeit von Gott sehr deutlich erleben. Wir können es nicht „machen“, dass neues Leben entsteht. Es braucht ein Eingreifen Gottes. Wunder zur Alltagsbewältigung Burundier erleben diese Abhängigkeit von Gott auch in vielen anderen Lebensbereichen sehr praktisch. Wir beobachten, dass die vielfältige Not Menschen in Gottes Arme treibt. Sie suchen Zuflucht, Zuversicht, Hoffnung und eben oft auch ein ganz praktisches Wunder. Wir würden sogar sagen: Viele Menschen hier brauchen manchmal ein Wunder, um ihren Alltag zu bewältigen. Im vergangenen Jahr erzählten uns burundische Christen, wie sie Gott um Hilfe baten, als sie die Schulgebühren nicht bezahlen konnten, und dass sie seine Fürsorge erlebten. Ein Mann berichtete, wie er während der Treibstoffkrise eines Tages zu Gott betete und dieser den Sprit in seinem Tank vermehrte. Gott tut Wunder. Er verspricht: „Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich preisen.“ (Psalm 50,15) In den Wundern von Jesus sehen wir zweierlei: den Schrei einer Menschenseele aus tiefster Not und das Ausstrecken der liebevollen Hand Gottes in das menschliche Leid hinein. Ein Blinder ruft lautstark Jesus um Hilfe an – und Jesus erfüllt seine Bitte, wieder sehen zu können. Jairus wendet sich in seiner Not an Jesus – und dieser erweckt seine Tochter zum Leben. Elisa betet zu Gott – und der Sohn der Schunemiterin wird wieder lebendig. Immer wieder ist es die Fürbitte anderer, die Gott dazu bewegt, ein Wunder zu tun. Das motiviert uns, für andere Menschen zu beten und Gott um Wunder zu bitten. Esther und Manuel Stoll Manuel und Esther Stoll studierten an der Internationalen Hochschule Liebenzell Theologie. Danach sammelten sie in der Evangelischen Stadtmission Michelstadt Gemeindeerfahrung. Nach Manuels Masterstudium in Schottland sind sie seit Juni 2021 in der Gemeindegründungsarbeit in Burundi engagiert. Rundbriefe und mehr: www.liebenzell.org/stoll FUNDSTÜCK „Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“ DAVID BEN GURION Besuch im Dorf FOTOS: MANUEL STOLL Gebet für eine erfolgreiche Maisernte
ZUM THEMA PAPUA-NEUGUINEA 10 Sie besuchen Schulen und Universitäten mit der Hoffnung, danach als Arzt, Anwalt oder Ingenieur arbeiten und viel Geld verdienen zu können. Obwohl verschiedene Hochschulen inzwischen viele Studienplätze anbieten können, sieht es auf dem Arbeitsmarkt nicht annähernd so rosig aus: Etliche Absolventen sitzen trotz lang ersehntem Abschluss arbeitslos zu Hause. Viele streben nach einem „besseren“ Leben nach westlichem Vorbild, doch nur wenigen gelingt es, dieses Ziel zu erreichen. Diesen Wunsch hegen auch viele Christen. Das macht sie besonders anfällig, sich auf den Cargo-Kult einzulassen. Seine Anhänger sind geprägt von einer jahrhundertealten Nationalgeschichte, während der weiße Menschen aus den Weiten des Meeres oder des Himmels erschienen. Sie brachten eine Fülle von Gütern mit sich, die ihr Leben so deutlich vereinfachten. Also glaubt man im Cargo-Kult, dass der christliche Glaube der mystische Schlüssel zu materiellem Segen sei. Mit dem richtigen Ritual würden massenhaft Güter auch zu ihnen kommen. Im Grunde glauben sie, dass Gott durch solch ein Wunder ihren Wunsch nach einem besseren Leben erfüllen könnte. Ist das bei uns nicht auch so? Tatsächlich ist es das, was auch wir Menschen im Westen meistens unter einem Wunder verstehen: Gott bewirkt durch sein wundersames Eingreifen eine Besserung im Leben. Ich habe beobachtet, wie Menschen gerade dann Gott inbrünstig um ein Wunder bitten, wenn ihr Leben ernsthaft bedroht ist. Doch was ist Gottes Ziel, wenn er ein Wunder wirkt? Mit allem, was Jesus tat, offenbarte er unseren Vater im Himmel (Johannes 5,19). Wenn Jesus ein Wunder wirkte, dann tat er dies nicht zuerst mit seiner Kraft als Mensch gewordener Gott, um dem anderen zu helfen. Er tat es, um den Vater zu offenbaren als einen Gott, der den Menschen ganz praktisch und im Hier und Jetzt helfen will – doch nicht mit dem Ziel, dass dieser danach ein besseres Leben hat als vorher. Er offenbart dem Menschen auch heute seine überaus gute Natur und Retter-Absicht, damit er sein Vertrauen, seinen Glauben gewinnen kann. Gott hat mehr Interesse an der Beziehung als an der Sache. Wozu also sind Wunder gut? Es liegt in ihrer Natur, dass Gott uns durch sie zu einem besseren Leben verhilft. Doch wir sollten Wunder nicht deshalb suchen, weil sie unser Leben verbessern, sondern weil sie den offenbaren, den wir mehr lieben als unser Leben. Wunder bringen zum Ausdruck, wer und wie Gott ist. Wir können Wunder lieben, weil wir Jesus lieben. Bitte betet, dass viele Papua-Neuguineer Gott nicht um seiner Segnungen willen lieben, sondern um seiner selbst willen. Jamin Masquiren Jamin und Naëma Masquiren leben seit Mai 2021 in PapuaNeuguinea und leiten „Shape Life“ in Port Moresby, ein Projekt für Kinder und Jugendliche aus sozialen Brennpunkten. Die beiden haben fünf Kinder und sind von der LM Schweiz ausgesandt. Mit ihrer Ausbildung als Kleinkind-Erzieherin bringt Naëma ein großes Herz für die Arbeit mit Kindern mit. Jamin hat neben seinem Theologiestudium in einem Kinderheim und einer „Gassenküche“ für Suchtkranke gearbeitet und so wertvolle Erfahrungen in der sozialen Arbeit gesammelt. Rundbriefe und mehr: www.liebenzell.org/masquiren Wozu Wunder gut sind Viele Menschen sehnen sich nach einem besseren Leben: mit weniger Stress, Angst und Mühe, mit mehr Komfort, Sicherheit und Genuss. Gerade hier in der Hauptstadt von Papua-Neuguinea werden viele von dieser Sehnsucht angetrieben. In einem Kids Club in Port Moresby: Die Kinder beten für ihre Eltern und das Viertel, in dem sie aufwachsen FOTO: JAMIN MASQUIREN
MISSION weltweit 1/2025 UGANDA 11 ZUM THEMA FOTOS: MARTIN AUCH Wir sollten herausfinden, ob Jesus als der Herr der Mission in Uganda einen Auftrag für die LM hat. Auf unsere Umfrage bei verschiedensten Leitern bekamen wir die einheitliche Antwort: „Kümmert euch bitte um das größte geistliche Defizit: Nachfolge Jesu muss gelebt werden.“ Die Richtung war somit klar. Aber wer sollten ganz konkret unsere Partner sein? Mitten im Fragen und Beten riet uns jemand, den Studentenpfarrer der größten Uni im Land kennenzulernen. Dass Pastor Onesimus uns sofort zur Mitarbeit einlud, konnten wir kaum fassen. Denn auch ihm waren wir und die LM unbekannt. Wie im Traum verließen wir sein Büro. Wenige Wochen später hörten wir von seiner Versetzung. Wenn leitende Positionen neu besetzt werden, folgt meistens eine Umstrukturierung. So auch hier. War dies das Signal zum Aufhören? Sollten wir abwarten? Dieselben Fragen stellte sich die Leitung in Liebenzell. Was Gott aus Verlusten und Enttäuschungen macht Wenn Verlusterfahrungen drohen, sehnen sich alle Menschen nach einem Wunder. Es gehört zu den größten Anfechtungen, an einen liebenden allmächtigen Gott zu glauben, der seine Allmacht nicht immer zeigt. Die für uns enttäuschende Situation ermöglichte uns, viel mehr Leute kennenzulernen und das Netzwerk „Jüngerschaft und Weltmission“ weiter zu knüpfen. Sogar unsere Partnerschaft mit der Church of Uganda kam durch dieses Nichtsofort-Eingreifen Gottes auf eine viel größere und landesweite Multiplikationsplattform. Unser Verständnis, wie Gott mit uns umgeht, darf wachsen. Wir können Neues lernen. Dazu gehört, sich nicht so wichtig zu nehmen und Gottes Ziele über die eigenen zu stellen. Dietrich Bonhoeffer gehört zu meinen großen Vorbildern. Sein Buch „Nachfolge“ schätze ich sehr. Ob er nur durch seinen Märtyrertod an- haltenden geistlichen Einfluss bekommen hat? Hätte Gott sein Leben vor den Nazis „wunderbar“ gerettet, wäre das wahrscheinlich nicht so. Die Einladungen in Gottes Wort, IHM zu vertrauen, weil er uns in allen Situationen von allen Seiten liebend umgibt (Psalm 139,5), sollen uns Hilfe und Trost sein. Es stimmt: Wir sehen immer nur einen Teil. Gott sieht immer das Ganze. Martin Auch Martin und Tabea Auch bauen in Uganda eine neue Arbeit der LM auf. Dazu motivieren und schulen sie junge Menschen zu ganzheitlicher Nachfolge und Weltmission. Nach seiner Ausbildung im Druckgewerbe absolvierte Martin das Theologische Seminar der LM und arbeitete beim Süddeutschen Gemeinschaftsverband im Bezirk Böblingen. Bis 2002 waren er und Tabea Missionare in Bangladesch. Dann verantwortete Martin als Missionsdirektor bis 2020 die weltweite Arbeit der LM. Tabea ist Krankenschwester und war zuletzt in der häuslichen Pflege tätig. Ihre vier erwachsenen Kinder und drei Enkel leben in Deutschland. Rundbriefe und mehr: www.liebenzell.org/auch Eine der größten Anfechtungen Neue Wege sind immer unbekannte Wege. Das war auch unsere Erfahrung in Uganda. Anfangs kannten wir niemand. Auch die Liebenzeller Mission und wir waren unbekannt. In solchen Situationen leben wir von Gottes Wundern. Wenn er keine Türen öffnet, wenn er keine Begegnungen mit Schlüsselpersonen schenkt, geht nichts. Kampala: Bibellesen in der Gruppe
ZUM THEMA DEUTSCHLAND 12 Von Anfang an war es unser Wunsch gewesen, nicht allein in Karlsruhe Chinesen zu Jesus Christus einzuladen. Wir wollten in ganz BadenWürttemberg unterwegs sein, um in kleineren Städten chinesische Gruppen zu begleiten. Weil „Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“ (1. Timotheus 2,4) So kam es, dass wir auch in Pforzheim Kontakte knüpfen und einen Bibelkreis für Chinesen beginnen konnten. Vor Jahren hatten sich in der Goldstadt an der Enz einige Frauen regelmäßig mit Frau Ying* getroffen. Als wir in die Arbeit einstiegen, ging es wieder weiter, jetzt in den Räumen der Stadtmission. Selbst einige Studenten von der Hochschule Pforzheim nahmen an den Treffen teil. Der Kreis wuchs langsam, aber stetig. Während der ersten Jahre kamen drei Studenten zum Glauben, außerdem Frau Long*. Sie ließ sich 2015 in Karlsruhe taufen. Doch dann krachte es 2018 kam es zu einem gewaltigen Konflikt innerhalb der Gruppe. Falsche Anschuldigungen und Missverständnisse führten dazu, dass manche Teilnehmer sich verletzt fühlten und wegblieben. Hinzu kam, dass die einflussreiche und willensstarke Frau Long eine Berufsausbildung begann und keine Zeit mehr hatte. Schließlich mussten wir 2019 den Bibelkreis aussetzen. Wann, wenn überhaupt, würde es weitergehen? Da müsste schon ein Wunder geschehen. Während der Pandemie ging erst einmal gar nichts. Uns blieb nichts anderes übrig, als zu beten und zu warten. Viele Fragen beschäftigten uns. Immer wieder nahmen wir Kontakt mit früheren Wenn da (k)ein Wunder geschieht! Gott hatte alles längst vorbereitet – schon bevor wir aus Taiwan nach Deutschland zurückkehrten, um hier Chinesen das Evangelium weiterzusagen. Er fügte es, dass wir in der jungen aufstrebenden Arbeit in Karlsruhe mitarbeiten konnten. Und nicht nur dort. * Namen geändert 2015: Bei der Tauffeier
MISSION weltweit 1/2025 DEUTSCHLAND 13 ZUM THEMA Teilnehmerinnen auf und erkundigten uns nach ihrem Ergehen. Immer wieder sprachen wir über Versöhnung und einen Neuanfang. Immer wieder fragten wir, was passieren müsste, damit es weitergehen kann. Zu viele Wünsche auf einmal? Anfang 2022 begannen wir, intensiv für einen Neustart zu beten. Während der 18 Monate langen Gebetsphase wurde uns und einer Mitarbeiterin, die von Beginn an dabei war, immer klarer, worum wir bitten sollten: um ein junges gläubiges Ehepaar, das direkt in Pforzheim lebt und Erfahrung im Leiten eines Hauskreises hat. Wir beteten gezielt für das Wunder, dass Gott ein solches Ehepaar nach Pforzheim „zieht“, es in der Nähe der Stadtmission wohnt, wir es finden und kennenlernen, dieses Paar bereit ist, Verantwortung für einen neuen Hauskreis zu übernehmen. Manchmal fragten wir uns, ob so etwas möglich sein kann. Würde Gott tatsächlich auf diese vielen gezielten Wünsche eingehen? Das Gottesgeschenk Während unseres Urlaubs Ende Oktober 2023 rief unsere Mitarbeiterin an, Annie aus Eisingen: „Kommt schnell! Wir müssen uns treffen. Ich habe von einem gläubigen Ehepaar gehört, das in derselben Straße lebt, in der auch die Stadtmission ist. Die müssen wir unbedingt kennenlernen!“ Wir konnten es kaum fassen und arrangierten einige Tage später ein erstes Treffen bei Ehepaar Wang* und ihrem Baby. Von Anfang an verstanden wir uns so gut, als würden wir uns schon lange kennen. Wir erzählten einander, wie wir zum Glauben an Jesus gekommen waren und merkten, dass wir hier Glaubensgeschwister mit demselben Herzensanliegen gefunden hatten: dass es in der Goldstadt einen chinesischsprachigen Hauskreis gibt, in dem Menschen Christus kennenlernen und in ihm gegründet werden. Genau das war jahrelang unser Gebetsanliegen gewesen! Und so fragten wir Ehepaar Wang, ob sie bereit wären, bei einer Neugründung als Mitarbeiter mit einzusteigen. Das junge Ehepaar bat um Bedenkzeit. Wenige Tage danach sagten sie zu! Familie Wang war während der Pandemie nach Pforzheim umgezogen und suchte Anschluss an andere Christen. Vor wenigen Jahren waren beide während ihres Studiums in Deutschland bei einer evangelistischen Freizeit des FMCD zum Glauben gekommen. Sie hatten in ihren früheren Gemeinden Erfahrungen im Leiten von Hauskreisen gesammelt – und wohnten jetzt nur wenige Meter von der Stadtmission entfernt. Wir konnten es kaum glauben, wie konkret Gott unsere Gebete erhört hatte. Dieses Ehepaar war und ist ein Gottesgeschenk. Es kann weitergehen Seit Ende 2023 treffen wir uns wieder als chinesischer Hauskreis in Pforzheim. Gott schenkte durch Versöhnung und diese junge Familie einen Neuanfang. Nun hoffen und beten wir, dass der Kreis wächst und noch mehr Chinesen in der Region durch das Zeugnis der Christen vor Ort von Jesus hören und zum Glauben kommen. Klaus-Dieter und Erika Volz Klaus-Dieter und Erika Volz waren von 1993 bis 2009 als Missionare in Taiwan tätig und arbeiten seit 2009 unter Chinesen in Deutschland. Durch Bibelgesprächskreise, Gottesdienste und ein offenes Haus erreichen sie viele Menschen mit dem Evangelium. Klaus-Dieter ist als Missionarskind in Papua-Neuguinea aufgewachsen. Erika ist ausgebildete Bankkauffrau. Beide haben die Ausbildung am Theologischen Seminar der Liebenzeller Mission absolviert. Sie haben zwei erwachsene Söhne. Rundbriefe und mehr: www.liebenzell.org/volz Das Forum für Mission unter Chinesen in Deutschland e. V. (FMCD) verbreitet das Evangelium unter Chinesen in Deutschland, baut chinesische Bibelgruppen auf und vernetzt sie mit Gemeinden und Organisationen. Der Verein hat seinen Sitz in Hannover. Durch Jüngerschaftstraining und Literaturverbreitung unterstützt er chinesische Christen und bereitet sie auf ihre Rückkehr nach China vor. Mehr als 70 Bibelkreise und Gemeinden sind Teil des Netzwerks. Die Liebenzeller Mission ist seit vielen Jahren Partner des FMCD. FUNDSTÜCK „Wer betet, verbindet seine begrenzten Möglichkeiten mit den unbegrenzten Möglichkeiten Gottes und wird dabei manche Wunder erleben.“ HORST WAFFENSCHMIDT FOTOS: KLAUS-DIETER VOLZ 2017: Der Hauskreis zu Besuch bei Familie Volz
ZUM THEMA FRANKREICH 14 Wieder war ein Jahr vergangen, wieder stand der nasse Herbst bevor, und immer noch war das Dach des Gemeindezentrums undicht. Vor fünf Jahren hatten wir die ersten Kostenvoranschläge eingeholt. Die asbesthaltigen Eternitplatten sollten entsorgt werden. Eine aufwendige, kostspielige Angelegenheit. Darauf hatten wir uns eingestellt. Auch einen Dachdecker fanden wir. Die Anzahlungen waren schnell getätigt. Widrige Umstände Dann ging plötzlich gar nichts mehr: Corona, Arbeiter fielen aus, es gab Missverständnisse, schlechtes Wetter, bautechnische Probleme. Dann die Sommerpause, Herbst und Winter. Ein schwieriger Nachbar. Wieder Sommer. Ein neuer, vergeblicher Anlauf. Herr, wir brauchen ein Wunder! Die Gemeinde versammelte sich zu einer Gebets- und Fastenwoche. Der große Bauherr der Gemeinde mitsamt ihres Gebäudes würde bestimmt eingreifen. Doch Gott tat kein Wunder. Ein neuer, nasser Herbst ging ins Land. Immer wieder mussten wir Freunden antworten: Nein, es gibt nichts Neues, alles liegt auf Eis. Es ist keine Lösung in Sicht. – Die Gemeinde war es müde. Wir konnten nicht mehr. Gottes Zeitplan ist anders Da, aus heiterem Himmel, bekamen wir die Adresse einer anderen Firma. Deren Leiter kam ein erstes Mal, beim nächsten Mal mit einem Handwerker: Ja, meinten sie, die Bauarbeiten sind machbar. Ohne den Nachbarn zu stören. Direkt von oben. Und es ist statthaft! Wir trauten unseren Ohren nicht, konnten es nicht glauben. Da war das erbetene Wunder! Doch die staatlichen Auflagen waren mittlerweile gestiegen, und der Preis wurde mehr als doppelt so hoch. Wie sollte die kleine Gemeinde das stemmen? Unser Vorstand beschloss, die Herausforderung anzunehmen. Unser Spendenaufruf wurde gehört. Freunde fragten, wie sie mithelfen können. Benachbarte Gemeinden unterstützten uns. Die Gemeindeglieder überdachten ihr finanzielles Engagement. Und nicht zuletzt: Wir bekamen eine der beiden ersten Anzahlungen zurückerstattet. Das Geld kam in kürzester Zeit zusammen! Es wird sogar noch für die Isolation der Decke reichen. Selbst der dringende Umbau der Gemeinderäume kann angedacht werden. Wir brauchten ein Wunder. Hier ist es. Wir müssen Gottes Zeitplan nicht verstehen. Aber wir wollen ihm beschämt danken, uns von Herzen freuen und ihm weiter vertrauen. Auch den Arbeitsbeginn im Frühjahr können wir nun getrost abwarten. Norbert und Susanne Laffin Norbert und Susanne Laffin sind seit 1990 als Missionare in der Normandie/Frankreich tätig. Die von ihnen gegründete Gemeinde in Coutances steht mittlerweile auf eigenen Beinen. Seit 2017 begleiten sie eine Gemeinde in Alençon. Rundbriefe und mehr: www.liebenzell.org/ laffin-norbert-susanne FUNDSTÜCK „Wenn wir im Glauben ein Wagnis eingehen und Gott bitten, dass er es uns durchstehen lässt, dann können wir Wunder erleben.“ IRMELA HOFMANN Wir brauchen ein Wunder! Ein neues Dach muss her. Doch alles läuft schief. Ob die ersehnte Hilfe rechtzeitig eintrifft? FOTOS: NORBERT LAFFIN Wir loben Gott, der uns so gut versorgt Das Dach des Gemeindegebäudes muss dringend repariert werden
15 ZUM THEMA SPANIEN MISSION weltweit 1/2025 Theo und Carolin Hertler arbeiteten von 1996 bis August 2021 als Gemeindegründer in Marbella/Südspanien. Sie begleiteten die Gemeinde in die Selbstständigkeit und engagierten sich überregional bei Missionseinsätzen. Nun haben sie eine neue Aufgabe im Gemeindebau in Torremolinos/Andalusien übernommen. Ihre vier Kinder leben in Deutschland und Ecuador. Rundbriefe und mehr: www.liebenzell.org/hertlertheo-carolin Das Wunder von Marbella Ein Wunder ist, dass die Gemeinde in Marbella noch existiert und sogar wächst. Ein Wunder, weil es in Spanien häufig zu Gemeindespaltungen kommt, besonders in jungen Gemeinden. Ein Wunder, weil angefochtene Mitarbeiter Gott vertrauen und sich einbringen. FOTOS: THEO HERTLER Durch den Einfluss von Claudia bekamen wir anstandslos die Genehmigung für ein Festival, bei dem viele Kinder das Evangelium hörten Claudia von vor 25 Jahren, für die nichts unmöglich war und die alles mit einem Lächeln wegsteckte. Jesus hat mir meine Grenzen gezeigt. Ich habe aufgehört, nach dem Warum zu fragen und mache mit meiner kleinen Kraft, was dran ist. Angst habe ich, wenn die Leute wissen wollen, wie es mir geht. Ich kann ihre Ratschläge nicht mehr hören – offenbar will jeder Arzt sein. Als Mutter kommt mir der Gedanke, meinen achtjährigen Sohn allein lassen zu müssen, und das blockiert mich total. Ich möchte nicht, dass mein Mann sich immer Sorgen um mich macht. So kämpfe ich ständig mit meinen Emotionen. Aber ich schaffe es jetzt, anderen die Wahrheit zu sagen, auch wenn es Tränen kostet. Wir sind in der Schule Gottes. Als wir Argentinien vor 20 Jahren verließen, verloren wir alles, was wir hatten. Wir mussten in Spanien bei null anfangen. Ich habe das Gefühl, dass es uns jetzt wieder so geht und wir vorbereitet werden auf jenen Tag, an dem wir alles loslassen müssen. Auch Oscar hat immer mehr Probleme als Selbstständiger. Wahrscheinlich muss er bald den Betrieb auflösen. Aber ich weiß, dass unser Herr eine Lösung bereithält.“ Claudia nimmt regelmäßig Kinder aus Guaro mit zur Kinderstunde in Marbella. Sie hören das Wort Gottes, der Same wird ausgesät. Auch an Kinder von alkoholabhängigen Eltern. Wir erleben Jesaja 43,19: „Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht? Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde.“ Theo und Carolin Hertler Zu ihnen gehören Claudia und Oscar. Sie leben 30 Kilometer entfernt von Marbella. Claudia hat eine Gabe im Umgang mit Kindern. Sie wurde ein wertvolles Mitglied im Team der Kinderstunde und später dessen Leiterin. Oscar ist seit 2016 Ältester der Gemeinde. In die Freude an ihrer Arbeit für Jesus mischt sich ein fettes Problem. Claudia berichtet: „Ich erkrankte vor Jahren an rheumatischer Arthritis. Auslöser war vielleicht der extreme Stress durch die Lebensumstände vor unserer Ausreise aus Argentinien. Zuerst waren meine Bewegungen eingeschränkt, später kamen die Schmerzen hinzu. Die Krücke ist mein ständiger Begleiter. Keines der verordneten Medikamente zeigt Wirkung. Im Gegenteil, es wird immer schlimmer. Es ist viel für Besserung und Heilung gebetet worden, doch das Wunder ist bisher ausgeblieben. Oft kann ich mich kaum bewegen. Warum lässt Gott das zu? Ich habe immer anderen geholfen. Mir tat es gut, und ich war stolz, helfen zu können. Es fiel mir sehr schwer, das nicht mehr tun zu können, es anzunehmen und zuzugeben. Ich wollte immer alles unter Kontrolle haben und musste lernen, mir helfen zu lassen. Erst durch die Krankheit erkannte ich, dass das Sich-nicht-helfen-lassenWollen eine Form von Stolz ist. Wir werden in unserem 2200-Einwohner-Dorf ständig mit unlösbaren Problemen durch den Alkohol- und Drogenmissbrauch von Menschen konfrontiert. Wenn ich krank in meinem Bett liegen muss, überkommt mich manchmal die Verzweiflung und Machtlosigkeit. Ich, Claudia, kann nichts ausrichten. Das kann nur Jesus. Ich werde außerdem daran erinnert, dass mein Körper vergänglich ist, irgendwann zu funktionieren aufhört und ich hier nur auf der Durchreise bin. Schon heute bin ich nicht mehr die Claudia (hinten links) mit ihrer Familie
16 WELTMISSION AKTUELL Let the Church Declare and Display Christ Together – Die Kirche soll Jesus Christus gemeinsam verkünden und durch Taten bezeugen. Dies war Thema des Kongresses und dafür steht die Lausanner Bewegung seit ihrer Gründung. 50 Jahre nach dem ersten Kongress für Weltevangelisation im schweizerischen Lausanne trafen sich 5200 Delegierte aus 200 Ländern in Seoul. Vom 22. bis 28. September 2024 erarbeiteten sie neue Wege der Zusammenarbeit in der Mission. In der Eröffnungsrede betonte Michael Oh, Vorsitzender der Lausanner Bewegung, die Bedeutung von Kooperation: „Ich brauche dich nicht“ sei eine der gefährlichsten Haltungen. Zwar seien wir alle höfliche Menschen und hätten nichts gegeneinander. Aber das allein reiche nicht. Wir seien aufeinander angewiesen und als weltweiter Leib Christi zur Zusammenarbeit bestimmt. Dies wurde beim Kongress auf vielerlei Weise deutlich. Wir brauchen einander, weil wir gegenseitige Ermutigung nötig haben: Gottes Werk wächst weltweit. Die Lobpreisleiter kamen nicht nur aus den USA, sondern auch aus dem kommunistischen China und aus dem muslimisch dominierten Indonesien. Gemeinsam Christus als König anzubeten und zu hören, wie Gott im Umfeld anderer Menschen wirkt, machte uns Mut. weil unserem theologischen Denken neue Perspektiven guttun: Jeden Morgen betrachteten wir Texte aus der Apostelgeschichte. Ein Theologe aus Ghana erinnerte uns, dass der Heilige Geist nicht nur mit den ersten Aposteln unterwegs war, sondern auch heute noch in seiner Kraft wirkt. Er nannte viele Beispiele, wie sich das Evangelium in Afrika verbreitet. weil keiner in Gottes weltweiter Arbeit überflüssig ist: Auch wenn der Globale Süden inzwischen das „Powerhouse“ der Christenheit ist, sind Christen und Missionsgesellschaften aus dem Westen nach wie vor wichtig. Eine Brasilianerin flehte uns an: „Zieht euch nicht zurück! Wir brauchen eure Stimme und euren Beitrag!“ weil niemand die globalen Herausforderungen allein bewältigen kann: Im Vorfeld wurden 25 Themenfelder identifiziert, die in der Missionsarbeit mehr Beachtung brauchen: von Gemeindeneugründungen über die Herausforderungen der Säkularisierung, Chancen und Schwierigkeiten der Migration bis zu den Möglichkeiten neuer Technologien. Keine noch so große Organisation kann alle Aufgaben bewältigen. Arbeitsgruppen entwickelten gemeinsam Perspektiven zu diesen Themen. weil Mission nicht an ein paar Experten delegiert werden kann: Sie ist der Ruf an die ganze Christenheit, Menschen in die Nachfolge Jesu einzuladen. Bewusst kamen Christen zu Wort, die nicht in christlichen Werken angestellt sind, sondern mitten im Leben ihren Glauben bezeugen. Sie machen 99 Prozent der Christen aus. Wie können sie zu einem missionarischen Lebensstil im Alltag ermutigt und ausgerüstet werden? weil das Zeugnis des Leidens alle Seiten stärkt: Uns alle hat der Bericht von zwei Iranern tief berührt, die Hauskirchen gründeten und dafür im Gefängnis landeten. Ich hoffe, dass sie die Miteinander statt nebeneinander Über die zukünftige Ausrichtung der Missionsarbeit weltweit berieten die Besucher des vierten Kongresses der Lausanner Bewegung. Simon Herrmann reiste zusammen mit Dave Jarsetz und Jana Kontermann nach Südkorea und brachte ermutigende Eindrücke zurück. FOTO: LAUSANNER BEWEGUNG FOTO: LAUSANNER BEWEGUNG FOTO: SIMON HERRMANN Kulturelle Vielfalt in den Gesprächsgruppen (hinten Mitte: Simon Herrmann) Gemeinsamer Lobpreis mit Besuchern aus aller Welt Ein iranischer Pastor berichtet von Verfolgung und Hoffnung im Iran
17 LIEBENZELLER MISSION AKTUELL MISSION weltweit 1/2025 FOTO: TOBIAS ZINSER Vermittler DEUTSCHLAND. Aufgebracht steht Abdul* vor meiner Bürotür und lässt sich über seinen WG-Mitbewohner Hakim* aus. Nachdem sich auch ein anderer Bewohner über Hakim beschwert, ziehe ich (Tobias) Erkundigungen ein und merke: Hier ist ein Vermittler nötig. Aber wie geht man das an, ohne jemanden vor den Kopf zu stoßen oder bloßzustellen? Das Problem sind im Grunde nicht beachtete oder unterschiedlich gestillte Bedürfnisse. Ich rufe die sechs Männer zu einem WG-Abend zusammen. Wir entrümpeln gemeinsam den Keller und essen zu Abend. Dann rede ich über Bedürfnisse: dass jeder welche hat, dass sie manchmal unterschiedlich sind, aber dass es wichtig ist, sie zu achten. Am Schluss kann jeder aus der Gruppe mitteilen, was sein Bedürfnis für das WG-Leben ist. So können wir Dinge ansprechen, die nicht gut laufen, ohne dass jemand an den Pranger gestellt wird. Vermittler sein ist ein großer Teil unserer Arbeit in den Hoffnungshäusern in Bad Liebenzell. Manchmal ist es eine Arbeitsplatz- oder Wohnungsvermittlung, manchmal vermitteln wir zwischen Ärzten oder Nachbarn und Bewohnern. Am herausforderndsten sind zwischenmenschliche Angelegenheiten. Wie gut, dass wir in der Bibel viele Vorbilder für gute Vermittler haben: Mose, der zwischen dem Volk Israel und Gott vermittelte. Petrus, der zwischen Juden- und Heidenchristen vermittelte. Aber vor allem Jesus Christus, der größte Vermittler aller Zeiten. Von und mit ihm dürfen wir lernen, gute Vermittler zu sein. Er hat die Kluft zwischen Gott und den Menschen überbrückt. Er ist derjenige, der durch sein Opfer am Kreuz die Möglichkeit der Versöhnung mit Gott schafft. Bei einem Wochenende mit 60 Personen aus neun Nationen traf der iranische Pastor Yousef mit seinen Bibelarbeiten über Beziehungen und Vergebung ins Schwarze. Es gibt viel Streit zwischen unseren ausländischen Freunden. Oft sind wir ratlos, wie wir vermitteln können, wenn sie ihre Herzen gegeneinander verhärten. Umso bewegender war es, als sich zwei lange miteinander zerstrittene junge Männer an diesem Wochenende versöhnten. Gott hatte Yousef als Vermittler gebraucht, um Versöhnung zu schaffen. Tobias und Sarah Zinser Die Lausanner Bewegung ist ein Zusammenschluss von evangelikalen Christen, Werken und Organisationen, die die weltweite Mission und Evangelisation fördern. Neben Kongressen gibt es Arbeitsgruppen und Publikationen, die sich speziellen Missionsthemen widmen. Informationen und Material unter www.lausanne.org. Verbundenheit von uns allen spürten, denn ihre Erzählung hat unseren Glauben gestärkt und uns herausgefordert, mutig zu Christus zu stehen. weil im versöhnten Miteinander Zeugniskraft liegt: Am letzten Tag feierten wir gemeinsam Abendmahl, geleitet von einem koreanischen und einem japanischen Pastor. Das war ein starkes Zeichen der Versöhnung, da beide Nationen lange verfeindet waren. Christus vereint sichtbar! weil wir zusammen mehr erreichen können als allein: Am Ende unterzeichneten viele von uns eine „Verpflichtung zum gemeinschaftlichen Handeln“. Wenn wir Gottes Vision teilen, allen Menschen überall die Gute Nachricht zu verkünden, dann können wir das nur gemeinsam und in Einheit tun. Mein Fazit nach dem Kongress: „Better together“ – „Besser zusammen“ muss das Motto sein für uns, die wir Christus in unserem Umfeld und an den Enden der Welt bekannt machen wollen! Dr. Simon Herrmann, Dozent und Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Interkulturelle Theologie/Missionswissenschaft an der IHL Von links: Simon Herrmann, Gemeindegründerin Jana Kontermann und Missionsleiter Dave Jarsetz FOTO: DAVE JARSETZ FOTO: LAUSANNER BEWEGUNG Das Motto des Kongresses. Am Mikrofon: Michael Oh * Namen geändert Hoffnungshäuser in Bad Liebenzell
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