MISSION weltweit – Ausgaben 2020
14 darum geht’s chile Wenn Sie das noch nie erlebt haben, dann wün sche ich Ihnen, dass Sie es nicht erleben müssen. Ich finde: Es gibt kaum etwas Schlimmeres, als wenn Menschen versuchen, sich durch Verglei che besser darzustellen als andere. Oder wenn sie sich in ein gutes Licht rücken, indem sie andere schlecht machen. Oder wenn sie nur dann einen guten Eindruck von sich haben, wenn sie im Vergleich mit anderen besser abschneiden. Derartige Vergleiche erlebt man in der Missions arbeit oder in der Kirche genauso wie bei Nicht christen. Ein solches Verhalten ist ansteckend. Einer beginnt, und bald tun es alle in der Grup pe. Das, was ich oben geschildert habe, erlebten wir erst vor Kurzem in unserem Team … Sich beweisen, sich in den Vordergrund schie ben, sich mit anderen vergleichen, um besser dazustehen: All das gehört seit dem Sündenfall – dem Bezie hungsbruch des Menschen mit Gott – zum Verhalten des Men schen. Es hat seinen Ursprung in seinem Herzen, wie wir in den Berichten über Adam und Eva, Kain und Abel, Jakob und Esau, Saul und David, dem „Verlorenen Sohn“ und seinem „Verlorenen Bruder“, bei den Jüngern Jakobus und Johannes sehen. Diese Beispiele zeigen, wie das Herz des Menschen „kontaminiert“ ist, verschmutzt und verseucht. Es neigt immer dazu, die Augen auf sich selbst und auf andere zu richten und in die Falle des Vergleichens zu tappen. Wie reagieren wir, wenn sich in unserem Team eine wie oben beschriebene Dynamik entwi ckelt? Wenn auf einmal alle in der Vergleichs- spirale stecken und diese die Stimmung und die Beziehungen bestimmt? Zunächst müssen wir verstehen, was hinter die sem Verhalten steckt. Es ist mehr als ein schlech tes Selbstwertgefühl, es geht um Identität. Die Gesellschaft, in der wir leben, sagt uns, woher wir unsere Identität beziehen sol len: von der Familie, dem Status, dem Beruf, dem Einkommen und Vermögen, der Leistung. Selbst im frommen Umfeld kann man sich durch Fleiß einen Namen machen. Auch wer im hauptamtlichen Dienst ist, bleibt nicht davor bewahrt, sich durch sein Engage ment zu definieren. Unsere Leis- tungsgesellschaft wirkt sich bis in unsere Gemeinden und Mitarbeiterteams hinein aus. Weshalb wir uns vergleichen Der Mensch ist auf der Suche nach etwas oder jemandem, der ihm sagen kann, wer er ist und wie er ist. Er will sich einen Namen machen, eine Rolle spielen, die unsere tiefe Sehnsucht nach Anerkennung erfüllt. Wenn wir Vergleiche anstellen, erfahren wir etwas über uns. Doch bei dieser Suche bleiben viele Fragen offen. Andrés und katrin Vergara leben mit ihren beiden kindern seit Juli 2017 in chile. sie bereiten junge südame- rikaner auf den missions- dienst vor. andrés unter- richtet an bibelschulen und leitet die einjährige aus- bildung von „provisión“ in santiago de chile, katrin das kurzzeitprogramm „impact chile“. vor seinem b.a.- theologiestudium in bad liebenzell arbeitete andrés in seiner chileni- schen heimat als buchhalter. katrin kommt aus nagold und ist bankfachwirtin. Jesus wurde am kreuz ein niemand, damit wir, die niemand waren, durch ihn vor gott jemand sein können. wenn die Vergleichs- falle zuschnappt haben sie folgende situation schon einmal erlebt? sie haben mit einem team eine gemeindeveranstaltung organisiert. bei der nachbesprechung listet eine person detailliert auf, was sie alles getan und wie toll sie sich eingebracht hat. als reaktion darauf macht der nächste mitarbeiter genau dasselbe. irgendwann versucht jeder, den anderen mit seinem beitrag zum gelingen des ganzen zu übertreffen.
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