MISSION weltweit – Ausgaben 2020
10 darum geht’s bangladesch In Bangladesch bedeutet Weihnachtszeit immer auch Prüfungszeit. Das Schuljahr endet Mitte Dezember mit den jährlichen Abschlussprüfun gen. So heißt es zuvor für die Schülerinnen und Schüler: lernen, lernen und nochmals lernen. Danach geht es in die ersehnten Ferien, bevor Mitte Januar das neue Schuljahr beginnt. Exzellente Prüfungsergebnisse sind für einen erfolgreichen Berufsweg von großer Bedeutung; ohne sie sinken die Chancen auf einen gut bezahlten Job deutlich. Im bengalischen Schul system zählen aber nicht nur die Noten in den einzelnen Fächern. Wichtig ist auch der Platz insgesamt. Alle Schüler bekommen mitgeteilt, an welcher Stelle sie innerhalb ihres Jahrgangs stehen. Wenn die Prüfungsergebnisse kommen, ist die häufigste Frage: „Welchen Rang hast du?“ Vom besten Schüler bis zum schwächsten sind alle aufgelistet, und die auf den ersten drei Plät zen werden bei der Bekanntgabe der Ergebnisse öffentlich geehrt. Ab dem vierten Lebensjahr werden die Kinder eingeschult, und bereits in der Vorschule gibt es Prüfungen und „Siegesplätze“. Für uns ist dieses Schulsystem fremd Wir fragen uns, was dieses frühe Vergleichen und der Prüfungsstress mit den Schülern macht. Werden sie verängstigt? Wird ihnen beizeiten das Gefühl vermittelt, dass sie Versager sind? Oder werden sie stolz und überheblich, weil sie viel besser sind als andere? Die Prüfungszeit ist eine Zeit der Anspannung, Kinder und Eltern stehen unter großem Druck: Ist alles gelernt? Weiß man die richtigen Ant- worten? Hat man die Chance auf einen vorderen Platz? Es kommt vermehrt vor, dass in der Lern und Prüfungszeit Spaß und Spiel verboten sind. Es geht nur ums Lernen. Um beste Ergebnisse zu erreichen, finanzieren Eltern ihren Kindern zusätzliche Nachhilfestunden. Denn oft wird im regulären Unterricht nicht alles gelehrt. Pathor (Name geändert) erzählte uns, dass sein Vater vor einigen Jahren starb und seine Fami lie verarmte. Mit viel Mühe ermöglichte die Mutter dem Jungen den Schulbesuch. Pathor konnte bis zum Abschluss der 10. Klasse bei uns im christlichen Internat in Dinajpur leben und Benedikt und Verena tschauner studierten „theo- logie und soziale arbeit im interkulturellen kontext“ an der internationalen hochschule liebenzell. ein verlängertes praxissemester führte sie nach bangladesch. es wuchs eine große liebe zu land und leuten, sodass sie anfang 2018 dorthin zurückkehrten. Zunächst sprach- und kulturtraining in khulna. mittlerweile leben sie mit ihren beiden kindern in dinajpur. dort im norden arbeiten sie an der christlichen schule, in zwei schülerheimen, im gemein- debezirk und in der tee- arbeit mit. „welchen rang hast du?“ der advent ist die zeit im Jahr, in der man sich auf die wiederkunft von Jesus vorbereitet. Vorfreude, plätzchenduft und weihnachtsmusik liegen in der luft. es ist eine zeit der besinnung und der erwartung. doch halt! was haben weihnachtliche gedanken mit dem thema „Vergleichen“ zu tun? Der Leistungsdruck beginnt früh.
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