MISSION weltweit – Ausgaben 2020

20 weiterDenken >> sonderbeitrag Zum thema von simon Andere verneinen das. Sie sagen: „Das Reich Gottes ist etwas Zukünftiges. Wenn Jesus geheilt hat, dann waren das Zeichen dessen, wie es in Gottes künftigem Reich sein wird. Mehr nicht. Wir streiten nicht ab, dass Gott heute eingreifen und heilen kann. Aber es wäre falsch, das auf den Anbruch seines Reiches zurück- zuführen oder gar als Regel zu sehen.“ Der Theologe George E. Ladd hat diese Spannung mit der folgenden Grafik 2 gut erklärt: Wir leben noch in dieser von der Sünde und ihren Folgen gekenn- zeichneten Welt, außerhalb des Paradieses. Doch mit Jesus ist etwas Neues angebrochen: Das Reich Gottes ist schon da! Aber es ist noch nicht komplett verwirklicht. Wir rechnen mit Gottes Ein- greifen mitten in unserer Welt, aber wir sind noch nicht am Ziel. Zwischen Jesu erstem und zweitem Kommen leben wir in einer Zwischenzeit. Wir verkündigen ihn als Herrn, wir leben als Men- schen seines Reiches, wir sehen immer wieder zeichenhaft sein Eingreifen – aber wir leben noch in einer gefallenen Welt, in der Krankheit und Leid eben auch zu unseren Erfahrungen gehören. Steht uns Heilung zu? In Jesaja 53,4 heißt es, dass der Knecht Gottes unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich genommen hat. Im Neu- en Testament wird dies mehrfach auf Jesus gedeutet. Wir glau- ben fest, dass alle, die sich an Jesus klammern, Vergebung ihrer Sünde erfahren. Bedeutet das, dass wir in derselben Weise auch Heilung unserer Krankheiten bekommen, weil Jesus durch seinen Tod die Krankheiten getragen hat? Liegt es nicht an uns, dieses Geschenk der Heilung einfach in Anspruch zu nehmen – und sind wir nicht selbst schuld, wenn wir es nicht annehmen? Schließlich: Ist uns nicht zugesagt, dass wir erhalten werden, worum wir bit- ten, solange wir nur Glauben haben? Christen sehen im Geschehen von Karfreitag und Ostern zu Recht den Sieg Jesu über alles Böse. Hier ist der Fokus der Weltge- schichte. Von hier aus beginnt Gott, alles neu zu machen. Aller- dings geht das Neue Testament nirgends so weit zu sagen, dass Gott sich sozusagen verpflichtet hätte, unsere Krankheiten immer zu heilen. Wenn Matthäus auf die Jesaja-Stelle verweist, bezieht er sich auf Jesu Heilungstätigkeit, nicht auf sein Sterben für unse- re Krankheiten (Matthäus 8,17). Und wenn Petrus schreibt, dass wir durch Jesu Wunden heil geworden sind, dann zeigt der Abschnitt klar, dass es ein Bild für die Vergebung der Sünden ist (1. Petrus 2,24). Das ist keine theologische Haarspalterei. Unsere Theologie hat konkrete Auswirkungen darauf, wie wir unser Leben verstehen. Wenn Gott sich verpflichtet hätte, immer zu heilen, wenn wir nur fest glaubten: Was hieße das für Menschen, die nicht geheilt wer- den? An Gott kann es ja dann nicht liegen. Sie müssten selbst schuld sein, wenn sich die Heilung nicht einstellt. Arne Kopfermann, der vielen durch seine Lobpreislieder bekannt ist und diese hier beschriebene Theologie der Heilung vertrat, hat sich vor Kurzem davon abgewandt. Vor einigen Jahren starb sei- ne kleine Tochter nach einem Autounfall, obwohl Tausende um ein Wunder gebetet hatten. Ihm wurde klar: Wenn Gott verspro- chen hätte, immer zu heilen, dann würde das in solchen Situati- onen eine doppelte Last auf die Leidtragenden legen. Sie müss- ten, so Kopfermann, nicht nur lernen, ihr Los zu tragen, sondern sich auch noch Herz und Hirn zermartern, warum Gottes Zusa- gen nicht bei ihnen griffen. Menschen, die Gottes Eingreifen in ihrer Krankheit nicht erleben, benötigen keine Belehrung über ihren scheinbar schwachen Glau- ben, sondern Trost, den Zuspruch der Gegenwart Gottes in ihrem Leiden und die fürsorgende Zuwendung anderer Christen. Wenn im Zentrum unseres Glaubens das steht, was Gott uns in seiner Gnade schenken kann, dann ist in unserer Theologie etwas verrutscht. Die folgende Grafik 3 zeigt das gut: Christen nennen sich nach Jesus Christus, dem Mittelpunkt ihres Lebens. Wenn wir die Gabe über den Geber der Gaben stellen, geraten wir in Gefahr, dass unser Glaube zu unserer eigenen Wunschvorstellung mutiert und nicht mehr in Gott selbst und sei- nem Wort verankert ist. will Gott immer heilen? Was können wir dann erwarten? Will Gott heilen oder will er es nicht? Und wenn nicht, will tatsächlich jemand behaupten, dass Gott nicht die Heilung seiner Kinder wolle? – Wir haben oben festgehalten, dass die Heilungen Jesu ein Zeichen seiner Herr- schaft und seines Königreiches waren. Das macht sie aber nicht weniger wichtig. Sie zeigen ja gerade, wie es in Gottes neuer Welt sein wird. Interessanterweise hat Jesus seine Jünger ausgesandt, um zu pre- digen und Kranke zu heilen (Lukas 10,8–9). Auch nach seinem Tod haben die Apostel geheilt, und die Kirche hat sich fast durch alle Zeiten hindurch für die Gesundheit von Menschen eingesetzt. Jesus steht also auf der Seite der Heilung. Dennoch gehört es zur Erfahrung von vielen, dass sie um Heilung beten, sie aber nicht erleben. Sollen wir unsere Erwartungen Die zukünftige Zeit: Die aufgerichtete Herrschaft Jesu Das erste Kommen des Königs »Schon jetzt« und »noch nicht« Die Zwischenzeit, in der wir heute leben Das zweite Kommen des Königs Die gegenwärtige Zeit: Leben unter den Bedingungen des Sündenfalls 2 nach George eldon ladd, The Gospel of the Kingdom: Scriptural Studies in the Kingdom of God (Grand rapids, mi: eerdmans, 1959). 3 in anlehnung an paul G. hiebert, r. daniel shaw, and tite tiénou, Understanding Folk Religion: A Christian Response to Popular Beliefs and Practices (Grand rapids, mi: baker, 1999), 381. Gerechtigkeit Jesus im Zentrum Falsch gewähltes Zentrum Die Frage nach dem richtigen theologischen Zentrum gute Beziehungen Befreiung von bösen Geistern Friede Versorgung Heilung JESUS CHRISTUS andere biblische Wahrheiten

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