MISSION weltweit – Ausgaben 2017

5 mission weltweit 3–4/2017 Foto: toBiAS mÜllEr Simon Mulute (SM) ist Pastor und Verwalter an der Ubwenzi-Grundschule und lebt im abgelege- nen Chilonga-Gebiet. Bayana Chunga (BC) ist in einem städtischen Umfeld tätig und ehrenamt- lich im Vorstand des Dorfentwicklungsprojektes Ubwenzi. Tobias Müller (TM) sprach mit ihnen. tM: Ist Materialismus überhaupt ein thema in Malawi? Beeinflusst er die kirche? BC: Viele Menschen hier sind gerade aufgrund ihrer Armut sehr empfänglich für Materialismus. Sie begegnen vielen Versuchungen und handeln dann so, dass sie einen Profit haben. Selbst Un- treue in der Ehe aufgrund von materiellen Ver- suchungen ist nicht selten. Manche lassen sich auch von falschen Propheten verführen in der Hoffnung auf materiellen Gewinn. Auch Christen müssen lernen, stark zu sein gegenüber falschen Lehren und sich selbst bereichernden Lehrern. In den vergangenen Jahren wurde vor allem in den Medien ein Wohlstandsevangelium* gepre- digt. Diese Lehre wurde von malawischen Pas- toren mehr und mehr übernommen. Sie hat die Auffassung geweckt, dass ein Kind Gottes gar nicht arm sein kann! Armut wird mit Sünde und Fluch gleichgesetzt, und in manchen Kirchen hat man Christen die Hände aufgelegt, um sie vom Dämon der Armut zu befreien. Das falsche Verständnis von Armut und Reich- tum zog ein unstillbares Verlangen nach materi- ellen Gütern nach sich. Die Folgen: Arme Mala- wier fühlen sich schuldig und unwürdig vor Gott. tM: Wie wirkt sich das in den Gemeinden vor Ort aus? SM: Viele Malawier wissen, was es bedeutet, arm zu sein und um die tägliche Existenz zu kämpfen. Das Wohlstandsevangelium weckt die Erwartung, von der Armut befreit zu werden. Auf der Suche nach einer Gemeinde liegt das Augenmerk nicht auf der geistlichen Perspekti- ve. Man schließt sich an, wo hin und wieder Kleider oder Nahrungsmittel verteilt werden, und bei Krankheit oder Tod erwartet man, dass die Kirche alles für sein Kirchenmitglied tut. tM: Welche Gefahren birgt diese entwicklung? BC: Der Mangel an solider biblischer Lehre hat in Malawi ein Vakuum entstehen lassen, das empfänglich macht für Irrlehren. Im Gegensatz zu Apostelgeschichte 17,11 hinterfragen Kirchen- besucher die Predigten ihrer Pastoren nicht, „ob es sich so verhielte“. Wenn in den nächsten Jahren in malawischen Kirchen eine klare, in der Bibel gegründete Verkündigung ausbleibt, besteht die Gefahr eines zunehmenden Miss- brauchs der Kanzel. tM: Was würde zudem helfen? SM: Viele Menschen wollen jetzt für ihr ehren- amtliches Engagement bezahlt werden. Sie brau- chen eine veränderte Sicht und müssen erken- nen, dass ihre „Bezahlung“ für den ehrenamtli- chen Einsatz in der Gesellschaft die Entwicklung des Landes ist: Schulen, Straßen, Brücken usw. Viele Pastoren in Malawi haben keine theologi- sche Ausbildung. Sie wurden aus verschiedens- ten Gründen in das Amt berufen, manche haben sich selbst für diese Position zur Verfügung ge- stellt. Unser Dorfentwicklungsprojekt Ubwen- zi bietet Konferenzen und Schulungen an, um malawische Hauptamtliche für ihren Dienst auszurüsten. Zudem treffen sich Pastoren und Gemeindeleiter monatlich, um sich auszutau- schen, geistlich zu stärken, Fragen beantwortet zu bekommen und füreinander zu beten. Wei- terbildung – direkt vor ihrer Haustür. Tobias Müller l malaWi darum geht’s tobias und Sarah Müller leben seit August 2011 in malawi. Seit September 2014 sind sie mitarbeiter im Dorfentwicklungsprojekt ubwenzi. zu ihren Aufgaben gehören die leitung und die theologische Schulung. tobias ist Elektroinstalla­ teur, hat die Ausbildung am theologischen Seminar der liebenzeller mission absolviert und war danach Gemeinschaftspastor mit Schwerpunkt Jugendarbeit im raum herrenberg. Sarah ist Jugendund heimerzie­ herin von Beruf. Die beiden haben einen Sohn und eine tochter. kann ein kind gottes arm sein? ist materialismus ein thema in einem land, das zu den ärmsten der Welt gehört und in dem viele menschen unter der armutsgrenze leben? Der Vorstand von „Ubwenzi“, von links: Tobias Müller, Bayana Chunga, Vroni und Johannes Urschitz, Yassin Gama, Simon Mulute, Michael Volz; vorne: Aubrey Jekabu * Bitte beachten Sie die Erklärung auf Seite 11 Mithelfen: SpENDENcoDE 1673-32 malawi Mehr Infos zum Dorf- entwicklungsprojekt Ubwenzi in einem Kurzclip unter www.liebenzell.org/ubwenzi

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