MISSION weltweit – Ausgaben 2017

17 JaPaN darum geht’s missioN weltweit 1–2/2017 Zum ersten Mal habe ich es vor 35 Jahren auf einer Postkarte bekommen. Damals war ich im Sprachstudium und hatte das Gefühl, dass mich die Welle oder besser der Tsunami „japanische Sprache“ verschlingen will. Eine Mitmissionarin hattemirWorte aus Psalm93,4 dazugeschrieben: „Die Wasserwogen im Meer sind groß und brausen mächtig; der Herr aber ist noch größer in der Höhe.“ Der Fuji, mit 3776 Metern höchster Berg Ja- pans, wirkt richtig mickrig im Vergleich zu der riesigen Welle im Vordergrund. Das Meer mit seinen vielen Gesichtern wird mir immer wie- der zum Bild für mein eigenes Leben. Das Sprachstudium damals war nur eine der Wogen, die sich vor mir auftürmten. Die Namen der großen Wellen haben sich immer wieder geändert, bis vor einigen Jahren aus heiterem Himmel der bedrohlichste Tsunami „Brustkrebs“ hieß. Total verloren und verängstigt, wie die Menschen in den Booten, – das war mein Lebens- gefühl. Innerhalb einer Woche: Krebsverdacht, Bestätigung und Operation. Ich war schlicht- weg überfordert. DieWelle Krebs hattemich total im Griff. Genauso wie die Gischt auf dem Bild, die wie die Krallen eines Ungeheuers nach den Menschen in den Booten zu greifen scheint. Mein Lebensboot war in höchster Gefahr. – Was mich in diesen Turbulenzen gehalten und trotz allemeine unerklärlicheGeborgenheit geschenkt hat, war der zweite Teil des obigen Verses: „Der Herr aber ist noch größer.“ Diese feste Gewissheit, dass Gott noch größer ist als meine Angst, meine Verzagtheit und Hoff- nungslosigkeit, hat mir mitten in höchster Gefahr die Kraft zum Durchhalten gegeben. Diese Ge- wissheit kann ich mir nicht auf Vorrat zulegen. Ich muss es mir immer wieder neu sagen oder vor Augen halten. Deshalb hängt die- ses Bild auch in meiner Wohnung in Chikusei. Schwester Gretel ruoff reiste 2012 erneut nach Japan aus und arbeitet zusammen mit Peter und Susanne Schlotz im Gemeindebau in Chi­ kusei. Frühere Lebenssta­ tionen waren die Ausbildung zur Industriekauffrau, der Besuch der Bibelschule und der Eintritt in die Schwes­ ternschaft der Liebenzeller Mission, dann Gemeinde­ gründungen in den japa­ nischen Städten Shiraoka und Fusa sowie Aufgaben als stellvertretende oberin (1994–2004) und die Leitung von olfen (2004–2006) und der Monbachoase (2006–2011). Krebs – ein tsunami? die „große welle“ ist ein beliebtes, weltweit bekannt gewordenes Bild einer serie von 36 ansichten des Berges fuji. der holzschnittdruck stammt von dem japanischen Künstler Katsushika hokusai (1760–1849). das motiv ist auf unzähligen gegenständen in Japan zu sehen. „The Great Wave of Kanagawa“, Holzschnitt von Katsushika Hokusai Es ist nach wie vor so: Die Krankheit „Krebs“ ge- hört zu meinem Leben. Das Warten auf die Er- gebnisse der regelmäßigen Kontrollen ist jedes Mal wie eine gefühlte Welle. Und wenn dann, wie jetzt beim Schreiben dieses Artikels, ein Brief kommt mit dem Vermerk „Bitte melden Sie sich umgehend wegen Ihres histologischen Befundes“, dann türmt sich der nächste Tsuna- mi blitzschnell auf und greift nach mir. Solange, bis ich mir bewusst mache, dass Gott, der Herr, selbst mit mir im Boot ist. Er hat mein Lebens- schiff übernommen, und er kennt sich bestens aus im tosenden Meer. Mit ebenfalls betroffenen Frauen aus der Selbst- hilfegruppe nach Krebs in Chikusei können wir trotz Angst vor der Monsterwelle auf sie zu- steuern. Ich wünsche mir sehr, dass ich, gerade hier in Japan, den Menschen etwas weitersagen kann von der Geborgenheit und dem Halt, den nur Gott schenken kann. Davon, dass Jesus in unser Lebensboot kommen will und wir mit ihm in den Stürmen des Lebens nicht untergehen. Davon, dass Japaner den Gott kennenlernen kön- nen, der größer ist als die Wellen von Krankheit und Angst oder was sonst unser Leben bedrohen kann. Ich will auch Ihnen Mut machen mit einem Zitat von Hudson Taylor, das mir bei „hohem Wellengang“ immer wieder einfällt: „Gott hat uns keine ruhige Überfahrt verheißen, aber eine sichere Ankunft.“ Schwester Gretel Ruoff l Mithelfen: SPEnDEnCoDE 1340-32 Japan

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