MISSION weltweit – Ausgaben 2017

missioN weltweit 1–2/2017 13 Niger darum geht’s habe, halfen nicht weiter. Mir blieb das Gebet – und das erhörte Gott: Wider Erwarten erschien ihr Mann kurz darauf! Er gab die Einwilligung zur Operation und Hadiza überlebte. ergib dich in den Willen Allahs – Trauern ist verboten! Inschallah bedeutet auch: Wer trauert, zeigt damit seine Auflehnung gegen Allah, der doch diese Krankheit und den Tod geschickt hat. Sehr eindrücklich ist mir eines meiner ersten Erlebnisse in Galmi gewesen: Ein Kind lag im Sterben, und die Krankenschwestern der Stati- on riefen mich. Es war nichts mehr zu machen. Eine Angehörige, die Oma oder Tante, war bei dem Kind. Ich musste schnellstens zurück in den Notfallraum nebenan. Dort lag ein junger Mann, der sehr starke Atemnot hatte und drin- gend eine Spritze brauchte. Als ich danach zu dem Kind zurückgehen wollte, war die Frau be- reits verschwunden – mit dem toten Kind und ihren Habseligkeiten: Keine Träne, kein Klagen und Weinen. Ich war schockiert. Aber so war das nun eben. Diese Kultur des Nicht-trauern-Dürfens besteht auch oft noch bei Christen in Niger. Meine Haushaltshilfe Mariama hatte zwei Jungen. Der etwa Sechsjährige war gesund und mun- ter, der jüngere Sohn war kränklich und oft im Krankenhaus. Eines Abends klagte der Ältere über Kopfschmerzen. Als sich sein Zustand ver- schlechterte, brachten die besorgten Eltern den Jungen gegen Morgen ins Hospital, wo er schon im Notfallraum starb. Unfassbar! Jemand überbrachte mir die Nachricht. Ich eilte zum Haus von Mariama und Salifou. Beide waren von Trauer überwältigt und weinten: sie draußen im Hof, er drinnen im Haus. Eine Chris- tin aus der Gemeinde war auch da. Sie rügte den Vater: „Hör auf zu weinen! Das wird schon wieder gut.” Ich widersprach heftig: „Nein, er darf weinen. Jesus hat auch geweint am Grab von Lazarus!“ Ich versuchte, den beiden bei- zustehen und sie darauf hinzuweisen, dass wir nach dem Tod bei Jesus sind. Auch von anderen erhielten sie Unterstützung. ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet Sehr ermutigend ist es zu sehen, dass Christen in Niger, die schon lange im Glauben stehen, auch lernen zu trösten. So wie Salamatou, eine unserer Pflegehelferinnen. Sie hatte Dienst in der Geburtshilfe. Eine junge Frau wurde gebracht. Sie hatte unter der Geburt eine schwere Komplikation gehabt. Unsere Hil- fe kam zu spät. Sie atmete schwer und hustete Blut. Auch eine sofort verabreichte Spritze half nichts, und sie starb innerhalb kurzer Zeit. Mit anderen Verwandten und Freunden war auch die Mut- ter dieser jungen Frau gekommen. Sie weinte. Salamatou ging auf sie zu, legte den Arm um sie und tröstete sie mit lieben Worten. Jesus Christus hat über viele Jahre hinweg das Herz Salamatous und ihr Verhalten verändert, sodass sie zur Trösterin werden konnte. Bitte beten Sie mit dafür, dass in Galmi Christen ein Wegweiser zu Jesus sein können, weil er ihr Leben und Verhalten prägt. Dr. Esther Pflaum l Dr. med. esther Pflaum ist Fachärztin für Gynäkolo­ gie und Geburtshilfe sowie Fachärztin für Allgemein­ medizin. Seit 1984 arbeitet sie als Missionsärztin. Ihr erster längerer Einsatz führte nach Liberia/westafrika. Auf eine Vertretungstätig­ keit in Papuaneuguinea folgte eine erneute Ausreise nach Liberia, die durch den Bürgerkrieg beendet wurde. Anschließend mehrjährige Mitarbeit am KaleneHospi­ tal in Sambia. Seit Juni 2005 ist Esther Pflaum in der Gy­ näkologie und Geburtshilfe am 130BettenKrankenhaus in Galmi in niger/westafrika tätig. Zurzeit ist sie zur Pflege ihrer Eltern beurlaubt. Niger hat eine fläche von rund 1,267 millionen Quadratkilometern und ist damit über dreieinhalbmal so groß wie deutschland. ein großteil der rund 18,5 millionen einwohner lebt in der sahelzone im süden. die größte ethnische gruppe, die haussa, macht fast die hälfte der Bevölkerung aus. Niger war französische Kolonie und ist seit 1960 unabhängig. seither gab es mehrere umstürze, die aber relativ friedlich verliefen. Niger ist eine säkulare republik, obwohl 94 Prozent der Bevölkerung muslime sind und eine hinwendung vom volksislam zum konservativen islam stattfindet. Niger belegt im weltweiten vergleich letzte Plätze bei der lebenserwar- tung, der Kindersterblichkeit und dem Pro-Kopf-einkommen. der anteil der analphabeten ist sehr hoch: drei viertel der frauen und die hälfte der männer können nicht lesen und schreiben. ein drittel der mädchen wird vor erreichen des 15. lebensjahres verheiratet. eine von 16 frauen stirbt an den folgen einer schwangerschaft. Diese Kultur des nichttrauernDürfens besteht auch oft noch bei Christen. Bild oben: Mariama hat einen Sohn verloren. Bild unten: Patienten und viele Angehörige auf einer Station FoToS: ESTHEr PFLAUM, GALMI-HoSPITAL

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